HDQ

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Aufgehängt, entmannt, ausgeweidet, enthauptet und gevierteilt

HDQ aus Sunderland, UK waren Ende der Achtziger ihren Landsleuten weit voraus, denn während dort sonst noch die Nachwehen von Punk und New Wave in ihrer britischen Form verarbeitet wurden, orientierten sich HDQ klar an US-Vorbildern wie DAG NASTY, GOVERNMENT ISSUE oder HÜSKER DÜ, spielten äußerst melodiösen, kraftvollen Punkrock/Hardcore. 1990 löste sich die Band auf, man machte bei LEATHERFACE und in DOCTOR BISON weiter, spielte bei Bands wie RED ALERT, COCKNEY REJECTS und TOY DOLLS. Vor einigen Jahren erschienen auf Boss Tuneage Rereleases ihrer Alben „You Suck“, „Soulfinder“ und „Sinking“, denen dort (und in Zusammenarbeit mit Rookie Records) nun ein neues Album folgt. Eingespielt haben „Lost In Translation“ David „Golly“ Golledge (voc), Dickie Hammond (git), Skruff Owen (dr) Mick Jones (git) und Dean Liddle (bass), Golly beantwortete meine Fragen.

HUNG DRAWN AND QUARTERED, kurz HDQ, waren aktiv, bevor die meisten unserer Leser überhaupt geboren waren. Golly, kannst du bitte mal tief in deinen Erinnerungen graben und die frühen Tage, den Urknall von HDQ beschreiben?

Für mich waren die frühen Zeiten von HDQ die interessanteste und unvergesslichste Phase meines Lebens. Und ich denke, da kann ich für alle Bandmitglieder und Wegbegleiter sprechen , denn es waren nämlich auch ganz einfach die witzigsten Zeiten. Bei allem, was wir ernst genommen haben, haben wir nie den Spaß bei der Sache vergessen. Wir waren total ehrgeizig, absolut authentische und energische Live-Performances abzuliefern, sind die Sache aber nicht zu verbissen angegangen. Unvergesslich machte die Touren, dass wir nie nur als Band, sondern auch als Freunde unterwegs waren. Als uns kurz vor einem Gig in Berlin das Benzin ausging oder unserem Bassisten, ebenfalls kurz vor einer Show, sein Instrument geklaut wurde, war es uns, so unglaublich es ist, möglich, die Sache mit Humor zu nehmen. Genauso wie die Nacht in Paris, die wir nur in Shorts auf der Straße verbracht haben, weil wir nicht wussten, wo wir übernachten sollten. Wir hatten keine Ahnung, ob wir diese Nacht überhaupt überstehen würden. Wir haben verdammt großartige Shows in Großbritannien gespielt, aber es sind die Europatouren, die sich in meinen Kopf gebohrt haben. Vor allem die letzten beiden Touren mit THE ABS, das war definitiv wie ein Urknall. Und man profitiert noch immer davon: Auf Tour lernt man so viele nette Menschen kennen, mit denen ich teilweise noch immer intensive Freundschaften pflege. Das macht all die Sorgen, die Arbeit und den ganzen Stress, die so eine Tour mit sich bringt, vergessen. Wir hatten die große Ehre, in über zehn Ländern vor tausenden verschiedenen Menschen zu spielen und ich kann mich höchstens an eine Handvoll erinnern, bei denen ich keinen Wahnsinns-Adrenalinkick erlebte. Das sind unbeschreibliche Erinnerungen, die ich in meinem Herzen bewahre.

Ich habe eure Musik mal als nah an der von DAG NASTY, GOVERNMENT ISSUE und HÜSKER DÜ bezeichnet; als melodischen, druckvollen Hardcore-Punk.

Du triffst den Nagel auf dem Kopf. Vor allem DAG NASTY hatten großen Einfluss auf unser Songrwiting und Dickie hat sich viel von Brian Bakers Gitarrenspiel abgeguckt. Wir waren einfach verliebt in die amerikanische Hardcore-Szene und den beständigen Sound der Bands. Ich würde sogar behaupten, dass vieles von dem Zeug, was auch heute, zwanzig Jahre später, von „drüben“ herüberschwappt, immer noch die Authentizitätsprüfung bestehen würde – und das ist keine einfache Aufgabe. Und das kannst du auch bei unseren neuen Songs raushören, selbst wenn 23 Jahre zwischen den Releases liegen. Melodischer US-Hardcore wird immer der Haupteinfluss für HDQ bleiben und wir wollen es auch nicht anders.

Mit genau diesem Mix standet ihr Ende der Achtziger ziemlich alleine da, schließlich genossen Gothic, C86, Grebo und etliche anderen Stile mehr Zuspruch als Punk amerikanischen Zuschnitts. Habt ihr euch in der heimischen Szene nicht fremd gefühlt? Ich habe nämlich den Eindruck, dass das europäische Festland mit seiner aufstrebenden Hardcore-Szene da besseren Nährboden für eure Musik bot.

Da muss ich dir zustimmen. Die europäische Szene passte definitiv besser zu unserer Musik und unserem Lifestyle. Daher ist es kein Wunder, dass die besten Shows nun mal auf dem Festland stattfanden. Ich will die Szene hier natürlich auf keinen Fall schlechtreden, aber ich hatte teilweise schon den Eindruck, dass die Leute im Publikum eher auf Grunge oder den typischen UK-Sound abgefahren sind. Das war uns aber egal, wir haben einfach unser Ding durchgezogen und unsere Songs gespielt. Dabei fand sich immer jemand, der das Zeug gemocht hat, der nach den Konzerten auf uns zukam und sagte, dass es ihm gefallen hat. Du musst dir treu bleiben, worum sonst geht es. Es kann sich als riskant erweisen, das zu spielen, von dem du glaubst, dass die Leute es hören wollen, denn das würden sie irgendwann merken.

Es gab immer schon Verbindungen zu anderen Bands aus der Zeit: LEATHERFACE, DOCTOR BISON, THE JONES, THE ABS und INSTIGATORS. Kannst du uns Details dazu verraten?

Als HDQ sich auflösten, sind die anderen erst mal zu LEATHERFACE gerannt und ich stand alleine da, bis ich einmalig drei Songs für eine STOKOE-Single eingesungen habe. Die 7“ erschien übrigens ausschließlich auf Vinyl und wurde in Frankie Stubbs’ Studio aufgenommen. Dickie hat später unter demselben Namen eine Band gegründet. Mit ihm sang allerdings eine Frau. Konzerte haben STOKOE in der Formation, soviel ich weiß, nie gespielt. Daneben spielte Dickie noch bei DOCTOR BISON, hat damit auch einige Alben veröffentlicht und eine Tour in Europa gespielt. Zwei Jungs von ABS waren auch dabei. Die Verbindung zu den INSTIGATORS wurde eher aus der Not geboren: Nachdem uns der Bassist und der Schlagzeuger drei Wochen vor der Tour verlassen hatten, sind Cuzzy und Keith von den INSTIGATORS freundlicherweise in letzter Minute eingesprungen, so dass wir sie nicht absagen mussten. Zusammen mit dem Bassisten von DUB WAR gründeten ich und Dickie THE JONES. Mit „Gravity Blues“ haben wir ein Album und unter dem Namen FATTY JONES eine Single auf Astons Label Boss Tuneage herausgebracht. THE JONES waren eigentlich der perfekte Nachfolger von HDQ. Wir haben bis jetzt einen THE JONES-Song im Live-Set, den wir auch regelmäßig spielen und „Gravity Blues“ klingt exakt wie das, was wir aktuell machen.

Wie kam es zur Reunion ablief, wer war der Initiator, wer ist seit 2013 dabei, wer ging verloren?

Die Schuld oder den Dank für die Reunion könnt ihr an Graeme richten, den LEATHERFACE-Bassisten. Er war es, der Dickie ermunterte, HDQ wiederzubeleben. Das Erste, was Dickie tat, war tatsächlich, mich zu fragen, was ich von dieser Idee halte. Ich war sofort dabei. Also holten wir uns Lainey fürs Schlagzeug, Neil von den ANGELIC UPSTARTS drückten wir den Bass in die Hand und Mick Jones von LOUDMOUTH übernahm die zweite Gitarre. Schon nach dem Gig auf dem Rebellion-Festival verließen uns Lainey und Neil, so dass wir uns mit Andy, ebenfalls von LOUDMOUTH, und einem jungen Kerl namens Dean Liddle weitere Verstärkung mit ins Boot holen mussten. Nach ein paar Gigs und einer weiteren Rebellion-Show verließ Andy uns schon wieder, so dass wir Lainey dazu überreden mussten, wenigstens das Album einzuspielen. Es mag an unserem Pech liegen oder daran, dass Schlagzeuger einfach ein komischer Menschenschlag sind, jedendalls verließ Lainey uns, nachdem er nur fünf Songs eingetrommelt hatte. Mit Skruff von LEATHERFACE können wir allerdings behaupten, dass wir so cool sind, sogar zwei Schlagzeuger auf einem Album zu haben! Demnach besteht das aktuelle, und hoffentlich so bleibende Line-up aus Dickie Hammond und Mick Jones an den Gitarren, Dean Liddle am Bass, Skruff an den Drums und mir am Mikro. Jetzt fühlt es sich richtig an, daher hoffen alle, dass es endlich mal Bestand hat.

Und ihr habt ein neues Album raus.

„Lost In Translation“ wurde via Boss Tuneage und Rookie Records veröffentlicht. Vorab gab es die limitierte 2-Track-Vinyl-Single „Hand Me Down“. Wir wollten ein neues Kapitel aufschlagen. Wir dachten, dass es richtig sei, ins Studio zu gehen. Wir hatten so viel Input für neue Songs und fühlten uns selbstbewusst genug, sie auch zu veröffentlichen. Wir wollten nicht auf die Bühne gehen und einfach nur alte Sachen spielen. Wir schätzen die Songs so ein, dass sie den Fans der ersten Stunde auch gefallen werden, und hey, vielleicht gefällt es ja auch ein paar Leuten, die uns noch nicht haben sehen können, weil sie damals einfach noch zu jung waren.

Spielt Dickie denn immer noch bei LEATHERFACE, oder wie ist da der Stand der Dinge? Und was hält Frankie Stubbs von der Reunion? Habt ihr mit ihm überhaupt jemals darüber gesprochen?

LEATHERFACE haben sich vor ungefähr einem halben Jahr aufgelöst. Über die genauen Gründe müsstest du schon mit Dickie sprechen. Ich kann nur so viel sagen, dass HDQ damit nichts zu tun haben, also ist alles cool. Ich wage sogar zu behaupten, dass Frankie, obwohl ich seit der Reunion-Geschichte noch nicht mit ihm gesprochen habe, kein Problem damit hat.

In UK habt ihr ja schon einige Konzerte in dieser Konstellation gespielt. Wie liefen die Shows bisher? Und meinst du, das funktioniert hier auch?

Die zweite Gitarre macht live richtig Druck. Allein das kam bei vielen Leuten schon echt gut an. So etwas motiviert natürlich ungemein. Daher freuen wir uns tierisch auf die Tour im November. Also drück uns die Daumen, dass keine faulen Eier fliegen!

Aston von Boss Tuneage hat neben dem aktuellen Album jetzt auch die alten Scheiben aus den Achtzigern wiederveröffentlicht. Wie kam es dazu und wie ist euer Draht zu Aston?

Es könnte nicht besser sein. Wir sind absolut zufrieden mit Aston. Unsere Freundschaft basiert auf absolutem Vertrauen. Er lässt uns machen, was wir wollen, und vertraut uns dabei voll und ganz - eine glückliche Situation, die du in dieser Branche nicht oft findest. Daher war es für uns auch keine Frage, bei wem wir die neue Platte veröffentlichen. Uns ist zwar klar, dass bei dem Label nicht die große Kohle für uns herausspringt, aber die Rahmenbedingungen sind einfach perfekt, so dass kein anderes Label zur Debatte steht.