Eine Band, die mich 2009 so fasziniert hat wie kaum eine andere, waren GHOST OF A THOUSAND aus Brighton/UK. Mit ihrem Mix aus Hardcore-Punk und Rock’n’Roll waren sie die Überflieger des letzten Jahres – dafür sprechen auch viele gewonnene Preise. Im Rahmen der Europa-Tour unterhielt ich mich mit Sänger Tom Lacey über das aktuelle Album, die Tour und die Hardcore-Szene generell.
Warum ist „New Hopes, New Demonstrations“ emotionaler oder sogar trauriger als euer Debütalbum „This Is Where The Fight Begins“?
Ich denke, das hat mit unserem letzten Jahr zu tun, bevor wir ins Studio gegangen sind. Die Songs sind einfach so entstanden, ganz unbewusst, trotzdem wollten wir unserer Linie treu bleiben – quite original.
Wie seid ihr an den Epitaph-Deal rangekommen?
Wir sind ja bei Epitaph Europe, so dass wir Brett Gurewitz nicht getroffen haben. Aber Peter von Burning Heart hat diesen Megadeal klargemacht, der ja auch REFUSED, HIVES und MILLENCOLIN gesignt hat. So hatten wir endlich die Möglichkeit, auch weiterreichende Touren zu machen.
Das neue Album ist meiner Meinung nach auch ein weniger poppiger als das Debüt, obwohl ihr euch ja als Punkrock-Band bezeichnet. Ist es nicht einfach Hardcore, den ihr spielt?
Ich sehe uns eher als Rock’n’Roll-Band. Wir machen eben nicht diesen typischen Hardcore. Aber wir entwickeln uns immer weiter. So war das erste Album schon eher typischer Hardcore, aber jetzt haben wir uns immer mehr in Richtung Rock’n’Roll orientiert und wollen das auch weiter tun, obwohl es natürlich viele Hardcore-ähnliche Merkmale gibt. Mir macht es nichts aus, wenn man uns als Hardcore-Band betitelt, aber ich denke, da steckt noch mehr dahinter als nur Hardcore oder Punkrock, obwohl das natürlich ein schmaler Grat ist. Aber wir sind offen für alles und wir haben natürlich Lieblingsbands aus anderen Genres. Wir spielen auch AC/DC-Cover als Soundcheck, weil wir einfach Bock drauf haben. In England ist die Hardcore-Szene eher so ausgelegt wie der Sound auf unserem ersten Album.
Ihr habt ja das zweite Album mit Pelle Gunnerfeldt aufgenommen, der ja auch schon REFUSED und HIVES aufgenommen hat.
Genau, wir waren fünf Wochen in Schweden, und er hat die ganze Arbeit übernommen. Er ist ein echt lustiger, kleiner Typ. Es war ein bisschen strange, es hat die ganzen fünf Wochen geschneit, es war kalt und dunkel, und vielleicht ist das auch ein Grund, warum das Album etwas düsterer geworden ist. Aber dafür konnten wir uns voll und ganz auf das Album konzentrieren und wurden nicht abgelenkt. Hätten wir in London oder Brighton aufgenommen, hätten uns immer Freunde besucht und wir hätten uns ablenken lassen. Daher haben wir uns von Anfang an dazu entschieden, „weit weg“ aufzunehmen. Und als dann Pelle zugesagt hat, war es einfach grandios mit ihm zu arbeiten, weil er eben schon mit so großen Bands zusammengearbeitet hat.
Du hast ja auch das Coverartwork für die LP-Version des Debüts und für das zweite Album gemacht, und beides sind keine typischen Hardcore-Cover.
Ganz genau. Wir wollten einfach weg von dem Hardcore-Trend und zeigen, dass wir eben keine typische Hardcore-Band sind. Ich persönlich finde es nämlich langweilig, wenn man sich nur das Cover einer Band anschaut, und schon weiß, um welchen Stil es sich handelt. Wir wollten uns einfach von den anderen absetzen, und so hat sich auch das zweite Cover entwickelt. Es ist farbenprächtiger und lebendiger als das erste, ohne aber den ähnlichen Stil zu verlieren.
Warum wurde die CD-Version von „This Is Where The Fight Begins“ nicht von dir, sondern von James Hines designt?
James ist ein guter Kumpel von uns, er kam irgendwann mit dieser Idee an und wir übernahmen es direkt, weil es uns einfach gefallen hat. Trotzdem fanden wir es besser, die LP-Version anders aussehen zu lassen – ohne das CD-Cover groß zu verändern. Wir wollten weiterhin den Hirsch im Vordergrund über das ganze Cover haben, haben es aber trotzdem komplett verändert. Einfach, um die Vinylversion interessanter zu machen, vielleicht sogar ein kleines Sammlerstück daraus zu machen.
Ihr kommt alle aus Brighton, das eher für Indie-Bands wie THE KOOKS bekannt ist. Wir sieht die Hardcore-Szene dort aus?
Eigentlich ist nur unser Bassist Gaz aus Brighton. Wir haben uns einfach dort kennen gelernt, zum Teil auch über die Uni. Aber die Hardcore-Szene wird immer besser, obwohl es schon viele gute Bands gibt, zum Beispiel DEAD SWANS, ARCHITECTS, JOHNNY TRUANT, die alle aus Brighton stammen. Aber es ist doch ein Unterschied zu der Punk-Szene in England, da Hardcore mehr zu so einem Fashion-Victim-Ding geworden ist. Es wird schon fast zum Trend, sich Hardcore-mäßig anzuziehen.
Also gibt es auf der Insel einen Hype um Hardcore, etwa mit Bands wie zum Beispiel GALLOWS, die ja auch auf einem Majorlabel sind?
Vor ein paar Jahren gab es mal einen Hype um Hardcore, aber ich glaube, der Hype ist schon fast zu Ende. Die Labels haben jetzt realisiert, dass es sinnlos ist, Millionen in eine Hardcore-Band zu stecken – denn sie bleibt immer eine Hardcore Band und wird keine Stadien voll Fans füllen, somit kann man nicht viel Kohle aus solchen Bands holen.
Also wird es keinen Majordeal für GHOST OF THOUSAND geben?
Um ehrlich zu sein, nein. Wir sind nicht für den Mainstream gemacht – und wir wollen das auch gar nicht sein.
Gibt es große Unterschiede zwischen der englischen und der deutschen Szene?
Die deutsche Szene ist reifer, was ich sehr cool finde. Hier kommen zum Beispiel sehr viele Punks zu den Shows. Auch wenn eine total unbekannte Band spielt, gehen die Leute darauf ab. Klar hast du viele Typen dabei, die sich die Show von weiter weg genau anschauen, aber dann auch immer lockerer werden. Und wenn dann die Hauptband auf die Bühne kommt, bricht die Hölle los. Einfach geil!
Scheint so, als wärest du nicht so glücklich mit der Szene in England.
Es ist okay. Die Szene zerstört sich aber allmählich, und ich denke, diese MySpace-Explosion von englischen Bands hat auch nicht geholfen. Die Leute merken langsam, dass es nur ein vorübergehendes Phänomen ist. Aber trotzdem hoffe ich, dass die Leute weiterhin mit ihren so genannten Hardcore-Klamotten rumlaufen, weiter in schäbigen Proberäumen ihre Platten aufnehmen und auf Tour gehen.
Wie bist du zur Punkrock- oder Rock’n’Roll-Szene gekommen?
Ich habe schon seit ich zwölf bin immer in Bands gespielt. Das erste Mal bin ich in der Schule mit Punk in Verbindung gekommen. Wir haben dann einfach versucht, Songs von Bands wie NIRVANA oder SONIC YOUTH nachzuspielen, bis wir dann später auch mit der Skatepunk-Szene in Berührung gekommen sind, und dann wurden BAD RELIGION- oder OFFSPRING-Alben rauf und runter gehört. Obwohl ich ein totaler Trottel auf dem Skateboard war, fand ich die Musik immer schon großartig.
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