Gut einkaufen

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Plattenbau, Aachen

Den Plattenbau habe ich kennen gelernt, als die Besitzer sich schon nicht mehr für den Namen rechtfertigen mussten, da die ursprünglichen Taufpaten dieses „kreativen“ Plattenladen-Namens bereits das Weite gesucht hatten. Wahrscheinlich betreiben die heute den hippen Friseursalon „Hairlich“ oder die Szenekneipe „Pub-Kameraden“. Aber wie sagt man so schön: Don’t judge a book ... oder so.

Inzwischen wird Plattenbau seit zehn Jahren von Stefan und Timo geführt, die für den kleinen Laden außerhalb der Innenstadt immer wieder Laufkundschaft begeistern können. Das liegt natürlich zum Großteil an der insgesamt gut sortierten, respektablen Auswahl an Vinyl. Aber auch andere Schmankerl, wie zum Beispiel technisch versiert aufgearbeitete Plattenspieler, lassen sich hier finden. Die LPs und Singles bieten eine gute Mischung aus Neu- und Gebrauchtware so ziemlich aller relevanten Genres von Indie, Hardcore, Punk und Metal bis Jazz, HipHop, Pop und Rock. Dazwischen tummeln sich Kostbarkeiten an O.S.T.s und diversen Subgenres und ein paar Kisten mit günstiger Mischware, in denen die jungen Leute von heute prima „diggen“ können. Das Schöne an dieser Vielfalt und an der Politik des Ladens, neue und gebrauchte Platten zu verkaufen, ist, dass man fast immer fündig wird und auch die Preise des Ladens komplett in Ordnung gehen.

Ach, bevor ich das vergesse: DVDs, Games und Konsolen gibt’s natürlich auch im Plattenbau, der hier komplett auf Secondhand-Ware setzt. Und CDs. CDs gibt’s da auch. Voll viele sogar. Warum eigentlich? Wer hört denn CDs? Na ja, die beiden werden es schon wissen – die Klientel des Plattenbaus reicht schließlich auch vom armen Punkrocker (ÜMLAUT-LP für 3,00 Euro) über besser situierte Plattensammler (Record Store Day-Releases) und musikinteressierte Studenten (Indie- und HipHop-Kram) bis zu Gelegenheitskäufern von GENESIS- und PINK FLOYD-LPs/CDs.

Apropos Record Store Day: der Plattenbau hat beim RSD zwar oft mitgemischt, aber ich vermute, dass dabei nicht mehr sonderlich viel Enthusiasmus mitschwingt, wenn die beiden Fachleute davon erzählen. „Zu viel Kommerz ... die guten Sachen bekommt man gar nicht in den Laden ... alles Vollidioten“ (Gedächtnisprotokoll). Stefan und Timo haben im Allgemeinen große Ahnung von dem, was sie da tun.

Ab und zu finden sehr coole Konzerte statt. Häufig gibt es lohnende Rabatt-Aktionen. Sehr oft kann man einen leckeren Gratis-Kaffee trinken, mit den beiden netten Kerlen quatschen und sich was Interessantes empfehlen lassen. Immer verlässt man den Laden mit guter, neuer Musik. Ein rundum sympathischer Plattenladen – und je öfter man im Plattenbau war, desto weniger bekloppt findet man den Namen.

(Viktoriastraße 51, 52066 Aachen)

Arne Gülzau