HIGLEY sind die (gar nicht mal so) neue Band von DESCENDENTS-Schlagzeuger Bill Stevenson sowie Kevin Carl und Duane Kiener, die beide einst bei G-WHIZ spielten, ergänzt um Sänger James Menefee (unter anderem FUN SIZE, RIVER CITY HIGH). Ihre Musik ist sonniger Punkrock, kaum ein Song ist länger als zwei Minuten. Gegründet schon vor Jahren, schafften sie es erst jetzt, ihr erstes Album zu veröffentlichen, wegen anderen Prioritäten und so was. Kevin beantwortete meine Fragen.
Kevin, schaut man sich mal deine Diskografie bei Discogs an, scheinst du seit Mitte der Neunziger von der musikalischen Bildfläche verschwunden gewesen zu sein, und damit auch G-WHIZ. Was haben du und Duane seitdem getrieben?
„Verschwunden“ trifft es ganz gut. Ich bin ein eher ruhiger Typ, bin gerne allein, und genauso ist es mit Duane. Als wir beide noch Teenager waren, liefen wir immer nachts die Hauptstraße in unserem Ort rauf und runter und redeten über die großartige Band, die wir eines Tages gründen würden. Die würde klingen wie die BEACH BOYS, DESCENDENTS, RAMONES und VAN HALEN zusammen, denn das waren unsere Lieblingsbands, mit denen wir aufwuchsen. Unser Problem war, dass wir nicht zum Rock- oder Punkrock-Star taugten. Duane war schon 1992 oder 1993 raus, widmete sich seiner Familie, und ich hielt G-WHIZ dann noch eine Weile am Leben, aber irgendwann war ich müde von der ganzen Musikszene und wollte nicht mehr ständig das Gefühl haben, etwas sein zu müssen, was ich nicht war. Dann wurde mein Sohn geboren und ich schrieb weiterhin Songs, aber fragte mich irgendwann, wozu eigentlich, wenn die doch sowieso niemals jemand hören wird. Ich besorgte mir dennoch ein Schlagzeug und einen Vierspurrekorder und schrieb noch viel mehr Songs. Ich hatte dann meine One-Man-Band, spielte alle Instrumente selbst, obwohl ich auf keinem wirklich gut bin. Das war der Beginn von HIGLEY.
G-WHIZ waren für mich eine dieser Lookout-mäßigen Bands, obwohl ihr gar nicht auf Lookout Records wart.
Ja, das haben mir immer wieder mal Leute gesagt, aber die Bands, die die meinten, habe ich nie gehört. Mein Ding waren immer schon mehr diese südkalifornischen Bands mit Surf- und Skate-Einfluss wie BLACK FLAG, DESCENDENTS, D.I., T.S.O.L., AGENT ORANGE, THE LAST und so weiter – und natürlich JFA hier aus Arizona. Meine musikalische Idee war immer schon eine Punk-Version der BEACH BOYS, und viele der eben genannten Kalifornier machten schon genau das. Ich wollte mit G-WHIZ von Anfang an den perfekten BEACH BOYS-Punk-Song schreiben, was mir leider nie gelang. Und dann lösten sich G-WHIZ auf: Angel, unser Drummer, fing an, Medizin zu studieren, und irgendwie war dann die Luft raus. Mit ihm zusammen konnte ich gut Songs schreiben, die wurden einfach besser durch seinen Input, und ohne ihn machte das dann keinen Spaß mehr. Er ermutigte mich weiterzumachen, aber wie schon gesagt, ich war damals einfach durch mit dem ganzen Musikding.
Fast forward nach 2017: Das HIGLEY-Album erscheint, plötzlich und unerwartet. Dabei gibt es eine Vorgeschichte.
Die Idee zur Band geht auf das Jahr 2001 zurück, und ab da wurde aus der Idee dann nach und nach eine richtige Band. Zuerst waren da nur ich und eine Gitarre, ein Bass, ein Drumkit, Keyboard und ein Vierspurgerät. Jetzt brauchte ich nur noch jemanden, der singt. Ich fragte so einen Heavy-Metal-Typen, denn ich von der Arbeit kannte, ob er nicht zu meinen Songs singen könne. Als Nächstes fragte ich meinen alten G-WHIZ-Kollegen Duane, ob er nicht die Bassparts neu einspielen könne, und Greg, ebenfalls mal bei G-WHIZ, nahm auch Bass-Spuren auf. Nach und nach hatte ich zwanzig, dreißig Songs zusammen. 2007 rief ich dann Bill Stevenson an, den ich schon seit 1986 kenne und zu dem ich immer aufblickte wie zu einem großen Bruder. Ich erzählte ihm, ich habe da ein paar Songs, die ich gerne aufnehmen würde, und so nahmen wir im März 2008 bei ihm im Blasting Room fünf Songs auf, allerdings ohne Gesang. Ich versuchte, ein paar Freunde, die selber in Bands spielen, zu überreden, bei meinen Songs zu singen, aber irgendwie wird das Leben mit den Jahren immer komplizierter und es hatte nie jemand Zeit dafür.
Klingt so, als hättest du fast aufgegeben.
Fast! 2010 nahm ich dann drei weitere Stücke im Flying Blanket Studio meines Freunds Bob Hoag auf – wieder ohne Gesang. Nachdem es mir bis Dezember 2014 nicht gelungen war, einen Sänger zu finden, war ich so frustriert, dass ich Bill sagte, er könne mit den Songs machen, was er wolle, vielleicht habe er ja eine Verwendung dafür. Doch zwei oder drei Wochen später rief mich mein Freund Pete Nerhing an und sagte, ich solle mir mal die Band FUN SIZE anhören, sein Kumpel James Menefee singe da und vielleicht wäre das ja eine Option. Und dann kam James nach Arizona, wir nahmen den Gesang zu den acht Songs auf, die bereits im Kasten waren, nahmen das neue „Daddy’s promise“ auf und beschlossen, noch drei Songs nachzulegen, damit wir genug für ein Album haben. Und das erledigten wir dann im August 2016 im Blasting Room und damit war das Album endlich fertig.
Klingt nach einer ziemlichen Tortur ...
Ja, HIGLEY wurden im Laufe der Jahre immer mehr zu einem Monster. Das Ganze begann mich fertig zu machen: am einen Tag war ich euphorisch und am anderen wollte ich mich einschließen und nie mehr das Haus verlassen. Aber ich musste ja meine Rechnungen zahlen und mein Sohn brauchte mich, und irgendwie fraß mich das alles auf.
Und das bei Musik, die so fröhlich klingt – wie perfekter Pop-Punk eben klingt.
Ich weiß nicht, ob ich da von perfektem Pop-Punk sprechen würde, aber klar, ich hatte immer den Plan, den perfekten BEACH BOYS-Punk-Song zu schreiben, wie ich vorhin schon sagte. Erfreulicherweise haben bei HIGLEY alle Beteiligten eine Menge Erfahrung, waren in diversen Bands, die so ähnliche Musik machen, und so fiel uns das Album in stilistischer Hinsicht leicht – jeder wusste, was zu tun war. Das war damals bei G-WHIZ noch anders, wir waren jung und mussten noch viel lernen in Sachen Musik. Das war es auch, was mich all die Jahre wurmte: Damals waren wir jung und wussten nichts und haben trotzdem Platten gemacht, und jetzt wusste ich alles und bekam trotzdem das Album nicht fertig.
Das ist seit ein paar Wochen raus, auf zwei Labels aus Deutschland: CD auf Dead Serious, LP auf Flight 13. War in den USA kein Label interessiert ...?
Wir waren mit ein paar Labels hier in Kontakt, aber keines meldete sich mehr zurück – vielleicht ja deshalb, weil wir alte Typen sind und nicht mehr jung und hübsch, hahaha. Wir veröffentlichten die Platte dann erst mal selbst via CDBaby und Bandcamp, und ein paar Tage später meldeten sich dann Andy von Dead Serious und Tom von Flight 13. Beide sind echt gute Typen, mir kommt es so vor, als würde ich Andy schon ewig kennen. Wir haben jetzt gleich zwei coole Labels, die sich um uns kümmern.
Wie sieht’s mit einer Tour aus?
Ja, wir haben das durchaus vor, vielleicht zusammen mit einer größeren Band. Bill ist allerdings stark auf die DESCENDENTS fokussiert gerade, die spielen dieses Jahr sehr viele Shows, der wird also nicht mit uns touren können. In den USA spielen wir ein paar Shows mit Bob – der mit dem Studio – am Schlagzeug, aber ob der touren und sein Studio so lange alleine lassen kann, ist fraglich. Angel hätte aber durchaus Bock, das wäre cool. Wir sind über die Jahre in Kontakt geblieben, er besucht mich hin und wieder und dann jammen wir zusammen. Behaltet am besten mal unsere Facebook-Seite im Blick, dann seht ihr, wenn es konkrete Pläne gibt.
Bleibt zum Schluss nur noch die Frage, wer oder was Higley ist. Ich fand auf Anhieb nur einen alten Ortsnamen in Arizona.
Damit hat das am Rande was zu tun. Es gibt da, wo ich wohne, eine Straße, die nach diesem Ort benannt ist, und an dieser Straße befindet sich mein Lieblingsmexikaner namens Mattas. In der Straße ist ständig Stau, weil die zum Highway führt, und ich scherze immer: „Mann, ist das wieder voll hier, die wollen wohl alle zu Mattas!“ Und zu Ehren von Mattas nannte ich mein Musikprojekt dann eben HIGLEY.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #133 August/September 2017 und Joachim Hiller
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #132 Juni/Juli 2017 und Wolfram Hanke