Wenn man an die Stadt Münster denkt, kommen einem wahrscheinlich so Sachen wie Fahrräder, Studenten, Bauernhöfe und flaches Land in den Sinn. Vielleicht sind es auch diese Schlagwörter, die eine gute Voraussetzung schaffen, um eine Band zu gründen. Wer will auch schon den ganzen Tag studieren, vielleicht danach 90er-Jahre-2D-Computerspiele zocken und durch die flachen Straßen radeln? Da macht sich auf Dauer Langeweile breit. GHOST OF TOM JOAD schaffen es, Studieren, Radeln und ein formidables Bandprojekt an den Start kriegen. Nach der EP "Is This What You Call A Fronterlebnis?" ist nun das Debüt "No Sleep Until Ostkreuz" raus, reiht Hit an Hit und schlägt heftig in die Fresse. Ein gelungenes Indierock-Album durch und durch, auf dem fast jedes Lied Hitpotenzial hat. Da können sich einige Bands nicht nur eine Scheibe von abschneiden. Kein Bein bleibt ruhig und keine Tanzfläche leer. Mein Gesprächspartner war Sänger und Gitarrist Henrik.
Keine Angst, ich frag jetzt nicht "Wie kamt ihr auf euren Namen?", aber wart ihr von Anfang an für GHOST OF TOM JOAD oder lagen da noch andere Alternativen in der Luft?
Als wir angefangen haben, Musik zu machen - das war Anfang 2006, da hatten wir etwa einen Monat zusammengespielt -, haben wir uns nie Gedanken über einen Namen gemacht. Dann war halt irgendwann dieser eine Abend, wo wir diesen Song, von Bruce Springsteen gehört haben, und von da an hat alles irgendwie Sinn gemacht. Aber wenn das alles nicht passiert wäre, hätte ich mir doch einen anderen Bandnamen gewünscht. Ich glaube, wenn es nach mir gegangen wäre, hießen wir "Chron-O-John" aus dem Computerspiel "Day Of The Tentacle", da heißt die Zeitmaschine so. Ich wollte schon, seit ich klein war, eine Band haben, die "Chron-O-John" heißt.
Wenn ihr einen Soundtrack zu eurem bisherigen Leben machen könntet, welche Bands dürften darin nicht fehlen?
Das würde wahrscheinlich anfangen bei den TOTEN HOSEN und würde schnell mit PENNYWISE weitergehen. Ein Jahr später dann HOT WATER MUSIC, dann SAMIAM und die GET UP KIDS. Dann wäre die Pubertät erst mal abgehakt. Alles, was danach kommt, wäre so Songwriter-Kram. Und LOGH darf nicht fehlen. Genauso wie die WEAKERTHANS. Ich glaube, mit diesen Soundtrack könnte ich gut leben.
Wo wir schon mal beim Thema sind, wie gefällt euch euer Leben denn so momentan? Hat sich vieles geändert, positiv wie negativ?
Also ehrlich gesagt, kann ich jetzt gar nicht so sagen, was ich in meinem Leben so alles haben wollte. Man malt sich ja vorher nie aus, was man alles machen will. Als wir angefangen haben, Musik zu machen, hätte ich auch nicht gedacht, dass wir ein halbes Jahr später mit MAXIMO PARK auf Tour gehen. Das ist jetzt nicht so "Wow, was ist hier passiert", sondern eher, dass ich mir damit einfach abgeschminkt habe, für mein Leben Pläne zu machen, weil es sowieso immer anders kommt, als man denkt. Diese ganze Grübelei bringt einem echt nichts, da kriegt man nur mehr Depressionen, wenn man über seine Zukunft nachdenkt. Das ist eigentlich das, was mir die Band gebracht hat, nichts als Grübelei über das Leben und die Zukunft.
Ich hörte was von Lehramtsstudium ... Wird das weiterhin konsequent durchgezogen?
Ja, jetzt nicht lachen, aber tatsächlich haben wir alle drei auf Lehramt studiert. Der Einzige, der es jedoch durchgezogen hat, ist unser Schlagzeuger, der jetzt auch tatsächlich Lehrer ist. Er hat sein Referendariat fertig und ist quasi ausgebildeter Lehrer, kein Witz. Jens studiert immer noch auf Lehramt, aber ich mache das inzwischen nicht mehr.
Was hast du studiert?
Philosophie und Pädagogik. Zwischenzeitlich habe ich auch Psychologie studiert. Aber das ist alles nichts geworden. Wenn dein Herz für etwas anderes schlägt, ist das schon eine ganz schön ermüdende Sache. Es ist eh immer schwierig zu wissen, was jetzt gut ist.
Also bleibt es beim Anstreben der Musikkarriere?
Du weißt sicher selber, wie das ist, für Sachen auf die man richtig Bock hat, gibt man einfach alles. Dann interessiert es auch einen nicht, ob man am Ende des Monats nur noch im Minus ist. Man macht es halt, weil man Spaß daran hat. Natürlich wünscht man sich, gerade von seinen Eltern, Anerkennung und solche Sachen zu bekommen, aber da kann man lange drauf warten. Sie finden schon super, dass ich was mache, vor allem weil ich vorher mehr so der schüchterne Langweiler war. Ich glaube, das ist Teil des Erwachsenwerdens, einfach nicht mehr für jeden Scheiß Anerkennung zu kriegen, wo es früher immer selbstverständlich war.
Gibt es einen Moment mit GHOST OF TOM JOAD, den ihr nie vergessen werdet und der euch extrem viel bedeutet?
Das Ding ist ja, dass wir uns alle schon ewig kennen. Mit Christoph hänge ich jetzt schon so seit zehn Jahren rum, und was uns halt noch immer voll viel bedeutet, ist, wie wir mit der Band angefangen und unser erstes Demo aufgenommen haben. Mit einem Kassettenrekorder im Proberaum und danach haben wir uns das Tape im Auto rauf und runter angehört und nur noch gesagt: "Boah, Alter, sind wir geil!"
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #78 Juni/Juli 2008 und Gina Schwarz
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #82 Februar/März 2009 und Harlekin Stutenbecker
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