GRAUPAUSE

Foto© by Nils Baukus

Eine kurze Werbeunterbrechung

Das neue Album der Band aus Lüdenscheid trägt den Titel „Gestern wird super“ – mit Sänger Sven sprechen wir über Werbeslogans, die sich ins Hirn gefressen haben, und andere Katastrophen der Menschheit.

Euer neues Album beginnt mit „Versprochen ist versprochen“. Ich war erschrocken, wie viele der dort aneinandergereihten Slogans ich sofort zuordnen konnte. Ging es dir auch so, als du den Text geschrieben beziehungsweise das erste Mal gelesen hast?

Tatsächlich ist es erschreckend, wie viele Werbeslogans sich in unser Unterbewusstsein gekrallt haben und auch nach Jahren sofort präsent sind – teilweise sogar mit der dazugehörigen Melodie, einem Promi-Gesicht oder Ähnlichem. Wahnsinn! Verrückt ist aber auch, wie viel Blödsinn den Konsumenten versprochen wird. Und genau das wollen wir mit dieser Aneinanderreihung der leeren Versprechen und Inhalte auch deutlich machen. Wir waren sowohl erschrocken als auch amüsiert, als wir den Text das erste Mal durchgegangen sind und einzelne Slogans ausgetauscht oder verschoben haben.

Wenn ich ein zentrales Thema des Albums benennen müsste, dann ist es der aktuelle Zustand der Welt und wie die Menschen sie weiter ausbeuten – das greift ihr ja in mehreren Songs auf. Ist das eure Art damit umzugehen? Empfindet ihr da manchmal auch eine gewisse Ohnmacht, wenn ihr die Nachrichten hört?
Ja, dieses Gefühl, dass alles den Bach runtergeht und sich der Wahnsinn da draußen nicht stoppen lässt, stellt sich immer mal wieder ein. Das kann einen auch schon mal erdrücken. Die Wut über die Zustände ist aber jedes Mal stärker. Und wir haben das große Glück, unsere Gefühle in Musik verpacken und rausschreien zu können. Das ist, gerade in der aktuellen Lage, ein Geschenk, das wir – neben der engen Freundschaft untereinander – ganz besonders zu schätzen wissen. Bei all der ganzen Scheiße da draußen darf man aber nicht vergessen, dass es auch einige Menschen gibt, die täglich gegen den Irrsinn ankämpfen, die diese Welt noch nicht aufgegeben haben und die jede Unterstützung gebrauchen können.

Verschwörungsmythen, Kapitalismus, Ausbeutung der Natur – das hängt ja alles zusammen und findet sich alles auch auf dem Album. Wie sehr im Arsch sind wir eigentlich? Und kann Musik ein Gegenentwurf sein?
Gefühlt ist die Menschheit komplett im Arsch. Der Kapitalismus zerfrisst nach wie vor ungehemmt den Planeten sowie die Herzen und Hirne. Kriege, Terroranschläge, Repression, Rassismus und die eben erwähnte Sorge um den Einsatz von Atomwaffen… Der blanke Irrsinn. Und dann ist da noch diese wahnsinnig gefährliche vor sich hin brodelnde Mixtur aus Hysterie, Hetze und Fake News, die nicht nur an den Stammtischen, sondern auch in den sozialen Medien an der Tagesordnung ist und sich dadurch noch schneller verbreitet. Musik ist zwar nicht die Lösung des Problems. Musik kann aber auf jeden Fall eine laute und wichtige Stimme sein, um diese Missstände deutlich zu benennen und anzuprangern. Und das ist wichtig, weil Musik ein Mutmacher ist und viele Menschen erreichen und miteinander verbinden kann.