HELL IS FOR HEROES

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English Indie at its best, buddy!

Auf die englischen Sympathen HELL IS FOR HEROES stieß ich das erste Mal 2003, als ich im englischen Städtchen Newport weilte. Damals erspähte ich ein Plakat, das auf ein baldiges HELL IS FOR HEROES-Konzert in der örtlichen „Students Union“, einer Art studentisch verwaltetem Club, hinwies. Großes Interesse weckte das Poster aber nicht, lediglich der prägnante Bandname brannte sich in mein Hirn ein.

Nun, mehr als zweieinhalb Jahre später, halte ich das zweite HELL IS FOR HEROES-Album „Transmit Disrupt“ in den Händen und bin vom Tiefgang und der Energie des Albums beeindruckt. Die im September 2005 gegründete Band vereint auf dem Album den Popappeal von JIMMY EAT WORLD mit einem Sound, dessen melodische Momente an die frühen GET UP KIDS und dessen rauhe, aufgekratzte Passagen an die melodisch-schöne Melancholie von LEATHERFACE erinnern. Das auf Burning Heart Records erschienene Album ist in meinen Augen eines der besten gefühlvollen Alternative-/Indierock-Alben aus 2005, denn kaum eine Platte passte besser in den verregneten Herbst. Und kaum eine Band ist, nachdem ein nahezu erdrückender Hype um sie geschürt wurde, so konsequent ihren Weg weiter gegangen wie HELL IS FOR HEROES.
Von diesem besagten Hype bekam man hier in Deutschland vielleicht nur wenig mit – im Vereinigten Königreich aber sorgte das im Februar 2003 veröffentlichte HELL IS FOR HEROES Debüt „The Neon Handshake“ für Furore. Die Band, damals noch beim Major EMI unter Vertrag, tourte der Bandwebsite zufolge im Veröffentlichungsjahr außergewöhnlich viel, sammelte hervorragende Reviews und landete letztlich in den Top 20 der Inselcharts. „Puuh, dass ‚The Neon Handshake‘ in die Top 20 der englischen Charts gehen würde, das hatte niemand von uns erwartet. Es war schön mitzuerleben, wie die Leute HELL IS FOR HEROES schätzten. Wir haben tollen Support von Fans und Label erhalten, dafür sind sehr dankbar“ eröffnet ein sehr entspannter und ruhiger Justin Schlosberg das Gespräch.

Es ist Herbst, er ist mit seinen vier Bandkollegen auf Tour und im späteren Verlauf des Abends wird er eine sehr schöne Show mit seiner Band spielen. Einer Band, von der man in meinen Augen noch viel erwarten kann. Schließlich bestätigen HELL IS FOR HEROES keinerlei Emo-Klischees. Die Band baut nicht auf eine sterile und massenkompatible Produktion ihrer Platten, sondern entwickelt aus einer persönlichen sowie musikalischen Ruhe heraus einen starken Sound. „Zu der Zeit, als ‚The Neon Handshake‘ heraus kam, war es okay für uns, auf einem Majorlabel zu sein. Wir fünf wachsen und somit wächst auch unsere Band. Es war unser erstes Album und damals wussten wir wenig darüber, wie man ein Album veröffentlicht, deswegen sind wir auch heute noch dankbar, dass EMI uns damals unter die Arme griff und half, den Erfolg des Albums herbei zu führen. Das von mir angesprochene Wachstum führte mit der Zeit aber dazu, dass wir aus dem Deal herauswuchsen. Große Videoproduktionen und das ganze Bohei, das um eine Band manchmal gemacht wird, stört uns mehr, als dass es uns erfreut. Deswegen haben wir uns mit der Zeit vielen Dingen verweigert und wurden zu einer schmerzhaften Band für unser Label. Schließlich sind wir keine Band, die sich irgendwas sagen lässt.“
Nun, EMI verließ man bekanntlich, um „Transmit Disrupt“ europaweit auf Burning Heart und in den USA auf Epitaph zu veröffentlichen. Der kleine Geniestreich der Briten weist neben einer tollen musikalischen Mischung auch gute Texte auf, die oft einen politischen Hintergrund erkennen lassen. Diesen politischen Anspruch kleiden HELL IS FOR HEROES aber in aller Regel in persönliche Texte, so dass man schnell einen Bezug zu ihren Songs aufbauen kann. „Zunächst haben wir das Album nur in England und selber heraus gebracht. Denn wir wollten nicht, dass jemand zwischen uns und unsere Fans geschaltet ist. Wir wollten die unmittelbaren Verantwortlichen sein und somit genau unsere Vision von dem, wie das Album klingen und wie es vermarktet werden sollte, umsetzen. Nachdem wir bei ‚The Neon Handshake‘ mit einer großen Firma gearbeitet hatten, wollten wir es dieses Mal alles selber machen und die andere Seite des Extrems ausprobieren. 2006 wird das Album aber auch, wie im restlichen Europa, in Großbritannien auf Burning Heart erscheinen“, holt der Engländer zu einer langen Wortfolge aus.
„Leider sind wir sehr bewusst an das Album herangegangen, wir hatten beim Schreiben ein genaues Bild davon vor Augen, wie die Songs klingen sollten. Leider deswegen, weil diese Art Songs zu schreiben für HELL IS FOR HEROES eher kontraproduktiv ist. Daher war der Start der Arbeit am Album sehr schwer, wir kamen nicht richtig voran und brauchten lange, ehe wir die Songs fertig gestellt haben. Normalerweise kommt ein Song sozusagen zu uns. Er entsteht, während wir im Proberaum jammen. Dieses Mal haben wir das nicht zugelassen. Als wir das Album aber geschrieben hatten und sahen, dass es uns trotz unserer Anfangsschwierigkeiten gelungen war, ‚Transmit Disrupt‘ zu einem solchen Album zu machen, wie wir es von Anfang an haben wollten, erfüllte uns das Erreichen dieses Ziels mit großem Stolz.“
Diese Aussage wirkt verwirrend, da die zwölf tollen Songs auf „Transmit Disrupt“ wie sie aus einem Guss wirken und direkt aus Emotionen heraus entstanden zu sein scheinen. „Ich finde, dass ‚Transmit Disrupt‘ ein sehr ehrliches Album ist. Es stellt einerseits ein authentisches Statement über uns, die Band, dar und andererseits die Welt, in der wir leben. Versteh’ mich nicht falsch, ich finde das Album wirklich toll und bin stolz darauf. Aber in meinen Augen ist ‚Transmit Disrupt‘ nicht unser künstlerischer Höhepunkt. Hätten wir diesen erreicht, dann könnten wir aufhören. Aber es ging bei HELL IS FOR HEROES immer darum, sich zu entwickeln und von Schritt zu Schritt immer etwas besser zu machen als zuvor. Deswegen stellt jedes Album eine weitere Stufe dar. Es geht immer weiter und wir versuchen uns mit jeder Veröffentlichung zu steigern. Mittlerweile arbeiten wir auch schon an unserem nächsten Album, konkrete Informationen kann ich dir aber nicht geben.“

Ein weiterer Aspekt, der mir HELL IS FOR HEROES sehr sympathisch macht, ist ihre dezente, aber kontinuierliche Unterstützung alternativer Medien und linkspolitischer Projekte. Die Band zwingt, wie auch in ihren Texten, niemandem eine Meinung auf. Mit Postings auf ihrer Website, in denen auf Kongresse, Versammlungen und derlei hingewiesen wird, mit Links zu besuchenswerten Seiten wie der britischen Sektion von Indymedia und Hinweisen im Booklet von „Transmit Disrupt“ hat die Band aber immer wieder klar gemacht, wo sie steht. „Wir sind zwar keine Band, die sich über eine politische Aussage definiert. Das hält uns aber nicht davon ab zu sagen, was uns auf dem Herzen liegt. Die Idee, die hinter alternativen Medien wie Indymedia steht, finde ich sehr gut. Deswegen machen wir auch auf unserer Website viele politische Veranstaltungen und Geschehnisse bekannt, um denen, die an HELL IS FOR HEROES interessiert sind, zu zeigen, dass es viele wichtige und lohnenswerte Veranstaltungen gibt, die nicht von der Mainstream-Presse aufgegriffen werden. Die englische Presse ist leider sehr darauf konzentriert, Dinge zu sensationalisieren.“
Und lenkt man den Blick weg von der englischen Nachrichtenpresse und schaut sich die am besten verkaufenden, meist wöchentlich erscheinenden englischen Musikzeitschriften an, so hat man genau den gleichen Eindruck. Sei es drum, ein durch Auflagen- und Preiswettkampf motivierter Sensationsjournalismus sollte einen nicht von einem UK-Besuch abschrecken, denn die dortige Musikszene ist hochinteressant. Und mit HELL IS FOR HEROES ist eine Band unter uns, die mittlerweile zu den besten von der Insel gehört und mit „Transmit Disrupt“ ein großes Album veröffentlicht hat.