HELLGREASER

Foto© by Roman Holtwick

Licht im Horrorpunk-Keller

Seit 2011 treiben die Wuppertaler Horrorpunks ihren melodischen Gritty-Punk durch das Land. Die zweite LP „Symphonies Of Horror“ von 2021 darf getrost als ihr Durchbruch angesehen werden. Es folgte eine Split-LP mit THE CRIMSON GHOSTS, ehe nun dieser Tage „Hymns Of The Dead“ das Licht des Horrorpunk-Kellers erblickt. Die Kölner agieren zu fünft, was nicht immer so war. Das gibt Pfeffer, Druck und noch lautere, melodiösere Gitarren. Ich durfte vorab reinhören und Sänger und Texter Slaughter Lamb einige Fragen stellen.

Betrachtet man das Coverartwork, weiß man bei euch sofort, worum es musikalisch geht, und man wird nicht enttäuscht. Welche Rolle spielt das?

Ja, das Artwork vermittelt eine gewisse trügerische Sicherheit. Niemand rechnet damit, dass auch am helllichten Tag Monster und Dämonen existieren. Auf dem Cover ist unser Hellgreaser in der sogenannten „Golden hour“ auf einem Friedhof zu sehen, und verbindet somit die schönste Tageszeit mit dem Tod. Alpha und Omega. Wir wollen stilistisch etwas Eigenes erschaffen, das nicht so ganz der Norm entspricht, und uns dadurch abheben. Wie bei den letzten Scheiben hat Chris Cranium das grafische Konzept und Layout vorbereitet, Roberto Parada hat es umgesetzt, und die beiden haben ganze Arbeit geleistet. Seit „Symphonies Of Horror“ begleitet uns Roberto grafisch und gibt HELLGREASER somit einen eigenen Stil. Und bis jetzt funktioniert das auch ganz gut ungeschminkt.

Schon eure letzte LP mit dem Supersong „Julia“ wurde von Sick Taste Records in Kooperation mit Sunny Bastards releaset. Nun seid ihr komplett bei Sunny Bastards. Wie lief das ab?
Wir sind Andreas von Sick Taste Records da echt zu 100% zu Dank verpflichtet. Er hat bei „Symphonies Of Horror“ einen sehr guten Job gemacht und ohne ihn wäre der Kontakt zu Sunny Bastards nicht zustande gekommen. Chris von Sunny Bastards fand uns echt gut und hat uns gefragt, wie es um unsere Zukunft bestellt ist. So ist eins zum anderen gekommen und wir fühlen uns dort sehr wohl.

In einem Interview las ich eine leichte Dünnhäutigkeit bei euch heraus, als es um die Frage nach Besetzungswechseln ging. Ihr wart ja auch mal zu dritt. War das alles so wild?
Nee, so wild war das alles gar nicht. Es ging im Großen und Ganzen häufig um Sachen wie Gesundheit und dass die Zeit, die dabei draufgeht, unterschätzt wurde. Aber seit der Tour im Januar sind wir mit Gabo endlich komplett. Sicherheit hast du leider nie. Es kann immer sein, dass jemand von uns plötzlich erkrankt und nicht mehr kann oder irgendetwas anderes passiert, das nicht vorhersehbar ist. Aber wenn du mit deiner Frage meinst, ob wir vorhaben, auch in Zukunft als Team weiterzumachen, dann kann ich das mit einem klaren Ja beantworten.

Der neue Gitarrist Gabo spielt ja nun eine große Rolle. Wie schnell merkt man als Band, ob ein neues Mitglied neben dem musikalischen auch menschlich reinpasst?
Der Fokus liegt bei mir prinzipiell immer zuerst auf dem Menschlichen. Wenn das nicht passt, kann derjenige so gut sein, wie er will, aber nicht in meiner Blase. Bei Gabo war es ein absoluter Glücksfall. Er hat uns zuerst als Gitarrist begeistert, auf der Tour mit den BLOODSUCKING ZOMBIES FROM OUTER SPACE hat er uns auch sofort menschlich überzeugt. Wir hatten vor der Tour nur zwei gemeinsame Proben, das war ein Sprung ins kalte Wasser, hat aber super geklappt! Einfach topp, der Mann.

Gehen wir näher auf das neue Werk ein. Der Opener erinnert mich irgendwie an den Klassiker „She’s my ex“ von ALL ... Zufall?
Auch auf die Gefahr hin, dass ich dafür gesteinigt werde, aber da muss ich tatsächlich passen, weil mir der Song leider gar nichts sagt. Sorry, ich schäme mich auch ganz doll.

Bei „Take it all away“ klingst du etwas nach Mike Ness. Kann meine exklusive Meinung sein, aber der amerikanische Faktor scheint mir schon mächtig hoch?
Ist das so? Ich habe mir beim Songwriting keine Gedanken gemacht in der Richtung „Klingt wie ...“, wenn ich das Grundgerüst schreibe. Von den anderen Jungs kommt ja auch eine ganze Menge, die alles sehr schön ergänzt, um das Ganze rund zu machen. Aber Mike Ness lasse ich mir gefallen. Dankeschön.

Bei „Hymn of the dead“ ist Hans von LEFT HAND BLACK zu hören, und Nim Vind bei „Her other side“. Wie kam es dazu?
LEFT HAND BLACK und Nim Vind kennen wir schon länger und es ist uns eine große Ehre und Riesenfreude gewesen, dass die beiden die Zeit gefunden haben, auf unserem Album mitzuwirken. Nim Vind hat sogar selber noch die Gitarre eingespielt. Aufgrund der Distanz konnten wir das aber nicht gemeinsam im Studio aufnehmen. Die Jungs haben uns ihre Parts geschickt.

Wie stehst du zum Begriff „Horrorpunk“ – ist der hinderlich oder förderlich?
Horrorpunk ist ja eigentlich kein fest definiertes Genre. Hör dir Bands wie THE CRIMSON GHOSTS, BLOODSUCKING ZOMBIES FROM OUTER SPACE, Nim Vind, LEFT HAND BLACK oder BLITZKID an. Das ist alles Horrorpunk, aber jeder hat seinen eigenen Style. Und was sich die Booker denken, weiß ich nun wirklich nicht. Horrorpunk ist eine kleine Nische, da haben wir mittlerweile einen guten Stand. Aber natürlich gibt es bei unserer Musik auch Schnittmengen mit der Gothic- oder Metal-Szene. Auf unserer Release-Party am 21.06. im Don’t Panic in Essen spielen HOLY MADNESS als Horrorpunk-Band, gleichzeitig haben wir aber auch mit NECK CEMENTARY eine Metal-Band dabei, die mit ihrem neuen Album aber thematisch gut zu uns passt.

Euer zweites Video zur Scheibe, „The fiends in me“, wirkt sehr geerdet. Geile Gitarren, aber eben kein Firlefanz. Und um die Musik geht es ja eigentlich auch. Oder ist das heute eher mutig, nicht auf heftige Bilder zu setzen?
Ich war noch nie so ein Fan von stumpfer oder roher Gewalt. Ja klar, wir machen düsteren Punkrock, aber ich denke, dass es deshalb nicht immer gleich auf Blut und Gedärme hinauslaufen muss. Der Text von „The fiends in me“ gibt ja auch keinen Anlass, in einen Blutrausch zu verfallen.

Einen schönen Abschluss bildet „Seasons of my life“. War der Song gesanglich der schwierigste Part des Albums?
Nee, tatsächlich bin ich an einem anderen Song verzweifelt im Studio, haha. „Seasons of my life“ ist mir inhaltlich ein besonderes Anliegen, da es auch ein sehr persönlicher Song ist. Aber schwer war der jetzt nicht unbedingt für mich.

Welcher Song war die Crux und warum?
An „Hymn of the dead“ bin ich verzweifelt. Ich hatte da gerade wieder einen Asthmaschub hinter mir, mit Krankenhausaufenthalt, Kortison-Kur und all dem Spaß, der so dazugehört. Wegen der Sache musste ich die Gesangsaufnahmen unterbrechen. Deshalb bin ich da stimmlich ziemlich in die Bredouille geraten. Aber nun ist es wieder gut.

Es erscheint auch eine hübsche Box zum Album. Wird damit ein Fanboy-Traum für euch wahr?
Es ist schon etwas Besonderes. An dieser Stelle auch noch mal einen Riesendank an Chris und Sunny von Sunny Bastards, dass sie an uns glauben und uns somit auch die Chance geben, eine solche Box herstellen zu können. Und nicht minder dankbar sind wir ebenfalls unseren Hörer:innen, die das Ganze erst möglich gemacht haben.

Und was wünschen sich HELLGREASER für sich und die Welt?
Wir wünschen uns eine Welt, in der wir aus einer Toilette trinken können, ohne Ausschlag zu kriegen ... haha. Nein im Ernst: Wir wünschen uns, dass die Unterstützung der Szene weiterhin so großartig ist, vor allem für Bands, die gerade neu anfangen, denn nur so bleiben die Bühnen lebendig, wie ich finde. Wir haben sehr viel großartige Unterstützung von THE CRIMSON GHOSTS, BLOODSUCKING ZOMBIES FROM OUTER SPACE, Nim Vind, LEFT HAND BLACK und THE OTHER bekommen. Das geben wir natürlich auch gerne wieder zurück und hoffen, dass das auch in Zukunft so bleibt.