Kurzer Cavalera-Familien-Crashkurs: Max Cavalera (SOULFLY, SEPULTURA, CAVALERA CONSPIRACY, NAILBOMB, KILLER BE KILLED) heiratet Gloria in den Neunzigern und adoptiert ihre drei Kinder, Roxanne, Richie und Jason. Gemeinsam bekommen sie noch zwei Kinder, Zyon und Igor Amadeus. Richie Cavalera schnuppert seit er klein ist mit seinem Stiefvater und seiner Mutter Bühnenluft und gründet 2004 seine eigene Band INCITE. Seit 2009 veröffentlicht er EPs und Alben, ist auf Tour und spielt ebenso groovigen Thrash Metal wie sein Vater.
Auf eurem neuen Album finden sich fünf neue Songs, aber auch fünf alte, die ihr noch mal neu gemastert habt. Ist dieses Album eine Einführung und Vorstellung von INCITE?
Ja, das war tatsächlich die Idee! Wir haben ein neues Label in Europa, Atomic Fire Records, die unser Album zusammen mit Minus Head rausbringen. Mit dem Label kam ein neues, großartiges PR-Team dazu. Wir haben einen Plan, Europa in Angriff zu nehmen – in England, Spanien und Tschechien läuft es für uns schon sehr gut, aber das reicht uns nicht, haha. Europa hat die besten Metalfans des Planeten und wir hoffen, sie haben Bock auf uns. Unser Team besteht aus wunderbaren Leuten, die alle sehr viel Liebe für ihren Job, für die Musik und Metal mitbringen und die Arbeit macht total viel Spaß. Außerdem ist es eine Ehre, bei dem gleichen Label zu sein wie OPETH oder MESHUGGAH!
Unter den neuen Songs ist einer, der besonders auffällt, erstens ist Max Cavalera mit einem Feature darin vertreten, zweitens wegen der Lyrics. Er heißt „War soup“. Worum geht’s da?
Haha, ja, das ist wahrscheinlich mein liebster Titel von einem INCITE-Song überhaupt. Es geht darum, für sich selbst einzustehen und zu erkennen, dass man andere lieben und für sie kämpfen kann, aber man nie aus den Augen verlieren sollte, auch sich selbst zu lieben. Erst dann kann man sich auch um andere kümmern. Aus Selbstliebe wächst Stärke. Der Song ist inspiriert von meiner Großmutter, die in Russland geboren wurde, während der russische Revolution fliehen musste und die Weltkriege im damaligen Jugoslawien beziehungsweise in Polen verbrachte, bis sie schließlich nach Amerika kam. Sie hat uns oft erzählt, dass sie während dieser Zeit Suppen aus allen möglichen Dingen gekocht haben, weil es so wenig zu essen gab. Und als ich dann das erste Mal durch Europa tourte, ist mir das sehr aufgefallen – köstliche Suppen überall! Es kam mir vor wie ein Überbleibsel aus der Zeit, alle möglichen Zutaten zusammenpacken und etwas Gutes daraus machen. Ich bin wirklich dankbar, sie gekannt zu haben und dass sie mir solche Geschichten erzählen konnte. Es ist das erste Mal, dass ich so persönliche Lyrics für INCITE geschrieben habe, auf den früheren Alben waren es ja eher klassische Thrash-Metal-Texte.
Wenn es so eine Familiengeschichte ist, passt das Feature von Max ja besonders.
Ja, er war sofort dabei. Ich war selber ja schon oft auf SOULFLY-Alben zu hören, nun war er das erste Mal bei einem Song dabei, den ich geschrieben habe. Ich glaube, es ist ihm fast ein bisschen schwergefallen, die Worte in meinem Rhythmus zu singen, haha. Aber man muss ihn bei so was nicht lange bitten. Der Typ bringt drei Alben pro Jahr raus, er liebt Musik und das ganze Drumherum einfach.
Denkst du, deine Eltern waren manchmal strenger mit dir und deiner Musik, weil sie dir nichts schenken wollten?
Nein, sie waren immer sehr darauf bedacht, dass jeder von uns sein eigenes Ding machen kann und darf. Meins war dann nur zufällig auch Metal, wovon nun auch Zyon als Drummer von SOULFLY und Igor bei GO AHEAD AND DIE profitieren. Ich glaube, ich war so ziemlich der erste Sohn aus einer berühmten Metal-Familie, der selbst mit seiner Band durchstarten wollte, jetzt passiert das öfter. Ich bin so aufgewachsen und habe von Kindesbeinen an diese ganze Musikwelt gesehen, geatmet und beim Älterwerden automatisch gelernt. Wenn man es schaffen will, muss man dranbleiben, man muss alles geben, und das habe ich getan. Liebesbeziehungen, Geld, Zeit – egal. Ich habe alles in die Musik gesteckt. Ich habe manches verloren, aber ich würde nichts ändern wollen. Und meine Eltern haben sich währenddessen wie ganz normale Eltern verhalten: Sie haben mich gewähren lassen und geholfen, wenn sie konnten.
Hast du die Erfahrung gemacht, dass Fans oder andere Musiker:innen dich aufgrund deines Nachnamens nicht ganz ernst nehmen?
Ich denke, am Anfang war es so, ja. Aber wer mich kennen lernen konnte, hat auch meine Leidenschaft, meine Liebe für das alles kennen gelernt. Ich liebe dieses Leben, ich liebe es, die Welt mittels Metal zu entdecken und die Menschen, und mit ihnen rumzuhängen. Ich bin ein entspannter Typ, man kann mit mir gut zusammenarbeiten und seine Zeit verbringen, denke ich. So habe ich mir Respekt und einen guten Ruf erarbeitet. Der erste Impuls, auch bei Zyon und Igor, ist wahrscheinlich zu denken: ein Cavalera-Sohn, klar muss der auch Metal machen. Aber wenn du nicht über Talent oder Leidenschaft verfügst oder wenn du ein Arsch bist, dann schaffst du es auch nicht in unserer Welt. Nach kurzer Zeit wird den Leuten meist klar, dass wir nicht nur wegen unseres Namens auf der Bühne stehen, sondern weil wir dafür brennen. Wir sehen das jetzt sogar schon bei den Enkelkindern. So lange es Metal gibt, wird es auch Cavaleras geben, die diese Musik machen, haha!
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