GO FASTER NUNS

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Halbe Kraft voraus

Es tut sich was bei GO FASTER NUNS. Die Beatpunker aus dem oberfränkischen Bamberg waren zehn Jahre lang weg vom Fenster. 2009 hatte das Quartett beschlossen, alle Aktivitäten auf Eis zu legen. Im Sommer 2018 gab es wieder ein erstes Lebenszeichen: ein exklusiver Auftritt beim Rock im Wald-Festival in Neuensee bei Lichtenfels. Zum zwanzigsten Jubiläum, aus alter Verbundenheit. Danach folgten noch weitere Shows, etwa 2019 beim Krach am Bach-Festival in Prölsdorf im Steigerwald. Für den 24. April planen GO FASTER NUNS nun ihr erstes Konzert in Bamberg seit über zehn Jahren. Der Motor kommt langsam wieder auf Touren, allerdings wollen die Franken mit Tempomat fahren, wie Sänger Dieter aka DD Windisch und Bassist Armin aka Mr. 65,2% hier erklären.

Warum habt ihr euch damals für diese biblische Pause entschieden?

Armin:
Ich bin alter Punkrocker und für mich ist es wichtig, das zu machen, was mir Spaß macht. Sobald ein leiser Zweifel aufkommt, dass es nicht mehr das Richtige ist, dann halte ich für besser aufzuhören. Und das war bei mir damals der Fall. Es war mir irgendwann zu viel Geschäft, zu wenig Punkrock. Deshalb habe ich schließlich gesagt, das bringt nichts mehr.

Dieter: Ich sehe das ähnlich. Damals war gerade unser drittes Album „In Traffic“ raus. Wir haben ziemlich viel Zeit und Geld investiert und uns selbst zu viel Druck gemacht. Deshalb sind wir damals einfach implodiert. Es war einfach zu viel Business-Kram mit Management und Plattenfirma. Wir waren dauernd unterwegs und haben ständig geprobt. Irgendwann haben wir dann den Punkt erreicht, an dem wir gesagt haben: Es reicht. Im Nachhinein denke ich mir, dass man einige Probleme auch hätte anders lösen können. Aber wenn wir keinen Break eingelegt hätten, würden wir jetzt vielleicht nicht hier sitzen.

Was ist in den Jahren passiert, in denen es GO FASTER NUNS nicht gab?

Armin:
Ich hatte ein Projekt mit Mitch, dem Schlagzeuger von NEW WAVE HOOKERS, namens DAS FRISBEE MAUL in Coburg. Das waren aber nur ein paar Auftritte im Jahr. Und unser Schlagzeuger Rue del Gado ist damals bei THE MARPLES aus Kronach eingestiegen. Und unser Gitarrist Guzy hat nur für sich zu Hause herumgeklimpert. Das Wichtigste, was wir in dieser Zeit fabriziert haben, waren Kinder. Jetzt werden es zusammengerechnet schon acht insgesamt. Wenn uns das jemand 2009 erzählt hätte, hätten wir ihm wahrscheinlich den Vogel gezeigt. Ich hätte mir bis vor zwei Jahren allerdings auch nicht vorstellen können, jemals wieder mit GO FASTER NUNS auf der Bühne zu stehen.

Dieter: Ich habe damals in Bamberg eine eigene deutschsprachige Indie-Band namens TAKK gegründet, weil ich mit der Musik nicht aufhören wollte. Aber es war einfach nicht dasselbe, wie mit den Nuns. Deshalb war das irgendwann auch wieder vorbei. Am Anfang hat es Spaß gemacht, aber irgendwann war der Wurm drin.

Womit verdient ihr aktuell eure Brötchen?

Armin:
Ich bin beim Musikhaus Thomann in Treppendorf für den Noteneinkauf zuständig.

Dieter: Nach dem Ende von GO FASTER NUNS habe ich eine Ausbildung gemacht und arbeite jetzt als Ergotherapeut an einem Klinikum in Bamberg. Guzy lebt inzwischen in der Nähe von Frankfurt und arbeitet als Produktmanager für Hyperactive im Musikalienhandel. Und unser Schlagzeuger Rue hat eine Festanstellung als Hausmeister im „Zentrum“, das ist ein internationales Jugendkulturzentrum in Bayreuth.

Wie seid ihr wieder zusammengekommen? Waren die Organisatoren von Rock im Wald eine Art Wiedergeburtshelfer für euch?

Dieter:
Ich habe schon seit Jahren Anfragen von Rock im Wald bekommen, ob wir nicht wieder spielen wollen. Jedes Jahr habe ich gesagt: Das klappt leider nicht. Zur zwanzigsten Ausgabe kam dann wieder so eine Anfrage und plötzlich waren alle Feuer und Flamme. Rue hat nachts im Suff eine WhatsApp-Gruppe eingerichtet und wir waren im Geschäft. Ich habe dann Armin bei der Arbeit besucht und habe noch mal persönlich mit ihm gesprochen. Dann haben wir einige Ungereimtheiten aus der Vergangenheit geklärt und so hat sich das ergeben.

Armin: Mich hat auch der Gedanke angetrieben, einmal vor meinen Kindern zu spielen. Allerdings habe ich die Bedingung gestellt: Wir proben und ich entscheide sofort beim ersten Stück, ob es für mich weitergeht oder nicht. Wir haben im Zentrum in Bayreuth geprobt und für mich war gleich klar: Das läuft. Es war, als ob wir nie aufgehört hätten. Dann kam eben noch der fulminante Auftritt bei Rock im Wald.

Wird es auch neue Songs geben?

Dieter:
Guzy entwickelt ganz viele Ideen zu Hause auf der Gitarre, die schicken wir uns dann als Soundfiles hin und her und arbeiten sie aus. Das dauert allerdings ein bisschen. Wir machen uns keinen Stress mehr. Wir genießen es gerade, dass kein Management, kein Label und kein Geld im Spiel sind. Inzwischen haben unsere alten Labels mitbekommen, dass es uns wieder gibt, und Interesse an einer weiteren Zusammenarbeit geäußert. Speziell Fabsi vom Weser Label, bei dem wir unser erstes Album „Teenage Love Beats“ veröffentlicht haben. Da ist noch nichts spruchreif, wir schauen einfach mal, was passiert.

Könnt ihr noch auf eure alte Fanbase bauen?

Armin:
Das wird sich jetzt zeigen, da war ich anfangs noch skeptisch. Die Leute, die zu unserer erfolgreichsten Zeit vor 15 Jahren zu unseren Auftritten gekommen sind, haben jetzt auch Kinder und gehen nicht mehr so oft zu Konzerten. Spannend ist jetzt eben, spricht unsere Musik auch die 18- bis 20-Jährigen an? Das scheint der Fall zu sein. Das haben wir gesehen, als wir im April den Sonic Ballroom in Köln gefüllt haben.

Dieter: Zu Rock im Wald kam extra ein Gast aus Kopenhagen geflogen, um uns zu sehen. Der kannte uns von früher aus Köln. Die Leute von BAMBIX sind extra nach Köln gefahren, um uns zu sehen. Es ist schon cool zu sehen, dass die alten Songs noch funktionieren.

Seit dem Neustart habt ihr vier Konzerte gespielt, für den 24. April ist eine ganze besondere Show im Bamberger Live-Club geplant.

Dieter:
Für uns ist es spannend zu sehen, wer da kommt. Alte Fans von früher oder neue Leute? Wird es voll? Das Konzert bedeutet uns natürlich sehr viel, weil unsere Familien und Freunde kommen werden. Das wird also ein sehr spezieller Gig und wir freuen uns riesig darauf. Supporten werden uns CHARLOTTE, alte Kumpels von früher. Es gibt noch mehr Angebote, aber wir suchen uns nur die Konzerte aus, auf die alle Lust haben. Wir müssen nicht mehr alles machen.

Armin: Wir wollen eigentlich nur noch bei Festivals spielen und in Clubs, in denen wir früher gern gespielt haben. Momentan ist eine kleine Konzertreise über Hamburg nach Göteborg und Kopenhagen geplant. Außerdem würde ich gerne mal wieder im Chéz Heinz in Hannover spielen. Jeder hat also seine ein oder zwei Lieblingsclubs und die wollen wir in den nächsten ein oder zwei Jahren abklappern.

Wie passt das Dasein als Punkrock-Band in euer aktuelles Leben mit Jobs und Kindern?

Armin:
Punkrock ist für mich immer noch der ideale Gegenpol zum bürgerlichen Leben. Es ist wirklich unbeschreiblich, welche Emotionen auf der Bühne frei werden. Gerade bei uns setzt während der Show der Kopf aus, deshalb wurden mir immer irgendwelche Drogengeschichten angedichtet. Das Wilde fehlt mir bei vielen Bands, die momentan so unterwegs sind. Auf der anderen Seite finde ich eine Band wie DUESENJAEGER nach wie vor sehr beeindruckend. Die ziehen ihre Shows nach all den Jahren immer noch mit Leib und Seele überzeugend durch. Genau dieses Gefühl spüre ich jetzt wieder.

Sehen die GO FASTER NUNS-Shows jetzt anders aus?

Dieter:
Es ist eigentlich genauso, das Problem ist nur, dass die Schmerzen länger anhalten als früher. Es geht aber gar nicht anders. Wir können nicht nur herumstehen, das gibt die Musik auch gar nicht her.

Armin: Ich wüsste nicht, ob ich eine zweiwöchige Tour noch durchhalten würde. Ich habe mir das Video von Rock im Wald angeschaut und muss sagen, es sind schon 5% weniger geworden, haha.

Inwiefern hat euch Bamberg als Band geprägt?

Armin:
Zu unserer Hochzeit Mitte der Nuller Jahre gab es eine florierende Punkrock-Szene in Bamberg. Die meisten hatten zwei- oder dreistimmigen Gesang, das war fast ein Markenzeichen der Stadt. Sobald du nach Nürnberg gefahren bist, hast du immer seltener Background-Gesang gehört. Das gab es bei NEW WAVE HOOKERS, GO FASTER NUNS oder CALVIN STRIKES. In Köln oder Berlin wäre es wahrscheinlich einfacher gewesen. Wir hatten immer das Problem, dass wir eine englischsprachige Band aus der deutschen Provinz waren.