KIDNAP MUSIC

Foto

Das Label von und mit PASCOW

Das neue THE BABOON SHOW-Album erscheint, wie bereits die Vorgänger, auf Kidnap Music, dem bandeigenen Label von PASCOW. Ich nahm das Album zum Anlass, Sänger Alex ein paar Fragen rund um das Label und THE BABOON SHOW zu stellen.

Alex, wie und wann und mit wem ging es los mit Kidnap Music?


1998 taucht der Namen Kidnap Music zum ersten Mal auf dem Backcover des PASCOW-Demotapes „Charles Bronson Gay Club“ auf. In den ersten zehn Jahren war Kidnap Music aber kaum mehr als ein Geburtshelfer für PASCOW-Veröffentlichungen, die sonst niemand rausbringen wollte. Erst danach entwickelte sich Kidnap Music zu einem Label mit regelmäßigen und geplanten Veröffentlichungen.

Welche Vor- und Nachteile hat es, wenn man als Band auf seinem eigenen Label ist?

Abgesehen vom erwähnten Demotape und der ersten EP war und ist Kidnap Music an allen PASCOW-Veröffentlichungen zwar beteiligt, allerdings nur als Kooperationspartner. Hauptlabel bei den ersten drei Alben war Plastic Bomb und seit „Alles muss kaputt sein“ ist es Rookie Records. Hauptlabel daher, da diese sich um den Vertrieb und um den allergrößten Teil der Promo und so weiter kümmerten. Nichtsdestotrotz besteht der Vorteil, mit dem eigenen Label an Releases beteiligt zu sein, darin, dass wir praktisch keine Kontrolle abgeben müssen und immer direkten Einfluss auf alle Entscheidungen vor und hinter der Kulissen haben. Ich meine damit beispielsweise Preise, Art und Ausstattung einer Veröffentlichungen, Art des Vertriebs, Wahl des Presswerks ... Auf der anderen Seite bedeutet es aber auch mehr Arbeit und mehr Verantwortung. Und wenn mal etwas schiefgeht oder etwas einfach nicht läuft, kann man es nicht auf ein externes Label schieben.

PASCOW sind nicht die erste Band in der Punk-Geschichte, die ihr eigenes Label gegründet haben. In welcher Labeltradition siehst du Kidnap?

Wenn ich mir die Geschichte von Kidnap Music anschaue, so sehe ich hier in erster Linie eine D.I.Y.-Tradition, die es überall gibt, wo Menschen aus sich heraus etwas auf die Beine stellen. Bei mir war es tatsächlich der D.I.Y.-Gedanke der Punk-Szene, der mich und uns hat glauben lassen, dass es möglich ist, selbst was zu schaffen. So wurden unsere ersten Veröffentlichungen zwar immer mal wieder verrissen, aber sie wurden im Ox, im Plastic Bomb und anderen Fanzines besprochen und als Teil des Szene ernstgenommen. Ähnlich war es auch bei Konzerten. Wir konnten in AZs und JuZes Konzerte selbst organisieren und dies so machen, wie wir es für richtig hielten. Nicht jeder fand gut, was wir als Label oder Band machten, aber diese offene und positive Haltung der Tatsache gegenüber, dass man aktiv ist und was tut, war schon ein wesentlicher Faktor oder Verstärker dafür, dass wir weitergemacht haben. Als Label hatten wir nie ein wirkliches Vorbild, wobei wir die Arbeit von BYO, Sub Pop, Schiffen und Rookie schon auf dem Schirm hatten. Gerade von Jürgen von Rookie Records habe ich in den letzten Jahren in Sachen Labelarbeit sehr viel gelernt und ohne ihn wären wir mit Kidnap Music nicht dort, wo wir jetzt stehen.

Was kann man anderen Bands wie BABOON SHOW bieten, wenn man selbst als Musiker so tief drin ist im Thema „Musikbusiness“ wie ihr?

Verständnis für die Bedürfnisse einer Band. Da ich selbst in einer Band spiele, weiß ich nur zu gut, wie wichtig beispielsweise Transparenz im Umgang mit einem Label ist. Eine Band will wissen, wie ein Deal zustande kommt und wie dieser im Detail aussieht. Sie will wissen, was mit ihren Verkäufen passiert, was eine ordentliche Promo kostet und was im Labelhintergrund mit ihrer Musik und ihren Platten passiert. Außerdem hat eine Band nicht immer Lust auf jeden Promoquatsch, den ein Label vorschlägt. Und da ich beide Seiten kenne, kann ich hier ganz gut zwischen den Wünschen und Vorstellungen von Band und Label vermitteln. Zudem haben wir ein gutes Netzwerk aus Label, Booking und Vertrieb mit einem sehr großen Erfahrungsschatz, von dem die Bands des Labels profitieren können. Gerade bei neuen Bands auf Kidnap Music ist es am Anfang fast immer so, dass wir viele Fragen zu den Themen Vertrieb, Promo, Verlag, GEMA, Booking, Break Even oder Songrechte beantworten. Hier sind die meisten Bands zu Recht sehr wissbegierig und da wir mit PASCOW zu Beginn die gleichen Fragen und Zweifel hatten, kann ich auch ein gesundes Maß an Misstrauen einer Band gegenüber der Musikindustrie verstehen.

Wie seid ihr einst auf BABOON SHOW gestoßen, was verbindet euch ... und warum arbeitet ihr bis heute zusammen?

Wir haben die Band mit PASCOW vor Jahren im Hafermarkt in Flensburg auf einem Konzert des Human Parasit-Fanzines zum ersten Mal gesehen. Da wir selbst an dem Abend von den vorangegangen Konzerten ziemlich platt waren, wollten wir uns BABOON SHOW gar nicht mehr ansehen. Wir saßen also schon abfahrbereit im Bus, als Bäppi, der Macher des Human Parasit-Fanzines, zu uns gerannt kam und uns förmlich aus dem Bus gezogen hat, weil wir uns BABOON SHOW ansehen sollten. Der Rest ging dann schnell. Wir fanden das Konzert großartig, ich habe mir nach dem Konzert die CD „Punkrock Harbour“ gekauft, festgestellt, dass die Band weder Vinyl-Veröffentlichungen noch ein Label in Deutschland hatte, und ihnen daraufhin geschrieben. Wir haben dann „Punkrock Harbour“ und „People’s Republic Of ...“ zunächst als Lizenzveröffentlichung in Deutschland als LP und CD veröffentlicht. Seit dem Album „Damnation“ haben wir dann alle Platten als vollwertiges Label und nicht mehr als Lizenznehmer veröffentlicht. Neben dem Geschäftlichen verbindet uns schon seit Jahren eine enge Freundschaft, was vor allem durch eine gemeinsame Tour mit PASCOW und viele gemeinsame Konzerte zustande kam. Außerdem glaube ich, dass uns eine ähnliche Leidenschaft und eine gewisse Kompromisslosigkeit in Bezug auf unsere Bands gemeinsam ist. Die Musik mag nicht die gleiche sein, aber die Beweggründe dafür, Songs zu schreiben und auf die Bühne zu gehen, sind doch sehr ähnlich bei beiden Bands. Warum wir bis heute zusammenarbeiten? Nun, es gibt ein großes Vertrauensverhältnis und eine tiefgreifende Loyalität zwischen der Band und uns als Label. Die Band vertraut unserer Arbeit und unseren Entscheidungen und wir vertrauen der Band. Beide Seiten haben hart für die Sache gearbeitet und sowohl Band als auch Label sind dadurch gewachsen. Dazu kommt, dass die Arbeit zwischen Band, Booking und Label immer entspannt und trotzdem zielgerichtet war. Und das macht schlicht und ergreifend Spaß.

Wie siehst du die Entwicklung von BABOON SHOW über die letzten Jahre bis hin zum neuen Album?

BABOON SHOW waren seit Jahren für mich immer präsent, sei es durch permanentes Touren oder regelmäßige Veröffentlichungen. Und nach der intensiven Arbeit an „The World Is Bigger“ hatte ich mich im Vorfeld von „Radio Rebelde“ schon mit der Vorstellung abgefunden, dass mich ein neues Album nicht so würde begeistern können, wie es die Alben zuvor getan hatten. Mir schien das Thema BABOON SHOW zu sehr mit Arbeit verknüpft zu sein. Daher waren meine ganz persönlichen Erwartungen nicht sonderlich hoch. Umso überraschter war ich, dass mich das neue Album so schnell und so deutlich gekriegt hat. Die Band hat mich mit einigen Songs, neuen Sounds und diesem anderen Grundgefühl wirklich überrascht. BABOON SHOW haben sich sicher nicht neu erfunden, aber sie zeigen eine neue Seite von sich und diese nehme ich ihnen voll und ganz ab. „Radio Rebelde“ stelle ich neben „Punkrock Harbour“.

Was wird 2018 für PASCOW, BABOON SHOW und Kidnap bringen?

BABOON SHOW bringen im Februar ihr Album raus und damit werden sie einen großen Schritt nach vorne machen. PASCOW werden im Sommer ihr neues Album aufnehmen. Zudem werden weitere Kidnap Music-Bands neue Platten veröffentlichen, für die wir uns ins Zeug legen werden. Als Label sind wir gut aufgestellt und freuen uns auf das, was kommt. 2018 wird ein gutes Jahr werden. Musikalisch zumindest. Hand drauf.