HÄXXAN (gesprochen „Hassan“) spielen fuzzig-poppigen Punkrock, stammen aus Israel und leben zur Zeit in Berlin. Da öffnen sich natürlich gleich zwei Klischee-Schubladen: „Politik“ und „Eis am Stiel“. Mit der ersten will Schlagzeuger Uri nichts zu tun haben. Bei der zweiten bin ich mir nicht ganz so sicher ...
Was heißt Unabhängigkeit für euch?
Unabhängigkeit ist der Schlüssel zu einem Leben in Frieden und Harmonie. Wie wir das in unserem Song „Between the river & the sea“ auch singen. Als Musiker beziehungsweise Individuum bin ich gerade ziemlich unabhängig, ich arbeite für kein Unternehmen, bin mein eigener Boss. In der Band sieht das ein wenig anders aus, da bist du ja nicht allein, die Band ist dein Team. Das ist manchmal schon ein wenig schwieriger. Unabhängigkeit gilt da für uns alle drei. Die Tatsache, dass wir weltweit unsere Musik machen können, macht uns aber schon recht unabhängig. Der Ort, aus dem wir stammen, hat das nicht so sehr zugelassen. Wir hatten nicht das Gefühl, zwangsläufig zu einem bestimmten Ort zu gehören, deswegen wollten wir raus und weltweit spielen. Nicht an einem Platz bleiben.
Diese Energie zeichnet euch als Band ja auch aus.
Ja, das ist auch enorm wichtig für uns. Eigentlich für das Leben überhaupt. Wir sind stolz darauf, mit viel Druck zu spielen. Und im Idealfall lassen sich die Leute um uns herum von unserer Dynamik anstecken, sind fröhlicher und selbst auch energiegeladener.
Ihr scheint aber auch ein humorvoller Haufen zu sein.
Ja, das ist wichtig. Humor lässt sich in nahezu jeder Situation anwenden. Sogar wenn du traurig oder wütend bist, kann Humor dir aus dieser Situation heraushelfen. Vielen Menschen heutzutage ist der Sinn für Humor ein wenig abhanden gekommen. Das ist in Ordnung, weil wir in Zeiten leben, die nicht so einfach sind. Aber er kann dir helfen, als Ablenkung vom Alltag oder unguten Gefühlen. In unserer Musik steckt viel Humor, auch wenn die Leute ihn manchmal gar nicht verstehen. Humor kann in so vielen Formen auftreten und sogar ernst sein, das muss nicht zwangsläufig lustig sein. Es ist wichtig, über sich selbst und gemeinsam mit anderen lachen zu können. Ein paar Witze zu reißen und die Menschen so in eine positivere Stimmung zu versetzen.
Aber seid ihr nicht auch mal richtig wütend?
Wut ist ja auch eine Form von Energie, aber eine stressbesetzte und ungesunde. Klar ist jeder mal wütend. Unsere Musik erweckt vielleicht auch bis zu einem gewissen Grad einen wütenden Eindruck, weil sie laut ist und schnell, manchmal auch ein wenig angespannt. Vielleicht hat Wut ja auch ihre guten Seiten? Immerhin ist es ja auch eine emotionale Verfassung. Wir versuchen zumindest, nicht wütend zu sein. Versucht das auch, verletzt niemanden im Moshpit, verschwendet eure Wut nicht an andere, haha. Wenn du wütend bist, gründe eine Band, nenne sie RAGE AGAINST THE MACHINE und warte ab, was dabei herumkommt.
Wie steht ihr allgemein zu politischen Fragen?
Politik ist scheiße. Politiker sind scheiße. Sie schreiben uns vor, was wir zu tun und wie wir zu leben haben. Das sollte nicht so sein. Wenn du eine Band aus Israel bist, wirst du zwangsläufig mehr oder weniger in eine politische Ecke gedrängt. Auch wenn du dich gar nicht dafür interessierst oder andere Ansichten vertrittst, schreiben dir die Leute immer gleich Politik auf die Stirn, wenn du sagst, dass du dort geboren bist. Das regt uns schon auf. Vor jeglicher Politik sind wir noch immer zuerst drei Leute in einer Gruppe. Wenn unsere Meinung irgendjemanden interessiert, sollte er sich einfach unsere Musik anhören und darauf achten, worüber wir da sprechen. Dann kann er auf uns zukommen. Niemand sollte einfach so zum Politiker abgestempelt werden. In der Musik ist es wichtig, Meinungen von Handlungen und von politischen Ansichten zu trennen. Die Politiker befinden sich nicht auf unserer Ebene, sie kommen nicht zu unseren Shows oder lesen das Ox. Sie sitzen am Schreibtisch und fällen Entscheidungen, die unser aller Leben betreffen, ohne dabei nach links oder rechts zu schauen. Das war jetzt aber ganz schön düster, haha. Politik ist heutzutage einfach eine sehr sensible Angelegenheit. Jeder wird mal eben in einer x-beliebigen Bar zum Politiker.
Eure Musik ist also nicht politisch. Welche Rolle spielt sie dann für euch?
Sie ist einfach alles für mich. Ich habe einen Großteil meines Freundeskreises über die Musik kennen gelernt. Über gute Musik. Also alles, was unabhängig ist. Musik muss keine Antworten auf irgendjemandes Fragen geben, solange sie von Herzen kommt. Das muss sie. Sie ist eine Form des Selbstausdrucks. Für uns ist sie auch die beste Möglichkeit, Dampf abzulassen.
Was hat es in dem Zusammenhang mit Alien Vampiro auf sich?
Alien Vampiro ist alles und nichts. Er ist ein Maskottchen. Er ist unsere Band. Er schreibt unsere Songs. Aber es gibt Gerüchte, dass er sich bald aus dem Staub machen wird. Wir sind zu seinem Planeten gereist und haben uns mit ihm angefreundet. Alien Vampiro könnte eigentlich jeder sein. Was tut Alien Vampiro für diese Welt? Er ist jedenfalls die treibende Kraft hinter der Band. Und er ist, im wörtlicheren Sinne, das Logo unserer Band, dieses Vampirgesicht, das ist Alien Vampiro. Er ist überall, aber er ist nicht so was wie ein Gott. Wir glauben nicht an Gott. Er ist nur ein sehr guter Freund. Er ist so was wie Eddie von IRON MAIDEN, ein fiktionaler Charakter, bei dem du am Ende nicht mehr weißt, ob er echt ist oder nicht. Er lebt unter uns.
Und er hat es in euren Albumtitel geschafft: „The Magnificent Planet Of Alien Vampiro Ii“.
Ja. Ein sehr langer Albumtitel, das gefällt uns. Das hört sich vielleicht nach einem Konzeptalbum an, aber eigentlich hat es kein übergeordnetes Thema. Wir schleppen es schon eine ganze Weile mit uns herum. Geschrieben wurde es ursprünglich in nur knapp zwei Wochen. Es ist auf jeden Fall ein guter Einstieg in die Welt von HÄXXAN, weil es alle Elemente in sich vereint, die wir mögen: Es ist ein wenig poppig, ein bisschen lustig, ein kleines bisschen punkig und auf gewisse Art auch ein wenig psychedelisch. Die B-Seite startet zum Beispiel mit einem 9-Minuten-Track, auf den dann direkt eine 1:30-Nummer folgt. Das macht es so besonders, es ist abwechslungsreich und passt als Ganzes auch gut zusammen.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #138 Juni/Juli 2018 und Anke Kalau
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #137 April/Mai 2018 und Anke Kalau