Und viel Arbeit haben INFECTED RAIN aus Moldawien in ihr neues Studioalbum „Ecdysis“ gesteckt. Sängerin Elena Cataraga fasst im Interview Bandhistorie und die Arbeit am Album zusammen.
INFECTED RAIN gibt es jetzt seit 2008, das ist in der heutigen Zeit gefühlt eine ganz schön lange Zeit. Wie würdest du eure Entwicklung als Band und als Menschen beschreiben?
Das ist etwas, worüber man tagelang sprechen könnte. Es sind jetzt 13 Jahre. Tatsächlich begann alles schon Ende 2007, aber wir sehen den wirklichen Beginn der Band bei dem ersten Auftritt. Das war im Sommer 2008. Das war eine sehr wichtige Show für uns, aber besonders für mich. Ich war vorher nie in einer anderen Band. Die anderen Musiker, die zu Beginn von INFECTED RAIN dabei waren, haben schon vorher in anderen Bands gespielt. Nichts Großes, wir kommen aus einem sehr kleinen Land. Es ist sehr schwer, dort schnell bekannt zu werden, besonders in dem Genre. Offensichtlich sind seitdem viele Jahre vergangen. Es ist viel passiert, Gutes und Schlechtes. Ich glaube, wir haben uns etwa zwei Jahre später wirklich als INFECTED RAIN etabliert, als die heutigen Mitglieder alle in der Band angekommen waren. Der Gitarrist, der Bassist und der Drummer haben gewechselt. Nur unser Gitarrist Vidick und ich sind geblieben. Als wir uns dann als finale Band gefunden hatten, haben wir das Line-up nicht mehr geändert. Und vor zehn Jahren kam das erste Album. Also ist 2021 das Jubiläumsjahr. Wir sind als Menschen und als Musiker gewachsen. Ich bin sehr stolz auf das, was wir erreicht haben, auf meine Jungs. Wir arbeiten alle sehr hart. Wir hatten Ups und Downs, wir hatten Autounfälle, schlechte Touren. Veranstalter, die nicht aufgetaucht sind. Leute, die uns nicht bezahlt haben. Aber wir sind zusammengeblieben. Wir haben mit dem weitergemacht, was wir lieben. Und hier sind wir jetzt, 13 Jahre später, kurz davor, ein neues Album zu veröffentlichen.
Ich weiß nicht, wie die Lage in Moldawien ist, aber konntet ihr in den letzten Monaten live spielen oder ist alles ausgefallen?
Keine Shows in Moldawien momentan. Ein paar Events finden statt, aber wir haben dort lange nicht mehr gespielt. Aber ich lebe in Las Vegas, die anderen sind noch in Moldawien. Wir filmen viel dort, alles tatsächlich. Wir haben dort ein gutes Team, Leute, mit denen wir schon oft gearbeitet haben. Wir buchen die dann immer wieder für Videos, Sound oder Live-Shows. Aber während der Pandemie hatten wir viel Zeit, eine ganze Show zu filmen, anlässlich unseres Jubiläums. Wir sind sehr stolz darauf. So was haben wir vorher noch nie gemacht. Aber keine Konzerte in Moldawien ansonsten.
Wie war es für euch, keine Shows spielen zu können?
Oh, wir kommen gerade von einer US-Tour zurück. Die endete Anfang Oktober, wir waren anderthalb Monate unterwegs mit unseren Freunden BUTCHER BABIES. Es war toll. Aber als wir nicht machen konnten, wofür wir brennen, war es schon sehr deprimierend. Besonders am Anfang. Da war es am härtesten, weil das Unbekannte einem Angst macht. Niemand wusste, wann wir wieder auf der Bühne stehen würden. Niemand wusste, wann das alles zu Ende sein würde. Anfangs sagten alle, dass es einen Monat dauert. Dann dauerte es ein halbes Jahr. Okay, das ganze Jahr ist rum. Nächstes Jahr wird alles besser. Und dieses Jahr geht es wieder los, aber ganz langsam. Wir waren genau 19 Monate ohne Auftritte. Und im Sommer 2021 hatten wir dann unsere erste Show. Das war bei einem Festival in der Ukraine. Die waren sehr mutig und haben ihr Festival durchgezogen. Und dann ging es Ende August auf unsere erste US-Tour. Es war toll, wieder auf der Bühne zu stehen.
Anfang Januar erscheint euer neues Album. Habt ihr die 19 Monate jetzt komplett für die Produktion genutzt?
Wir hatten viel Zeit, die wir in Musik stecken konnten. Und das haben wir getan, weil wir Musik lieben. Wir wollten damit weitermachen, egal was so los ist. Es war nicht nur deprimierend und traurig. Es gab auch viele gute Momente. Ich möchte die guten Momente sehen. Die Wahrheit ist, dass wir wirklich unsere Ärmel hochgekrempelt haben und viel gearbeitet haben. Wir haben eine Dokumentation gedreht, wir haben eine Show gefilmt. Wir haben ganze sechs Musikvideos fertiggestellt. Drei davon sind schon erschienen. Im Januar kommt dann das Album mit einem weiteren Musikvideo. Wir haben viel gefilmt, viel aufgenommen. Wir haben nicht nur rumgesessen. Unsere Fans haben uns sehr unterstützt.
Was kannst du uns schon über das Album verraten?
Ich glaube das Album ist innovativer, aus verschiedenen Gründen. Einer davon ist die Art, wie wir aufgenommen haben. Wir konnten nicht ins Studio gehen, weil es geschlossen war. Wir haben also alle unsere eigenen Technik bei uns zu Hause aufgebaut. Dort konnten wir uns dann selber aufnehmen. Dadurch war es ein ganz anderer Prozess. Ich glaube, dass man das hört. Allein die Menge an Aufmerksamkeit, die wir den Aufnahmen gewidmet haben. Mein Gitarrist und Bassist haben ihre Instrumente gewechselt. Ich glaube, das ist auch ein großer Unterschied. Wir haben nicht das Tuning geändert, aber jedes Instrument klingt anders. Ich glaube, das macht auch einiges aus. Und der dritte Unterschied: Wir hatten viel Zeit. Und dadurch, dass so viel passiert ist, ist in die Texte auch vieles aus dieser Zeit eingeflossen. Drei Songs auf dem Album drehen sich um die globale Depression. Nicht nur um Corona, sondern auch um das Feuer, die sterbende Natur, die Unruhen überall. Die Menschen, die weltweit aus unterschiedlichen Gründen gestorben sind oder getötet wurden. Ich bin nicht qualifiziert genug, um zu behaupten, ob das aus dummen Gründen passiert ist. Ich glaube nur an Liebe und Frieden. Ich glaube nicht an Gewalt. Darüber musste ich schreiben. Deshalb ist das Album anders. Es ist sehr roh, es hat viele intensive Lyrics. Auch bei den zwei Songs, die wir schon veröffentlicht haben, merkt man das.
© by Fuze - Ausgabe #92 Februar/März 2022 und Britt Meißner
© by Fuze - Ausgabe #92 Februar/März 2022 und Marcus Buhl