HEART ATTACKS

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Full Non-Stop-Punkrock-Attack!

Kennt jemand diese magischen Momente, wenn man ohne allzu große Erwartungen eine neue Platte auf den Teller legt und von dieser Scheibe in der nächsten halben Stunde total aus den Socken gehauen wird? Ich hatte dieses Erlebnis vor kurzem mit der Platte „Here Comes ...“ von den HEARTATTACKS aus Stockholm, Schweden. Mein Gott, was für ein Garagenpunk-Orkan! Wer meine Plattenkritik im Ox #59 gelesen hat, wird gesehen haben, wie ich mich da schon vor Superlativen überschlagen habe, also wiederhole ich das hier nicht groß. Lasst euch nur gesagt sein: die HEARTATTACKS sind großartig und haben meiner Meinung nach das Zeug, die Tradition der großen Bands fortzuführen, die Mitte der 90er Jahre auf Crypt oder Rip-Off Records veröffentlicht haben. Was lag also näher, als Magnus (Gitarre/Gesang), Tomo (Bass/Gesang) und Zeta (Schlagzeug) zu kontaktieren und alles Wesentliche zu erfragen.

Obwohl sie auf ihrem oben erwähnten Debütalbum noch als Quartett fungieren, ist die Band mittlerweile nur noch zu dritt unterwegs, da Gitarrist Klack die Band verlassen hat. „Wir glauben, dass er einfach keine Lust mehr hatte. Er tauchte bei den Proben nicht mehr auf und fing an, sich seltsam zu verhalten. Die HEARTATTACKS machen jetzt als Trio weiter, weil auch unser Publikum uns so für besser hält. Es ist halt die ultimative Besetzung.“ Vor den HEARTATTACKS haben sich die Musiker ihre Sporen übrigens in diversen anderen Bands verdient. Zeta hat auf den ersten beiden Singles der DONTCARES gespielt, „aber ich bin ausgestiegen, als die anderen von mir verlangt haben, dass ich mir Koteletten wachsen lasse.“ Magnus war vorher bei den BLACKS: „Wir haben sieben Singles veröffentlicht und zwei US-Touren gemacht. Dann hab ich noch zusammen mit Martin Savage und Don Wanna in einer Band namens KAMEN RIDERS gespielt, aber wir haben nie etwas aufgenommen. Die TOKYO KNIVES haben die Songs später gecovert.“

Bei letzteren war dann bereits Tomo am Start, nachdem sie in ihrem Heimatland Japan bereits bei MACARONI spielte. Wie kommt es überhaupt, dass es eine Japanerin nach Schweden verschlägt? „Ich hab die schwedischen Jungs geliebt! Aber jetzt liebe ich die norwegischen Jungs.“ Na so ein Pech aber auch ... Neben den HEARTATTACKS bedient Tomo noch bei SOFIA & THE NEEDLES den Bass, bei denen übrigens auch Kenny Hellacopter mitspielt (sofiahardigandtheneedles.com).

Das war jetzt schon eine ganze Menge Namedropping, und wenn ich mir Stockholm momentan genauer ansehe, fallen mir schnell noch weitere ein wie z. B. die MANIKINS, SONS OF CYRUS und auch der Name Thomas Savage. Gibt es da so etwas wie eine neue Garagenpunkszene in Schwedens Hauptstadt? „Nein, es ist eigentlich wie immer. Bands und Clubs kommen und gehen, wobei immer irgendwie dieselben zehn Leute an den verschiedenen Projekten beteiligt sind. Und Thomas ist der Typ, der immer lächelt und die ganzen Shows in Stockholm bucht, die es auch wert sind hinzugehen. Er macht auch noch Savage Records und das gleichnamige Magazin.“

Also werden die HEARTATTACKS mit dem Krach, den sie machen, leider wohl nicht so große Beachtung finden wie andere Landsleute. Stellt sich die Frage, warum sie nicht den einfachen Weg wählen und erfolgreichere Musik machen wie z. B. die HELLACOPTERS, MANDO DIAO oder gar ENTOMBED. Magnus meint: „Also MANDO DIAO finde ich ganz schön langweilig.“ Wunderbar, ich nämlich auch! Und scheiße noch dazu! Aber was ist mit den anderen beiden Bands? „Ich mochte die HELLACOPTERS, als sie angefangen haben, aber nach einer gewissen Zeit kam es mir vor, als ob ihre Songs und Gitarrensoli länger und länger wurden. Sie wurden zu sehr R.O.C.K.! Ich mag da eher Musik, die zum Tanzen animiert! Und mit Bands wie ENTOMBED hab ich mich nie wirklich beschäftigt.“

Bei Zeta liegt der Fall etwas anders: „Ich hab ja immer noch den Traum, einer Death Metal-Band beizutreten, aber ich kann mir dieses Riesen-Drumkit nicht leisten.“ Aber die HEARTATTACKS machen glücklicherweise ihr eigenes Ding, wobei die Liebe zur Musik wohl die größte Rolle spielt. Beim ersten Hören haben sie mich übrigens nicht unerheblich an eine legendäre japanische Band erinnert. Zeta weiß auch sofort, um wen es geht: „Ich hab TEENGENERATE eigentlich kaum gehört, aber irgendwie sagt jeder, wir würden klingen wie sie. Meine Einflüsse sind eher die DEVIL DOGS, RAMONES und MÖTLEY CRÜE. Klack wollte sogar Bruce Springsteen-Songs spielen.“ Oh Gott, zum Glück ist der ausgestiegen! Magnus meint noch: „Ich liebe TEENGENERATE! Aber es lag uns nicht im Sinn, sie zu kopieren. Als wir mit der Band anfingen, wollten wir irgendetwas spielen, das sich anhört wie THE SAINTS, THE KIDS und dieses coole Punkrockzeug. Aber ich denke, die Intention hatten TEENGENERATE damals wohl auch.“

Ganz meine Meinung, und der Vergleich war auch keineswegs als Plagiatsvorwurf gemeint, denn ich finde, bessere Vorbilder kann man gar nicht haben. Das dachte sicherlich auch Peter vom deutschen P.Trash Label, so dass die HEARTATTACKS dort ihr Debütalbum veröffentlichten. Wie kam der Kontakt zustande? „Er hat unser erstes Demo gehört und wollte es sofort als LP rausbringen. Er ist ein echt toller Kerl und er bringt seine Sachen wirklich schnell raus. Man muss nicht ein oder zwei Jahre auf die Platte warten, wie z. B. bei der BLACK-Single auf Rockin’ Bones, bei der die Veröffentlichung zweieinhalb Jahre gedauert hat! Außerdem scheint Peter das Zeug, das er veröffentlicht, auch wirklich zu mögen.“

Einige neue Songs sind mittlerweile auch im Kasten, die der großartigen LP in nichts nachstehen. Ein Song wird auf der „Killed By Trash“-Compilation auf P.Trash erscheinen und der Rest als Single auf Ken Rock Records. Und wenn die Band auf Konserve schon so umwerfend ist, frage ich mich natürlich, was man von den HEARTATTACKS als Live-Band erwarten kann. „Wir haben bisher kaum außerhalb von Stockholm gespielt, nur im Juli waren wir für drei Shows in London.“ Aber im Oktober beehrt die Band auf ihrer Tour mit ihren nicht minder grandiosen Landsleuten von den MANIKINS endlich auch deutsche Bühnen. „Ihr könnt eine totale Non-Stop-Punkrock-Attacke erwarten, die euch durchtanzen lässt, bis ihr zusammenbrecht! Und natürlich eine Riesenbühnenshow, für deren Transport wir vier Lkw brauchen werden ...“

Hm, ob da vielleicht doch das oben erwähnte Death Metal-Drumkit dabei ist? Wer weiß, auf jeden Fall haben die HEARTATTACKS ein Talent dafür, auch punkrockuntypisches Publikum zu begeistern: „Einmal hat Tomo uns eine Show gebucht und wir haben nachher in der Zeitung gelesen, dass das Ganze in einem Drum’n’Bass-Club stattfindet. Das hat uns natürlich erstmal verwirrt, aber letztendlich wurde es eine großartige Nacht, denn: Everyone loves THE HEARTATTACKS!“ Dem kann ich mich nur anschließen! Hingehen und live ansehen!