JOHNNY MOPED

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Wee wee!

Nach einer halben Ewigkeit gab es im Sommer 2015 ein Lebenszeichen in Form einer Single von Paul Halford (aka Johnny Moped) und Band: 1974 begannen sie als JOHNNY MOPED AND THE 5 ARROGANT SUPERSTARS in Croydon im Londoner Süden ihre Karriere – und zwei Jahre später kam Punk gerade recht. Die Band, bei der auch mal Captain Sensible von THE DAMNED und Chrissie Hynde (später THE PRETENDERS) spielten, trat seinerzeit im legendären Roxy auf, ist auf dem noch legendäreren Sampler „The Roxy London WC2“ zu hören und wurde von Chiswick gesignt, wo 1978 ihr „Cycledelic“-Album erschien. Im gleichen Jahr war es auch schon wieder vorbei mit der Band. 1981, 1992 und auch noch danach gab es sporadische Releases und Auftritte, 2013 wurden sie schließlich mit dem Dokumentarfilm „Basically, Johnny Moped“ geehrt. Ian von Damaged Goods Records aus London war all die Jahre in Kontakt mit dem heute in Brighton lebenden, in die Jahre gekommenen Punk-Pionier, und so erschien dort jetzt das neue Album „It’s A Real Cool Baby“.

Johnny, dieser Tage erscheint euer neues Album. Hast du an ein Wiederaufleben deiner Musikerkarriere geglaubt?


Es war eher unwahrscheinlich. Wir haben immer wieder mal geprobt, aber dann auch eine Weile nicht. Und dann starb im Dezember meine Frau und wir stoppten alle Aktivitäten. Es war eine schwere Zeit. Meine Bandkollegen kümmern sich jetzt um mich, die schauen immer wieder mal vorbei. Letzte Woche gaben wir ein langes Interview in London über das anstehende Album. Und demnächst fangen wir auch wieder an zu proben, wir sind, glaube ich, etwas eingerostet, haha.

Wie wichtig ist Musik in deinem Leben? Lange Zeit war sie ja eher in den Hintergrund gerückt.

Sehr wichtig. Wobei man unser neues Album und das erste Album „Cycledelic“ nicht vergleichen kann. Musikalisch ist das neue viel besser. „The Search For Xerxes“ war ja eher Disco, das kam bei unseren Fans nicht gut an. Deshalb haben wir uns mit dem neuen Album wieder straighter Rockmusik zugewendet.

Wo liegen deine musikalischen Einflüsse?

Ich mochte damals ganz einfach Rock’n’Roll-Bands, und ab Anfang der Siebziger fand ich dann Gefallen an Heavy Rock und Heavy Metal. Dieser Einfluss ist beim neuen Album zu hören. Ich habe recht viele Heavy-Rock-Platten, vor allem auf CD. Ich denke also, meine Einflüsse kommen aus dem Rock’n’Roll und Heavy Rock. Ich habe nie aufgehört Musik zu kaufen über die Jahre, früher Singles, später CDs. Meine verstorbene Frau war großer STATUS QUO-Fan, die hatte alle Platten von denen. Sie stand also auf Rock, wobei sie auch eine Schwäche für ABBA hatte. Immerhin hatte sie mehr STATUS QUO- als ABBA-Alben, haha. Als ich meine Frau das erste Mal traf, präsentierte sie mir stolz ihre DEEP PURPLE-Singles.

In „Basically, Johnny Moped“ von 2013 ist deine Frau auch zu sehen. Wie findest du den Film?

Ich habe den Film in London, hier in Brighton und in einem kleinen Kino in Croydon gesehen. In einer spanisch untertitelten Version wurde er auch in Barcelona gezeigt. Es ist wirklich ein gelungener Dokumentarfilm geworden, mit viel Archivmaterial, etwa von einem Konzert 1974. Da kann man meine Frau sehen, die steht irgendwo im Hintergrund.

Im Film sieht man dich noch ziemlich zahnlos. Auf den neuen Fotos auf dem Album hast du jetzt neue Zähne – und wirkst zehn Jahre jünger.

Ja, ich habe neue Zähne – ich sah echt ziemlich scheußlich aus ohne, mit diesen riesigen Zahnlücken, hahaha. Und ich kann jetzt auch viel klarer singen, meine Aussprache ist besser, ich habe die Worte vorher ziemlich undeutlich gesprochen, glaube ich. Das ist echt ein großer Unterschied – und dass ich jetzt zehn Jahre jünger aussehen soll, das nehme ich als Kompliment. Danke.

Wie sieht es mit Konzerten auf dem Kontinent aus, habt ihr Pläne?

Erst mal muss ich einen Reisepass beantragen. Mein alter ist letztes Jahr im Februar abgelaufen. Wenn das geklärt ist, können wir uns mal Gedanken über Konzerte auf dem Kontinent machen, wir haben schon Angebote aus Deutschland und Italien. Demnächst steht eine Show in London an, und für August haben wir das Angebot, in Japan zu spielen, also sollte ich echt mal über einen neuen Pass nachdenken, sonst fliege ich nirgends hin.

Was hast du die letzten Jahre gemacht?

Ich habe bis vor rund vier Jahren in einem Supermarkt gearbeitet, über zehn Jahre lang. Irgendwo musste das Geld ja herkommen, wenn schon nicht von Konzerten mit der Band. Meine Frau Brenda war ja zwanzig Jahre älter als ich, und sie hatte zunehmend Probleme mit dem Laufen, also musste ich mich um sie kümmern und meine Arbeit aufgeben, war 24 Stunden am Tag damit beschäftigt, sie zu pflegen, bis zu ihrem Tod Ende letzten Jahres.

Kannst du dich erinnern, wann du zum ersten Mal etwas von diesem neuen Ding namens Punk mitbekommen hast?

Das kam ganz allmählich. Wir hatten ja vorher schon eine Band, aber so richtig los ging es für uns 1977, als Punkrock und New Wave plötzlich groß wurden. Weißt du, Punkrock heute ist was ganz anderes als damals. Es gibt Fans, die damals schon dabei waren und uns seitdem begleiten, aber es gibt eben auch junge Leute, die sehen wollen, was wir noch so drauf haben. Hauptsache, die Leute feiern und hüpfen fröhlich herum, wenn wir spielen. Ich habe nie das Gefühl gehabt, dass es da einen Generationskonflikt gibt, von der Bühne aus siehst du ja nur die ganzen Leute, ob die nun jung oder alt sind, und die haben zusammen Spaß.

Im Film gefiel mir besonders gut die Stelle, wo es um deine Hells Angels-Tatöwierung geht ...

Haha, ja, die musste ich mir überstechen lassen, mit einem Papagei. Das Hells Angels-Tattoo hatte ich mir mit 18 stechen lassen. Ich fuhr schon immer gerne Motorrad, hatte damals eine 650er und fuhr mit meinen Kumpels in der Gegend herum, das waren so Biker-Typen. Damals kam ich zu dieser Tätowierung, und dann, Jahre später, tauchte bei einem Konzert in London dieser Hells Angels-Typ auf und drohte mir, er werde mir den Arm abschneiden, wenn ich das nicht covern lasse. Ich hatte verständlicherweise keinen Bock drauf, mich wie einen Sonntagsbraten tranchieren zu lassen, also ging ich mit meiner damaligen Freundin in einen Tattoo-Shop und fragte den Tätowierer, was man da machen könne, und der schlug den Papagei vor. Der Hells Angel tauchte später noch mal auf und meinte, so sei das besser. Die waren wohl auf mich aufmerksam geworden, als ein Foto von mir in einer Musikzeitung auftauchte, und da konnte man das Tattoo sehr gut erkennen, was diesen Biker-Typen wohl jemand gesteckt hatte.

Wegen deiner Zweiradbegeisterung kamst du auch zu deinem Spitznamen, nehme ich an.

Den habe ich mir nicht selbst ausgesucht! Das war Captain Sensible, und dann wurde ich den nicht mehr los. Und es wusste oft keiner, ob Johnny Moped nun mein Name ist oder der der Band. Wir traten damals als JOHNNY MOPED AND THE 5 ARROGANT SUPERSTARS auf. Heute ist es eher so, dass die Band so heißt, nicht unbedingt ich. Captain Sensible bekam seinen Namen übrigens von Larry Wallace von den PINK FAIRIES verpasst. So einen Namen bekam man damals schnell, ob er einem nun passte oder nicht.

Ist die Band heute so etwas wie deine Familie?

Wir sind alle beste Freunde, wir verstehen uns blendend. Toad und Dave Berk sind die ältesten Mitglieder, Robot ist unser „Baby“, und Jacko Pistorious ersetzte schon vor längerem Fred Berk. Die Gitarristen-Position war damals schon unser Problem, und auch Chrissie Hynde blieb nicht lange, die spielte nur ein Konzert mit uns. Toad stellte uns vor die Wahl, sie oder ich. Er meinte, man könne nicht zwei Gitarristen haben. Irgendwann kam dann Robot dazu, und es funktionierte bestens. Mit zwei Gitarren haben wir einfach einen stärkeren Sound. Das mit Chrissie war damals eine reine Rivalität zwischen Toad und ihr, und sie war nicht gerade einfach im Umgang und schon mal sehr temperamentvoll bei den Proben. Ich habe sie Jahre später mal wieder in Blackpool getroffen, und da entstand auch das Foto von uns beiden, das Robots Frau gemacht hat und das im CD-Booklet zu sehen ist.

Veröffentlichungsdatum des Albums ist der 1. April. Bist du aufgeregt?

Ach, erst mal sehen, was passiert, und dann ein Schritt nach dem anderen. Ich komme ja gerade erst so langsam über den Tod meiner Frau hinweg und muss mich noch daran gewöhnen, alleine hier in der Wohnung zu sein. Kann sein, dass ich umziehen werde, und dann sehen wir mal, was mit meinem Leben passiert, dass es besser wird. Und natürlich wollen wir viele Konzerte spielen.

 


DISKOGRAFIE

Alben: „Cycledelic“ (Chiswick, 1978) • „The Search For Xerxes“ (Deltic, 1991) • „It’s A Real Cool Baby“ (Damaged Goods, 2016)

Compilations: „Basically: The Best Of“ (Chiswick, 1995) • „The Bootleg Tapes: I & II“ (Damaged Goods, 2007)