JÜRGEN „VENTOR“ REIL (KREATOR)

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My Little Drummer Boy Folge 67

Manchmal muss es eben Metal sein, und wenn sich die Gelegenheit ergibt, zu den Ursprüngen der deutschen Thrash-Metal-Szene vorzudringen, darf man diese nicht verstreichen lassen. Bereits 1985 hat Ventor bei der ersten KREATOR-LP „Endless Pain“ an den Drums gesessen und auch 37 Jahre später ist er auf dem neuen KREATOR-Album „Hate über alles“ für das nackenbrechende Tempo und den brachialen Drumsound der Band verantwortlich. Eine lange Zeitspanne und viele Fragen, denen sich Ventor mit viel Spaß und Geduld widmet.

Jürgen, wenn du dich an deine frühe Kindheit zurückerinnerst, gibt es da Geschichten, dass du schon bei deinen Eltern in der Küche auf Töpfen und Pfannen getrommelt hast?

Nein, die gibt es leider nicht, obwohl ich sie gerne hier erzählen würde. Das hat bei mir erst später angefangen. Ich hatte die üblichen musikalischen Früherfahrungen mit Blockflöte und einer Bontempi-Orgel so mit acht Jahren und kann mich auch noch erinnern, dass vor dieser Zeit schon sehr viel auf Familienfeiern gesungen wurde. Da war der Initiator meine Oma mütterlicherseits. Das mit dem Trommeln war mehr eine bandpolitische Entscheidung, denn eigentlich sollte ich Sänger werden und schön den Frontmann machen. Da es in unserem Freundeskreis allerdings niemanden gab, der trommeln konnte, geschweige denn Geld für ein Schlagzeug hatte, wurde bandintern beschlossen, dass meine Ersparnisse auf der Bank von meiner Konfirmation, die allerdings für ein Mofa dort lagen, für ein Schlagzeug verwendet werden sollen. Das musste nur noch meinen Eltern verklickert werden, denn ich war ja gerade zarte 15 Jahre jung, was dann auch mit der Band im Rücken geschah. Also wurde im Wohnzimmer meiner Eltern der Grundstein gelegt. Ab dem Zeitpunkt startete ich mit Trommelübungen auf Kissen, in dem Zimmer, das ich mir mit meinem Bruder teilte, bis es am 26.02.1982 soweit war und ich mit meinem Vater zum Musik-Shop Axel in der Essener Innenstadt fuhr, um mein erstes Schlagzeug zu erwerben. Meine Finanzen waren nicht ganz ausreichend und so sponserte mein Vater mir die noch fehlenden 250 DM. Dann wurde das eigenhändig gekaufte, silberne fünfteilige Drumset von Newsound in das Auto meines Vaters geladen und auf ging es in unseren ersten Übungsraum.

Kommst du aus einer musikalischen Familie und wurde dir das Talent sozusagen in die Wiege gelegt?
Also wirklich musikalisch war meine Familie nicht, denn weder meine Mutter noch mein Vater spielten irgendwelche Instrumente noch sonst wer in der Verwandtschaft. Ich erinnere mich noch, dass mein Opa ab und zu auf einer Mundharmonika herumgequäkt hat, aber das war es dann auch mit Musikalität in den Genen. Natürlich war das nicht gerade förderlich für meinen Start ins Musikerdasein. Geld für Unterricht war auch keins da, also musste ich alles auf Konzerten bei den Trommlern abgucken und zu Hause ausprobieren, was denn so geht.

Mit welcher Art von Musik bist du aufgewachsen?
Aufgewachsen bin ich mit deutschem „Liedgut“. Soll heißen mein Vater hat Marschmusik von Platte gespielt und Mutter hat deutschsprachiger Musik aus dem Äther gelauscht. Dann waren da noch diverse Feiern, auf denen deutscher Schlager zum Besten gegeben wurde. Kein Wunder also, dass ich Metaller wurde.

Wie und wann bist du zuerst mit einem Schlagzeug in Berührung gekommen und wolltest Drummer werden?
Der erste Kontakt war im Probekeller einer lokalen Rockband, HOPELESS REARS hießen die damals. Wir haben ab und zu bei deren Proben rumgehangen, um uns musikalisch zu bilden. Eines Tages meinte der Trommler zu mir, setz dich doch mal dahinter und mach mal. Ich habe mir vor Panik fast in die Buchse gemacht, habe dann aber, natürlich auch auf Milles Drängen hin, zu mir gesagt, jetzt oder nie, und auf ging das fröhliche Herumgekloppe, bis es der Band zu bunt wurde und ich freundlich, aber bestimmt wieder vom Set entfernt wurde. Danach war in meinem Kopf nichts mehr wie vorher. Es begann die Transformation. Ich wusste, das ist es, ich werde auf jeden Fall Schlagzeuger, egal was kommt. Mein zweites Mal war Monate später auf der Frankfurter Musikmesse, denn da gab es einen Showroom, an dem die Leute Schlange standen, um da herumzududeln und zu -trommeln. Ich hatte mich natürlich auch mit Mille angestellt, und als wir dran waren, ging es richtig los. Wir konnten nichts und gaben alles und hatten richtig Spaß, bis es auch da den Leuten zu bunt wurde und wir auch dort entfernt wurden. Von da an war klar, dass man zum Schockieren gut genug war.

Wann hast du dein erstes eigenes Drumset bekommen?
Wie schon erwähnt, mit bekommen war ja nichts. Wir waren zwar nicht arm, aber viel übrig war auch nicht, schon gar nicht für ein Schlagzeug. Bin auch mächtig stolz drauf, mir das Trommeln selbst finanziert zu haben. Dank meiner Eltern, bei denen ich gewohnt habe und kein Kostgeld abliefern musste, konnte ich mein armseliges KFZ-Mechaniker-Azubigehalt für den Erwerb neuer Teile für das Drumset und Ersatz für zerknüppeltes Material ausgeben.

Haben deine Eltern dich zum Musikunterricht geschickt und hattest du jemals Schlagzeugunterricht?
Meine Eltern hätten bestimmt, aber es gab nicht wirklich die Option. Mein Vater hat immer zu mir gesagt: „Kann ich nicht gibt’s nicht, es heißt, ich werde es versuchen.“ Also „Learning by doing“ und Durchhalten, auch wenn es mal nicht so klappt, wie man es gerne hätte. Irgendwann habe ich gemerkt und auch von Kollegen gesagt bekommen, dass sich so ein eigener Stil prägt, und das habe ich dann ausgebaut und für mich genutzt. Das mache ich immer noch so. Unterricht hatte ich nie, was ich ab und zu bereue, aber eben nur ab und zu. Wenn es um Rudiments und so einen Kram geht, dann habe ich nicht wirklich was Klassisches zu bieten, aber wie gesagt, das ärgert mich nur ab und zu ganz wenig.

Welche Schlagzeuger haben dich als Jugendlicher beeinflusst und dafür gesorgt, dass du Drummer werden wolltest?
Wie schon erwähnt hat mich nicht wirklich ein Drummer inspiriert. Aber als die Idee mit der Band aufkam, haben wir uns gesagt, lass uns sein wie KISS, die damals zu unseren absoluten Favoriten zählten. Also war natürlich Peter Criss mein Vorbild und Inspiration. Das änderte sich im weiteren Verlauf meiner Trommlergeschichte häufiger. Mal war es der groovige Übergroove von Phil Rudd bei AC/DC oder mein Idol in Sachen Metal-Drumming, Dave Holland von JUDAS PRIEST, der ja auch auf „British Steel“ getrommelt hat, die ich damals zum Üben von Beats genutzt habe. Das war nicht zu kompliziert und voll Metal, also Kopfhörer auf und ab geht die Post. Du kannst mich heute noch wecken und einen Song von der Scheibe aufrufen, und ich zock dir den, wenn es sein muss, um drei Uhr nachts. Doch eines Tages ist es geschehen und ein Kumpel hat mir das „Exit stage left“-Video von RUSH ausgeliehen. Schon beim ersten Durchlauf habe ich gedacht, das, was ich da sehe, höre und empfinde, kann ja wohl nicht wahr sein. Der werte Herr Professor hat plötzlich Türen für mich geöffnet, von denen ich gar nicht wusste, dass sie existieren. Ich bin zwar heutzutage immer noch nicht in der Lage, die Sachen Note für Note nachzuspielen, wie so einige meiner Kollegen oder mein Sohn, aber darum geht es auch gar nicht, finde ich. Für mich war es mehr die Entdeckung, dass ein Schlagzeug nicht nur im Hintergrund den Takt angibt, sondern einen ganz erheblichen Teil zum Gefühl des Songs beitragen kann, das hat Neil Peart immer wieder beeindruckend bewiesen. Der ist für mich der größte Trommler aller Zeiten. Es gibt in diesem Zusammenhang noch einen meiner Lieblingssprüche: Du kannst es vielleicht spielen, aber er hat es erfunden.

Wie war in den Achtzigern in Essen das Verhältnis zwischen Punks und Metallern?
In meinen Augen gab es da ein ganz inniges Verhältnis. Beide Genres verbindet der Hang zur Rebellion und zum Gefühle heraushauen, zum Beispiel Moshpit und Pogo, kontrollierte Gewalt ohne Hass, den konnte man gemeinsam gegen politisch unkorrekte Gruppierungen ausleben oder besser gesagt, man musste. Wir haben gemeinsam gefeiert und Konzerte besucht, ob Punk oder Metal, egal, Hauptsache, kein Arschloch. Na gut, die Frisuren und Kutten sahen halt unterschiedlich aus.

Du hast ja mit Mille schon als Jugendlicher bei TYRANT gespielt. War das eure erste Band oder hattest du vorher schon Banderfahrung?
Hahaha, so einfach kann man das nicht ausdrücken, wir haben nicht bei TYRANT gespielt, sondern das war einer der gefühlten acht bis zehn Namen, die die Band am Anfang hatte, und für jeden Namen hatte ich mir ein Logo ausgedacht und gezeichnet. Für andere Banderfahrung gab es gar keine Gelegenheit, denn Mille und ich haben immer zusammen in der gleichen Band gespielt, nur der Name hat sich öfter geändert.

Hast du als Jugendlicher viel für dich allein geübt oder immer nur mit der Band?
Beides, weil wir ja relativ früh eigene Songs geschrieben haben, ohne wirklich unsere Instrumente zu beherrschen, musste das Hand in Hand gehen. Wenn man also was Neues für sich gelernt hatte, musste das irgendwie in die Songs passen, oder umgekehrt, wenn der Song was Neues brauchte, musste das geübt werden, sonst ging es nicht weiter. Um das mal etwas genauer zu erklären, bietet sich folgende Geschichte an. Drei Wochen, bevor wir für die Aufnahmen der ersten Platte nach Berlin fuhren, hatte ich mir meine zweite Bassdrum gekauft. Wohl gemerkt drei Wochen vorher, also üben, üben, üben und noch mehr üben und Parts ummodeln und so weiter. Im Studio waren dann Enthusiasmus und Panik meine Begleiter. Wir waren eben jung und brauchten das Geld nicht.

Wie unterscheidet sich dein damaliges Drumset von deinem heutigen Set?
Der größte Unterschied ist wohl der Preis, denn mein heutiges Set ist mehr als das zwanzigfache wert. Und schon kommt der nächste große Unterschied, ich musste dafür keinen Cent bezahlen, weil die netten Leute von Tama und Meinel mir das Set umsonst geben. Hinzu kommt noch, dass mein Set im Laufe der Jahre „gewachsen“ ist. Mal hier eine Trommel, mal da ein Becken, ach, und dort noch eine X-Hat für den Beckenständer. Schon kommen mir wieder die Experten ins Ohr: „So viel braucht man nicht, das muss grooven, da reicht ein 3 Piece.“ Natürlich braucht man das nicht, aber es macht einfach mehr Spaß und macht flexibel. Ich finde nicht, dass eine große Schießbude den Groove negativ beeinflusst, es sei denn, man ist von der Masse eingeschüchtert, aber lassen wir das, ist sowieso eine Philosophie für sich. Was allerdings beide Sets gemeinsam haben, ist keine Trigger, und das ist auch gut so, ich liebe die Natur.

Erinnerst du dich an eure ersten Auftritte?
Also ich finde, man hat an Auftritte nicht wirklich Erinnerungen, sondern mehr Eindrücke und emotionale Verbindungen. Was da bei den ersten Shows sehr stark im Gedächtnis ist, ist Lampenfieber, das heute zwar nicht mehr so dominant ist, aber ein latentes Kribbeln ist immer noch im Rückenmark. Das ist ein gutes Gefühl, finde ich.

Wann bist du das erste Mal in einem Tonstudio gewesen und wie war diese Erfahrung für dich?
Das erste Mal in einem „richtigen“ Tonstudio war ich im Oktober 1984 in Berlin, um unsere erste Platte aufzunehmen. Ich war gerade 18 Jahre alt und Berlin war noch eine Insel. Alleine die Fahrt durch die DDR und die Grenzkontrollen waren schon eine abenteuerliche Erfahrung für mich. Dann die Eindrücke, die Berlin so geliefert hat. Wir waren in Kreuzberg, und das war noch das echte Kreuzberg und nicht das Hauptstadt-Dings von heute. Im Studio selbst habe ich öfter gedacht: Ach, so läuft das in Wirklichkeit. Sehr gut in Erinnerung ist auch die Tatsache geblieben, dass wir 14 Tage für die Aufnahmen und das Mixen Zeit hatten, wir aber schon nach zehn Tagen das Ding fertig hatten. Da meinte der damalige Produzent: „Super, dann macht euch noch ein paar schöne Tage in Berlin, dem Boss der Plattenfirma sagen wir aber nix.“ Wir, jung und brauchten das Geld nicht, haben uns auch nichts weiter gedacht, und erst später ist uns aufgefallen, dass der Herr natürlich die vollen 14 Tage berechnet hat. Gut für ihn. Uns war es egal, Hauptsache, die erste Scheibe war im Sack. Bei der Session habe ich auch das erste Mal von einem Metronom gehört, aber so was wollten wir damals nicht nutzen, weil unsere Meinung war, dass das Bandfeeling darunter leiden würde. Diese Meinung hat sich sehr lange gehalten, auch gegen den Willen so einiger Produzenten in unserer Laufbahn, bis wir uns doch eines Tages eines Besseren belehren ließen.

Nimmst du jetzt gerne im Studio auf oder ist das eher eine lästige Pflicht für dich?
Mit den ganzen Erfahrungen, die ich über all die Jahre in verschiedenen Studios mit unterschiedlichen Produzenten und Assistenten gemacht habe, habe ich eine gute Basis, um heutzutage das Beste aus mir herauszukitzeln, was geht. Früher hat einem die Unerfahrenheit und Nervosität oft einen Strich durch die Rechnung gemacht. Das sieht heute ganz anders aus und ist echt befriedigend.

Zwischen „Endless Pain“ und „Hate über alles“ liegen 37 Jahre. Gibt es bei den vielen Alben, die du aufgenommen hast, eines, das dir besonders am Herzen liegt?
Ich denke, es ist immer das neue Ding, das einen am meisten begeistert. Ist zumindest bei mir so, denn ich will mich nicht auf vergangenen Taten ausruhen, das hält nur auf. Wenn ich dann doch was herauspicken muss, wäre das wohl die Aufnahme für „Extreme Aggression“, die wir dann doch, nach einigem Hin und Her in L.A. machen konnten. Wir haben die Drums im Music Grinder aufgenommen und dort hatte ich die erste Begegnung mit dem Drum Doctor. Bis zu dem Tag musste ich mich im Studio immer selbst darum kümmern, dass mein Schlagzeug in Ordnung war oder was ich für Felle nutzen wollte und dergleichen. Plötzlich war alles anders, weil der sich um alles gekümmert hat und sehr genau wusste, was er sagt und macht. Ich war beeindruckt und fühlte mich sehr gut bedient, und von Lästigkeiten befreit, die das Aufnehmen zur Maloche machen. Da kommt noch so einiges mehr zusammen, aber wenn ich loslege mit Storys, dann haben wir schnell ein Buch zusammen.

Die Kids der Achtziger sind heute alle zwischen fünfzig und sechzig Jahre alt. Wie hältst du dich fit, um den Tourstress bewältigen zu können? Treibst du Sport?
Für mich ist eine Tour Urlaub. Zu Hause muss ich mich den ganzen Tag um alles kümmern, Haushalt, Kochen, Wäsche waschen ... Das sieht auf Tour ganz anders aus. Da muss ich fast jeden Abend nur fit für die Show sein. Das ist nach vierzig Jahren im Geschäft schon ins Blut übergegangen. Ich kann gar nicht anders. Gute und gesunde Ernährung ist wichtig und nicht zu viel feiern, weil nach der Show ist vor der Show. Das zählt besonders in der gehobenen Altersklasse. Ich werde dieses Jahr 56 Jahre alt und habe noch keinen Bock, mich selbst hinzurichten. Dafür macht mir das alles zu viel Spaß. Sport muss nicht sein, denn bei KREATOR zu trommeln, ist mehr als Sport, und so eine neunzigminütige Show, Abend für Abend, reicht mir zum Fitbleiben aus.

In über dreißig Jahren auf Tour hast du mit vielen großartigen Kollegen zusammengespielt. Gibt es da welche, die dich nachhaltig beeindruckt haben?
Oh ja, da waren schon ein paar Granaten dabei. Ich bin da allerdings weniger beeindruckt als inspiriert und lasse mir gerne schön einen vortrommeln. Das stachelt mich nur an und ich habe nie aufgehört, mir Sachen abzuschauen. In den letzten Jahren war das aber mehr persönliches Verhalten oder die Art, wie jemand was spielt, als irgendwelche Techniken. Am liebsten sehe ich Trommler, die so richtig alles geben, also die Malocher der Gilde. Mein Motto: Das ist ein Schlag- und kein Streichelzeug.

Es gibt da dieses starke YouTube-Video „Ventor playing the biggest drumset in the world“. Wie kam es zu dieser Geschichte?
Die Geschichte mit dem größten Drumset der Welt habe ich der Pandemie zu verdanken. Niemand hat zu der Zeit Konzerte gespielt, folglich waren die Lager der Backline-Verleiher voll mit Material. Da haben sich Gate To Hell gedacht, lass uns doch mal 1.000 Teile nehmen und ein Set zusammenstellen. Dann haben sie ein paar Drummer kontaktiert, die Bock hatten, die Kiste zu bearbeiten, das ganze Spektakel gefilmt und ab ins Netz damit. Glücklicherweise war ich einer der Auserwählten. Und da komme ich direkt wieder auf die 3-Piece-Gang, denn ja, man braucht es nicht, aber das war ein tierischer Spaß und das möchte ich nicht mehr missen. Danke an alle.

Wir führen dieses Interview im April und in der Ukraine ist seit einem Monat Krieg. Ihr musstet die Russland- und Ukraine-Termine auf eurer kommenden Tour natürlich absagen. Glaubst du, dass normale Shows in diesen Ländern irgendwann wieder möglich sein werden?
Krieg ist der größte Scheiß, den die Menschheit je erfunden hat. Wir hatten im Laufe unserer Karriere öfter Naherfahrungen mit dem Thema, aber noch nie so heftig, dass es direkt eine Tour beeinflusst hat. Das ist besonders schade für die Fans, aber wenn so ein Affe durchdreht, ist man ziemlich machtlos. Oft haben wir Länder bespielt, in denen noch Spuren eines gerade beendeten Konflikts zu sehen waren, Zerstörung der Infrastruktur und zerstörte Persönlichkeiten. Sehr tief sitzen noch die Eindrücke nach dem Balkan-Konflikt oder wenn man in Tel Aviv, auf der Fahrt zum Venue, mehrere, wenige Tage alte Raketeneinschläge in Gebäuden sieht. Da wird einem schon anders.