Die schwedische Combo mit dem ellenlangen Namen preist Emanzipation sowie Bauchgefühl. Und wenn es wie bei Sängerin/Bassistin Christine Owland zu einer Kollaboration mit Mark Lanegan führt, dann ist Intuition wohl der richtige Ratgeber. Aber auch der shoegazige Indierock auf „Rivulet Moan“, dem bei Stargazer Records erschienenem Debüt, ist epochal. Gitarrist/Sänger Robert Wegner steuerte neben Vintage-Gitarrensounds noch ein grandioses Artwork bei, schließlich ist er von Beruf Künstler. Glück gehabt oder gewusst wie? Am besten verraten er und Christine uns ihr Geheimnis selbst.
Christine, ihr habt neben eurer Hauptband etliche weitere interessante Projekte. Klär uns auf.
Christine: Sonja und Jerker Kaj von SCRAPS OF TAPE sind als LYMLAND unterwegs und veröffentlichten kürzlich „Einsamtidsroman“. Generell gibt es in Malmö gerade viele tolle Projekte, so dass wir immer wieder irgendwo mit drinhängen. Robert ist bei der Indie-Post-Pop-Band VÄDRET, also „Wasser“, welche einst als Soloprojekt mit SCRAPS OF TAPE-Gitarrist Marcus Nilsson begann, Sonja spielt dort Bass. Darüber hinaus hat Robert noch ein Black-Metal-Doom-Projekt und macht Ambient/Folk/Drone/Noise als HEKS. Ich bin Teil der Stoner/Psych-Band DUNDUN und hin und wieder spiele ich bei SMALL FLOWERS CRACK CONCRETE und arbeite dauerhaft mit dem französischen Künstler SOKO zusammen, sowie mit noch ein paar anderen schwedischen Combos.
Wie bekommt man Mark Lanegan dazu, zwei Songs mit einem aufzunehmen?
Christine: Ich habe Mark über gemeinsame Bekannte kennen gelernt, als er mit Isobel Campbell, die früher bei BELLE AND SEBASTIAN war, in Skandinavien auf Tour war. Ich habe ihm mein Album „Throwing Knives“ mitgegeben und eine CD-R von „Familiar Act“ und fragte ihn, ob er Lust hätte, mit mir etwas aufzunehmen. Er antwortete mir noch am gleichen Tag und sagte, dass meine Songs ihm gefallen würden, und letztlich haben wir zwei Tracks gemeinsam gemacht.
Du betreibst auch das Label Revolving Records, auf dem du in DIY-Manier seit zehn Jahren Alben veröffentlichst, an denen du beteiligt warst. Stößt du jetzt, da die Bands bekannter werden, an Grenzen?
Christine: Ich habe mit dem Label begonnen, um zu zeigen, dass eine junge Frau so was eben auch locker machen kann. Man muss keine große Firma sein, um Platten zu veröffentlichen und sie zu vertreiben. Mein Ziel war es aber auch, viel über das Geschäft zu lernen und mich ordentlich reinzuhängen. Insgesamt habe ich aber nicht soviel veröffentlicht, wie ich anfangs vorhatte, weil es doch sehr zeitintensiv ist. Manchmal fehlte das Geld und letzten Endes wollte ich auch lieber Musik machen, als diese zu verwalten. Also musste ich mich für eins entscheiden. Mir lag das Musikmachen mehr am Herzen und durch die gewonnene Zeit konnte ich mit noch mehr Leuten zusammenarbeiten. Also entwickelte sich das Label eher zu einer Art Bühne, auf der ich meine Alben vorstellte und andere produzierte. Es existiert aber weiterhin und so ziemlich alles kann damit passieren.
Wenn man all diese Bereiche und Bands betrachtet, fragt man sich, ob der potenzielle Erfolg eines Projektes Einfluss darauf, hat wie viel Zeit ihr dafür investiert.
Robert: Das hängt von jedem persönlich ab. Natürlich muss alles so geschmeidig laufen wie möglich, aber es geht eigentlich nicht darum abzuwägen, was gut läuft, weil man dann ja die Vorhaben, für die man gerade eine Leidenschaft entwickelt, vernachlässigen würde. Natürlich versucht man, sich musikalisch zu entwickeln und auch erfolgreicher zu werden, aber die Grundidee hinter allen Projekten ist die Liebe zur Musik. Wenn es keinen Spaß macht, hat es auch keinen Wert, in einer Band zu spielen. Falls wir aber mit dem, was wir aus Spaß machen, erfolgreich sind, dann wäre das natürlich ein schöner Lohn für die Arbeit. Eine Art Bonus, den nur wenige Musiker bekommen.
Ist es Freundschaft oder der künstlerische Austausch, was ITATTWD zusammenhält? Muss man überhaupt miteinander befreundet sein, um gute Musik zu machen?
Robert: Nun, das eine schließt das andere ja nicht aus, aber für uns ist Freundschaft schon eine wichtige Komponente. Jonas und Robert spielen seit ihrem 15. Lebensjahr zusammen und ich lernte damals Christine kennen, weil sie mit den selben Leuten rumhing. Als Sonja aus Finnland nach Lund zog, wo Jonas, Christine und ich aufwuchsen, kreuzten sich die Wege und sie begann bei FIGURES FROM HERE Akkordeon zu spielen. Über die Jahre hat man verfolgt, was die anderen musikalisch so machen, und wir wurden gute Freunde. Als dann die Chance kam, eine Band zu gründen, setzten wir das mit ITATTWD in die Tat um. Weil wir alle sehr mit unseren anderen Projekten beschäftigt sind, hängen wir nicht viel zusammen rum, aber wenn wir mehr Zeit hätten, würden wir das bestimmt machen.
Robert, du bist auch ein talentierter Illustrator. Flippen deine Erzeuger nicht aus, wenn sie mit deinem Lebensstil als Künstler konfrontiert werden?
Robert: Ich bin mir sogar ziemlich sicher, dass meine Eltern weiterhin bei allem, was ich sage oder tue, ausflippen werden, wie sie das schon mein ganzes Leben lang getan haben. Aber sie kommen eben aus einem Umfeld, wo man nicht von seinen Eltern ermuntert wurde, auch mal Risiken einzugehen, um seine Träume zu verwirklichen. Darin liegt wohl der Grund für ihre Besorgnis. Im Grunde wollen sie nur nicht, dass ich versage, weil ich mir einen so komplizierten und unberechenbaren Beruf ausgesucht habe. Das alles ist aber okay. Mir sind Eltern, die sich sorgen, lieber als Eltern, die es nicht juckt, was ich tue. Meine Eltern unterstützen mich jedenfalls auf jede erdenkliche Weise. Früher hatte ich auch einen Nebenjob, aber den habe ich vor einem Jahr gekündigt, damit ich mich vollkommen auf meine Illustrationen und die Musik konzentrieren kann.
Hattet ihr durch die guten Reviews auf der aktuellen Tour mehr Publikum als früher oder muss man als Musiker gegenwärtig genügsam sein?
Robert: Jein. Wir haben sowohl vor vielen als auch vor wenigen Zuschauern gespielt. Im Allgemeinen waren die Touren alle recht gut. Die Musikindustrie ist eben ein hartes Pflaster, alles unterliegt raschen Veränderungen und versucht, sich ständig den aktuellen Hörgewohnheiten, Konsumwünschen und Erwartungen an einen Live-Gig anzupassen. Diese Unsicherheit schadet den genannten Bereichen. In manchen Jahren fielen die Verkäufe ins Bodenlose, dann hatten die Leute keine Lust mehr auf Konzerte und blieben daheim. Trotz all dieser Mechanismen muss man nicht unbedingt bescheiden werden, aber man sollte mit beiden Beinen fest auf dem Boden stehen. Der einzige Grund, Musik zu machen, sollte die Liebe zur Sache sein. Dann darf man auch stolz darauf sein, Musiker zu sein. Es ist egal, wie groß das Publikum ist, freut euch über die Leute, die vorbeikommen und euch zuhören. Heute sind es hundert, morgen vielleicht zehntausend, am Tag danach eventuell zehn. Man muss einfach den Moment genießen. Wer versucht, fremde Erwartungen zu erfüllen und in ein bestimmtes Raster zu passen, der verkrüppelt sich und seine Kreativität am Ende selbst. Also tun wir einfach intuitiv das, was wir am besten können, nämlich laut und krachig sein plus Spaß dabei haben.