JOHN COFFEY

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Positiv aggressiv

In den vergangenen Jahren haben die Niederländer JOHN COFFEY sich den Ruf erspielt, eine der wildesten und sympathischsten Live-Bands Europas zu sein. Mit ihrer Mischung aus Punkrock, Hardcore und Rock’n’Roll erobern sie so ziemlich jedes Publikum im Sturm und scheinen bei jeder Show fast vor Energie zu platzen. Mit „The Great News“ erschien am 31. Januar ihr neues Album. Sänger David Achter de Molen verriet, wie das Album entstand, warum die Band keine Akustik-Shows spielt und wer seine großen Idole sind.

Für den Vorgänger, „Bright Companions“, habt ihr eine Crowdfunding-Kampagne gestartet und seid nach Schweden gereist, um mit dem bekannten Produzenten Pelle Gunnerfeldt zu arbeiten. Wie lief die Produzentensuche dieses Mal ab?


Wir haben wieder versucht, mit Pelle zu arbeiten, aber er hat sein Studio verkauft, also hätte er eins mieten müssen. Wir haben lange mit ihm gesprochen, ob er mit uns an dem Album arbeiten würde, aber letztendlich hat es nicht funktioniert. Zur selben Zeit hat uns Josh Scogin, der Sänger von THE CHARIOT, kontaktiert, einfach weil er unseren Sound total mochte. Er schrieb: „Falls ich jemals etwas für euch tun kann, lasst es mich wissen.“ Für uns war das richtig cool, THE CHARIOT gehören zu unseren Lieblingsbands. Wir sagten ihm, dass wir gerade einen Produzenten suchen, und fragten einfach, wer für seine Alben verantwortlich gewesen war. Es war Matt Goldman, der zum Beispiel auch die UNDEROATH-Alben produziert hat und viele andere coole Sachen, die wir mögen. Josh hat den Kontakt hergestellt und Matt gefiel unsere Musik. Eine Woche später war bereits alles in trockenen Tüchern und Matt Goldman flog aus den USA her, um „The Great News“ zu produzieren.

Kommt ihr überhaupt noch zum Schreiben neuer Songs, wenn ihr permanent auf Tour seid? Oder macht ihr das unterwegs?

Wir haben uns ein paar Monate dafür frei gehalten. Im Frühjahr haben wir außer einer kleinen Tour durch Europa nicht viel gespielt und waren oft im Proberaum oder bei irgendjemandem zu Hause und haben viel geschrieben, zusammen rumgehangen und auch viel gestritten. Wir streiten immer sehr viel, wenn wir ein Album schreiben, haha. Wir sind eine dieser Bands, die damit bis zur letzten Minute wartet, bis der Druck wirklich groß ist. Das Meiste haben wir im April und Mai geschrieben, denn im Juni musste alles fertig sein.

Letztes Jahr habt ihr eine Akustik-EP veröffentlicht, die eine ganz neue Seite von euch gezeigt hat. Was war das für eine Erfahrung?

Wir sind mit einem holländischen Produzenten befreundet und wollten schon sehr lange etwas zusammen machen, selbst wenn wir dabei besoffen sind, haha. Also haben wir uns für zwei Tage verabredet, mit dem Plan, Bier zu trinken und eine Akustik-EP aufzunehmen. Wir konnten uns immer vorstellen, dass unsere Songs akustisch auch sehr gut klingen würden. Sie sind immer noch laut und ziemlich cool. Also haben wir einen Termin gemacht und plötzlich nahmen wir das doch ziemlich ernst, weil wir dachten: „Wenn wir schon eine Akustik-EP aufnehmen, dann muss die auch gut sein.“ Wir haben uns also coole Akustik-Arrangements für sechs Songs von „Bright Companions“ ausgedacht und dazu gibt es jetzt ein Fotobuch mit den besten Live-Pics der vergangenen zwei Jahre. Im Endeffekt haben wir uns damit selbst ein Geschenk gemacht. Die Bilder, die an tolle Momente erinnern, und die Songs in einem neuen Gewand – das haben wir hauptsächlich für uns selbst gemacht. Und für unsere Kinder, um ihnen später mal zu zeigen, schau, das hat Daddy früher gemacht, haha. Live haben wir die Songs in dieser Form bisher kaum gespielt, im Grunde wollen wir das auch nicht. Wir sind eine laute Band.

Ein paar Akustik-Shows habt ihr aber trotzdem gespielt. Fühlst du dich dabei unsicher, weil du nicht schreiend über die Bühne rennen kannst?

Haha, nein, ich mag es tatsächlich sehr. Wir machen es einfach nicht oft, weil die Leute nicht denken sollen, wir seien eine „softe“ Akustik-Band. Ich erinnere mich an ein paar Shows in Deutschland, bei denen uns STATES AND EMPIRES supporten sollten, die jedoch im letzten Moment absagen mussten. Wir hatten also keine Vorband und haben entschieden, dass wir eben jetzt unser eigener Support sind, indem wir ein paar Akustik-Songs spielen. So haben wir fünf oder sechs Shows gespielt und ich mochte das sehr. Es strengt meine Stimme nicht so an und wir spielen immer ein BON JOVI-Cover in dem Set, das ist schon sehr cool, haha. Aber letztendlich sind die Shows, bei denen ich wild rumrennen kann, doch die besten.

Hast du Vorbilder, was Live-Perfomances angeht?

Es gibt viele Shows, die ich toll fand, aber ich werde von zweien erzählen: 2013 habe ich PURE LOVE beim Groezrock gesehen. Wir haben einen Tag vor ihnen auf der gleichen Bühne gespielt. Dann habe ich Frank Carter gesehen, und es war einfach nur brutal. Er war so erfahren. Mitten in seinem Auftritt hat er seine Frau angerufen und für sie gesungen. Da hat einfach alles gestimmt. Früher haben mich vor allem COMEBACK KID beeindruckt. Ihr Musik ist sehr laut und aggressiv, gleichzeitig haben sie aber so viel Spaß dabei und sind sehr positiv. Das fand ich sehr beeindruckend und ich dachte, falls ich jemals in einer Band sein sollte, möchte ich auch so sein. Sehr laut und aggressiv, dabei aber trotzdem mit einem Lächeln auf den Lippen, um den Leuten zu zeigen, wie viel Spaß ich habe.

Im Zusammenhang mit euch liest man oft den Namen REFUSED. Hat die Band wirklich einen so großen Einfluss auf euch?

Ich denke schon. Für den Rest der Band noch mehr als für mich, da ich sie erst vor ein paar Jahren entdeckt habe, als es sie schon längst nicht mehr gab. Sie sind ein echter Punk-Klassiker und ihre Songs sind so originell. Live ist das natürlich auch Wahnsinn. Ich habe sie vor zwei Jahren zum ersten Mal live gesehen. Sie haben ihr eigenes Ding gemacht, anstatt ausgetreten Pfaden zu folgen. Das ist schon eine Inspiration. Wenn ich Songs schreibe, möchte ich auch nicht wiederholen, was jemand anderes schon mal besser gemacht hat. Es ist cool, Sachen zu machen, die zuvor noch niemand gehört hat und die die Leute ein bisschen aus ihrer Komfortzone locken.