Ein bisschen Rockabilly, eine gehörige Prise Rock’n’Roll, ein wenig Swing, Blues, nicht zuletzt auch Reggae: THE HILLBILLY MOON EXPLOSION aus der Schweiz stehen für eingängige melodiöse Musik, die getragen wird von der angenehmen Stimme von Emanuela Hutter. Das zählt alles in gewisser Weise noch zum Underground, könnte aber durchaus auch Mainstream-Sphären erreichen. Mit dem Begriff Massenkompatibilität hat die Sängerin dennoch so ihre Schwierigkeiten, wie sie im folgenden Interview unter anderem berichtet.
Emanuela, die Band wurde 1998 gegründet, aber erst 2002 kam euer erstes Album „Introducing“ auf Crazy Love Records heraus. Ist die doch eher spät erscheinende LP so etwas wie die wahre Geburtsstunde der Band?
Die Hillbillys haben im Winter 1999 ihre ersten Konzerte gegeben. Das darauf folgende Interesse an der Band überraschte uns dann sehr. Wir spielten mal hier, mal dort. Einfach alles, was für mich möglich war, da ich einen zweijährigen Sohn hatte. Für die Produktion der ersten Platte ließen wir uns Zeit. Ich denke, es hat sich gelohnt. Auf der ersten CD waren bereits Songs dabei wie „Johnny are you gay?“, die unsere Band ziemlich treffend definieren.
Worum geht es in diesem Song?
Oberflächlich betrachtet geht es um den Versuch einer Teenagerin, einen Schwulen aufzureißen. Tiefgründiger ist dabei der Gedanke, dass vielleicht mehr Männer eine Affinität zum Schwulsein haben, als sie zugeben. Dieses Getue im Fußballzirkus, in Studentenverbindungen oder bei Militärparaden, viel schwuler kann es nicht mehr werden. Ich mag Schwule, die richtigen, die eben dazu stehen.
Von Anfang an dabei war der Kontrabassist Oliver Baroni. Wie habt ihr euch kennen gelernt und wie entstand die Idee, HILLBILLY MOON EXPLOSION zu gründen?
Olivers Vorgängerband THE HILLBILLY HEADHUNTERS und meine Band MD MOON wurden einst gemeinsam auf eine Spanientour geschickt. Irgendwann kristallisierte sich bei uns das Bedürfnis heraus, eine gemeinsame Band zu haben. Entscheidend waren wohl unser Musikgeschmack, wie wir uns gegenseitig inspirierten, die gelungene Ergänzung unserer Talente im kreativen Schaffen, sowie der Umstand, genau zu wissen, worauf der andere abzielte.
Als Gast auf eurer aktuellen siebten Platte „Damn Right Honey“ ist auch der Country/Rockabilly-Star Paul Ansell zu hören. Ist das auch privat eure favorisierte Musik?
Privat werden bei uns allerlei Musikstile favorisiert. Ich persönlich höre eher wenig Rockabilly.
Auf der mittlerweile als Trio eingespielten Platte finden sich auch viele Dancehall-Reggae-Anteile. Ist das Teil eines Prozesses oder ergab sich das aus einer Laune heraus?
Wir sind nun sogar wieder ein Quartett seit März 2013! Nach Luks Ausstieg hatten wir riesiges Glück, Sylvain Petite kennen zu lernen und festzustellen, dass er der großartigste Drummer ist. Und Reggae war schon immer ein Teil von uns.
Außerdem ist Sparky von DEMENTED ARE GO schon zum zweiten Male dabei. Nach dem Song „My love for evermore“ nun „Northern crown“. Wie verliefen die Aufnahmen?
Die Aufnahmen zu „Northern crown“ verliefen so reibungslos und professionell, dass ich schon fast an Sparkys Integrität zu zweifeln begann. Ich möchte unbedingt noch mehr Songs mit ihm aufnehmen, da dieses sich gegenseitig ergänzen einfach schön ist und guttut.
Bist du auch Model? Ich erinnere mich da an einen Kalender für das Jahr 2005 ...
Nein. Ich habe besagten Kalender aus irgendeiner Idee aus einer Bierlaune heraus gemacht und es dann durchgezogen, nachdem die ersten drei Bilder im Kasten waren. Die ersten Bildaufnahmen entstanden schon 2002. Es dauerte so lange, weil ich Außenaufnahmen wollte und die Jahreszeiten halt nicht immer so wie gewünscht mitspielten. Heute würde ich so was nicht mehr machen. Diese ganze Pin-up-Bilderflut und Hysterie der letzten Jahre finde ich ziemlich fragwürdig und meist oberpeinlich.
Sind Gigs in Deutschland geplant? Welche Band würde dir da gut „passen“, die dann mit euch spielen würde?
Konzerte sind derzeit nicht in Planung, weder in Deutschland noch sonst wo. Aber es wird sich schon, denke ich, bald was ergeben. Spielen würde ich gerne mal mit DEMENTED ARE GO, LILLY AND THE PUTNIKS, JIMMY AND THE SPUTNIKS oder last but not least: MOTÖRHEAD. Eine meiner Lieblingsbands.
Du hast Kinder, dein Sohn ist 16 geworden. Jetzt, da eure Musik massenkompatibler wird – und das ist hier mal als Kompliment gemeint –, wie wollt ihr das mit dem Touren organisieren. Kann man, wenn man so eingespannt ist, die großen Routen planen, oder nehmt ihr einfach mit, was sich so ergibt?
Ich habe Angst vor Massen. Von daher ist mir Massenkompatibilität ohnehin suspekt. Ja, wir planen immer rigoros und bestreiten nur ein Bruchteil der Konzerte, für die wir angefragt werden. Eben immer so, dass ich möglichst selten und nur kurz weg bin von zu Hause. Meine Kinder sind mir logischerweise wichtiger als der ganze Musikzirkus, und genau das ist unsere Chance und der Bonus in diesem Showbusiness. Natürlich nicht zur Freude unseres Managements oder unserer Booking-Agentur, die uns am liebsten immer „on the road“ hätten. Was jedoch unsere musikalische Entwicklung und Eigenheiten betrifft, bedeutet weniger oft mehr. Es ist wie beim Kochen, nicht die Quantität der Ingredienzien, sondern die Qualität schafft die feinen Nuancen.
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