HECKSPOILER sind zurück. Eigentlich war das Bass-Schlagzeug-Mundart-Duo aus Oberösterreich nie weg, schließlich erschien ihr erstes Album „Synthetik Athletik“ vor gerade einmal zwei Jahren. Zu dem erneut auf Noise Appeal veröffentlichten Nachfolger „Tokyo Drift“ beantworteten uns Bassist Thomas Hutterer und Drummer Andreas Zelko einige Fragen.
Was genau ist ein „Tokyo Drift“?
Andi: Mit dem Auto mit massiver Geschwindigkeit und Präzision eine Kurve in Querlage nehmen und dabei hoffen, nicht im Graben zu landen. Außerdem erschien uns der Titel trashig genug.
Thomas: Schrille Leuchtreklamen in Neonfarben und in der Nacht, bei einem Autorennen in der Großstadt, mal schön einen Wagen mit Heckantrieb um die Kurve schleudern.
„Da Ortskern verranzt, die Jugend stirbt weg“, singt ihr ihm oben erwähnten Titeltrack eures Albums. Ist das dort, wo ihr lebt, Lebensrealität?
Andi: Das ist zumindest da, wo ich herkomme, sicherlich genau so geschehen. Meine Jugend war geprägt von Proberaum, Skatepark und Jugendzentrumskonzerten und das eben im Ortskern. Mittlerweile gibt es dort nicht einmal mehr einen Kaufmannsladen oder einen Zigarettenautomaten. Von einer „Szene“ brauchen wir gar nicht zu sprechen.
Thomas: Das ist leider traurige Wirklichkeit. Alle großen Firmen und Konzerne siedeln sich an den Ortsumgehungsstraßen an. Dort kann man dann einkaufen und mit dem Auto herumfahren. Das ist aber nicht mehr das, was einen kleinen Ort auszeichnen sollte.
Autofahren ist ein großes Thema auf eurer Platte, aber was habt ihr eigentlich gegen E-Bikes?
Andi: Ich bin gegen vieles, aber sicherlich nicht gegen E-Bikes. Ich hätte ja selbst gerne eines. Wenn wir in „Elektrobike“ singen „Wir wissen, wo dein E-Bike steht“, sprechen wir eher auf humoristische Weise einen speziellen Menschenschlag an.
Thomas: Wer will denn kein E-Bike? Ohne ist Radfahren doch super anstrengend.
„Profiliga“ finde ich inhaltlich sehr interessant. Diese Einstellung, alles erreichen, aber nichts dafür tun zu wollen. Hattet ihr beim Schreiben des Textes jemanden Bestimmtes im Sinn?
Andi: Alle unsere Texte betreffen bis zu einem gewissen Grad immer uns selbst, gleichzeitig aber auch sehr viele andere. Mir ist es schon wichtig, uns selbst aufs Korn zu nehmen und den Spiegel vorhalten zu können. Höher, weiter, schneller. Egal ob in der Band, im Beruf, beim Sport, wo auch immer, das betrifft doch uns alle.
Thomas: Genau. Ich erwische mich selbst immer wieder dabei. Kürzlich habe ich einen Tanzfilm beziehungsweise eine Performance gesehen und wollte sofort unbedingt so graziös, sexy und trittsicher tanzen wie die betreffende Künstlerin. Aber dafür üben will ich eigentlich nicht.
Diese Frage gilt auch für „Angst“. An wen richtet ihr Worte wie „Alles, was du kannst, ist Hass, alles was du machst, ist rein Panik“?
Andi: Hier sprechen wir das Thema Ängste im Allgemeinen an. Denn auch das, so denke ich, betrifft in unterschiedlichster Form uns alle. Wenn daraus aber Hass resultiert, ist das natürlich eine schlimme Sache. Interpretationsspielraum ist hier definitiv gegeben.
Thomas: Angst ist in unserer Gesellschaft sehr präsent. Es ist schade, dass Angst so viele Menschen daran hindert, einmal etwas Neues auszuprobieren oder sich beispielsweise bei politischen Themen nicht von Furcht und Hass leiten zu lassen.
Und mit wem wollt ihr in „Vendetta“ abrechnen?
Andi: Mit Social Media. Die Welt wird sowieso irgendwann brennen, also sollten wir uns davor alle nicht so wichtig nehmen. Apocalypse now.
„Und morgen her i fix zum Saufen auf“, heißt es wiederum in „Saufen“. Selbstreflexion oder Außenwahrnehmung?
Andi: Beides! Haha.
Thomas: Droge Nummer eins! Der Song zeigt Probleme auf, die man mit Alkohol super hinunterspülen kann. Und wie schön, aber auch tragisch so eine Abhängigkeit sein kann. Außerdem haben wir doch alle schon einmal gesagt: „Ich trinke nie wieder einen Tropfen.“
Eure Texte sind meist in Mundart aber nicht immer. Warum? Würde ein Satz wie „Ruhe im Puff, jetzt ist Schluss“ dann nicht mehr funktionieren?
Andi: Das geschieht je nach Lust und Laune, wie schon beim ersten Album. Rein theoretisch könnten alle Songs in Hochdeutsch formuliert werden. Das haben wir sogar probiert, dann aber entschieden, dass zwei, drei Songs in Hochdeutsch besser klingen und es uns aber Spaß bereitet zu variieren.
Thomas: Es gibt schöne Wörter oder Floskeln, die in Hochdeutsch beziehungsweise dann wieder in Mundart funktionieren.
Was macht das mit euch als Band, zwei Alben mitten in einer Pandemie herauszubringen?
Andi: Wir hatten ja keine andere Wahl, haben einfach weitergemacht, Songs geschrieben und geprobt, sofern es natürlich gerade erlaubt war. Als Duo haben wir es da vermutlich ein wenig leichter, und was Corona betrifft, waren wir uns zum Glück immer einig. Ich hatte nie das Bedürfnis, irgendetwas auf Eis zu legen oder abzuwarten. Und derzeit schaut es ja ganz gut aus, dass wir „Tokyo Drift“ ohne Einschränkungen präsentieren können.
Habt ihr die Pandemie an den Verkaufszahlen bemerkt? Wie ist es als Band, eine Platte fertig zu haben und diese nicht live präsentieren zu können?
Andi: Meine Erwartungen wurden sogar übertroffen, da es vom ersten Album mittlerweile sogar schon eine Nachpressung gibt. Damals dachte ich eher, oh Scheiße, auf dieser Platte werden wir auf ewig sitzenbleiben. Danke an dieser Stelle. Wir spielten 2020 und 2021 dreißig Konzerte in verschiedensten Formen und Ländern. Im Sitzen, mit und ohne Maske, mit Markierung und Abstand oder begrenzten Zuschauerzahlen und so weiter. Wir hatten ja die Platte in der Hand und wollten unbedingt spielen, egal wie.
Thomas: An erster Stelle war ich froh, dass wir eine geile Platte veröffentlicht haben. Natürlich gab es durch die Pandemie einige Absagen, aber ich war immer optimistisch, dass wir früher oder später wieder live spielen können.
Abschließend zurück zur Mundart. Ihr lebt ja auf dem Land, wärt ihr Großstädter, würdet ihr dann auf Hochdeutsch oder gar Englisch singen?
Andi: Nein. Aber schauen wir mal, was die Zukunft bringt. Alles ist erlaubt, solange uns das Spaß macht.
Thomas: Wahrscheinlich hätte uns die Großstadt schon anders geprägt. Wir würden vielleicht andere Musik machen und andere Texte singen. Wo wir in Zukunft leben oder wo wir uns künstlerisch hinbewegen, kann man aber nicht vorhersagen.
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