GANG GREEN

Foto

Can't live without it ...

Boston ist bekannt für seine Vielzahl exzellenter Bands, die die Stadt im Laufe der Jahre hervorgebracht hat. Eine ziemlich Berüchtigte ist mit Sicherheit GANG GREEN, die sich 1980 formierte, nach dem Release ihrer ersten Single "Sold Out" 1983 wieder auflösten und sich nach einem kurzen Gastspiel von Sänger und Gitarrist Chris Doherty bei JERRY'S KIDS 1985 endgültig zusammenrauften, um ihre ganz eigene Mischung aus Punk und Party der Welt nahe zu bringen. Drogen und Alkohol waren und sind, neben einer nie endenden Adoleszenz, die wichtigsten Inspirationsquellen für die Band, die sich demnächst anschickt, ein neues Album einzuspielen. Keiner Wunder also, dass Chris Doherty sich mit den Worten "Hallo, ich bin Chris. Willst du ein Bier?" vorstellt. Und GANG GREEN würden ihrem Ruf nicht alle Ehre machen, wenn es an diesem Samstagabend in der Lintfabrik in Belgien bei diesem einen Bier geblieben wäre.


Kannst du etwas zu den Gründen sagen, warum die erste Show dieser Tour in Schweinfurt ausfiel?


Tut mir Leid für alle, die uns in Schweinfurt sehen wollten, aber es gab auf der Reise gewisse Komplikationen. Als wir die Flüge buchten, gab es keine direkte Verbindung mehr zwischen Boston und Frankfurt und so flogen wir über Detroit. Die Maschine war spät dran und wir mussten in knapp zwanzig Minuten bei unserem Gate sein, um den Anschlussflug nicht zu verpassen. Nun ist aber Detroit ist die Eishockey-City schlechthin in den USA, und auf dem Weg zum Gate sahen wir eine Bar mit dem Namen "SlapShots", benannt nach dem Film mit Paul Newman, von dem auch die Bostoner Straight Edge-Band SLAPSHOT ihren Namen hat. Obwohl wir zeitgleich über Lautsprecher bereits ausgerufen wurden, mussten wir da natürlich erst mal Station machen und einen Kurzen trinken, die ich, ganz Businessman, mit meiner Kreditkarte bezahlte. Das war ein Fehler, denn obwohl wir den Flieger noch erreichten, kam, gerade als wir uns hinsetzten, Flugbegleiter Bobbie auf mich zu und meinte: "Sir, ein Mitglied der Crew hat einen auffälligen Alkoholgeruch bei Ihnen feststellen können. Haben Sie etwa schon getrunken?" Ich gab reumütig zu, einen Tequila getrunken zu haben und bekam als Antwort, dass es als Konsequenz keinen Tropfen Alkohol mehr auf diesem Flug geben würde. Genervt schaltete ich meinen portablen DVD-Player ein, was nicht die beste Idee war, wie sich sogleich herausstellte, denn noch war es strengstens verboten, elektronische Geräte an Bord zu benutzen, da wir gerade erst abgeflogen waren. Bobbie war außer sich und holte Verstärkung. Er und der Co-Pilot bliesen uns gehörig den Marsch und drohten, den Flieger umgehend zum Flughafen zurückzubringen, um uns wieder abzusetzen. Schließlich dachten wir, wir hätten es geschafft, aber nachdem wir Bobbie weiter drangsalierten, kam plötzlich die Durchsage, dass das Flugzeug aus administrativen Gründen nach Detroit zurückkehren müsse. Die anderen Fluggäste waren außer sich und wir saßen daraufhin vierundzwanzig Stunden in Detroit fest. Gut, dass wir noch einen Supermarkt auftrieben, der uns nachts um eins noch Bier verkaufte!


Du hast eine Zeitlang auch bei JERRY'S KIDS Gitarre gespielt, bist dann aber ausgestiegen und hast GANG GREEN wieder ins Leben gerufen. Wie kam es dazu?

Nachdem ich eine Weile für fast jede Band in Boston den Gitarrenpart übernommen hatte, wollte ich etwas Eigenes auf die Beine stellen. Ich schloss mich aber zunächst DRUNKS AGAINST BAD MOTHERS an, wo ich Walter, unseren jetzigen Drummer kennen lernte. Ihre Songs waren alle schlecht. Bis auf "Alcohol". Von dem existierte bereits das allseits bekannte Riff, ein geeigneter Text fehlte aber noch gänzlich. Eines Nachts saßen wir im Jumping Jack Flash, einer Spelunke in Boston, und voll wie wir waren, einigten wir uns kurzerhand auf den Namen GANG GREEN und schmissen unseren Sänger raus. Alec Peters, unser Manager und Promoter, hatte mich schon lange davon überzeugen wollen, etwas auf die Beine zu stellen. Zusammen mit ihm kam ich auch auf die Idee, das Budweiser-Logo für GANG GREEN zu übernehmen, als wir es in einer Bar auf einer Serviette entdeckten.


Aus eurer Vorliebe für Budweiser habt ihr nie einen Hehl gemacht. Hat euch die Brauerei eigentlich jemals Geld für eure Promotion gezahlt?

Es gab mal Gespräche mit Vertretern von Anheuser-Busch, dem Mutterkonzern. Aber nein, Geld haben die leider nie lockergemacht. Und dass, obwohl wir ihnen jahrelang treu geblieben sind! Das soll sich jetzt aber ändern, denn wir suchen gerade einen Biersponsor für die Band. Wer sich also angesprochen fühlt oder eine geeignete Brauerei kennt, kann sich gerne mit uns in Verbindung setzen.


Die ersten Singles erschienen dann bei Curtis Casellas Label Taang! Wie habt ihr ihn kennen gelernt?

Eines Tages waren wir unterwegs zu einer Show und in unserem Van saß dieser Typ, den eigentlich keiner richtig kannte. Das sollte sich auf der Fahrt aber ändern, da sich herausstellte, dass Curtis sowohl Ahnung von Musik als auch von Auftrittsorten hatte. Curtis ist ein eher ruhiger Typ, der immer in den Proberäumen rumhing und schon damals eine riesige Plattensammlung hatte. Als ich das erste Mal bei ihm zu Hause war, hatte er im Garten gerade ein Extra-Häuschen nur für seine Schallplatten angebaut! Ich habe nie verstanden, wie man so viel Geld und Zeit in Vinyl investieren kann. Die logische Folge dieser Sammelwut war dann, ein eigenes Label zu gründen, um selber Platten herausbringen zu können. In den 90er Jahren zog er mit samt seinem Label und Store von Boston nach San Diego, wo er bis heute wohnt. Er saß bis gestern wie schon früher mit uns im Tourbus, musste aber eher wieder zurückfliegen.


Ich habe euch 1989 zusammen mit DRI das erste Mal gesehen. An dem Abend übernahm Spike Cassidy von DRI das GANG GREEN-Mikro. Warum?

Das ist lange her, aber es muss die Show im Bochumer Zwischenfall gewesen sein. Die Umstände waren etwas traurig, denn ich flog am Tag der Show schon morgens zurück nach Boston, da man mir mitgeteilt hatte, dass mein Vater im Sterben lag. Es gibt jedoch Pläne für eine Neuauflage einer gemeinsamen Europatour zusammen mit DRI, da beide Bands dieses Jahr 25-jähriges Bestehen feiern. Dazu wollen wir unseren alten Freund Springa, ehemals Sänger bei SSD, mitbringen und ihm die Chance geben, ein paar SSD-Songs live zu präsentieren. Ich weiß zwar noch nicht, wie ich es vier Wochen mit ihm in einem Bus aushalten soll, aber die Idee gibt es. Springa hatte vor ein paar Jahren einen schweren Unfall, wovon er sich nie ganz erholt hat. Wir wollen ihm mit dieser Geste etwas zurückgeben, da er uns über die Jahre immer ein guter Freund gewesen ist.


Springa ist auch in der Dokumentation "American Hardcore" zu sehen. Wie findest du den Film?

Wir und THE FREEZE wurden eingeladen, auf der Premiere in Boston aufzutreten und machten zusammen mit Springa und Curtis auch ein bisschen Radiopromotion. Mann, da lag doch tatsächlich ein roter Teppich vorm Kino, nur für uns Bands! Der Film ist wirklich gut geworden. Mir persönlich kommt ein bisschen zu viel BAD BRAINS drin vor. Aber nichts gegen BAD BRAINS, das sind ebenfalls gute Freunde von uns und vor Gitarrist Darryl ziehe ich immer noch meinen Hut, da er damals mehr Frauen flach gelegt hat als wir alle zusammen!