THE FRIDAY NIGHT PREACHERS könnten als Prototyp der jungen, aufstrebenden Band herhalten, die sich auf den oft steinigen Weg nach oben begeben hat. Mit dem fertigem Album "Bringing Back The Prodigal Sound" und einigen tanzbaren Rocksongs der alten Schule im Gepäck, geht es raus auf die Straßen, um die Musik zu den Menschen zu tragen. An diesem Abend haben die Schweden Station im beschaulichen Bonn gemacht und bespielen eine Kellerkneipe der gemütlicheren Sorte. Die Zuschauerzahl ist infolge ausgebliebener Plakatierung erschreckend überschaubar. Viele der Anwesenden sind gehobenen Alters und widmen ihre Aufmerksamkeit statt der Band, lieber der ohne Ton laufenden Übertragung eines Champions-League-Spiels. Dennoch lassen sich THE FRIDAY NIGHT PREACHERS nicht abhalten, den Laden mit einer begeisternden Show zu beglücken. Sänger Jonas und Gitarrist Fredric geben Auskunft darüber, was sie unter Rock'n'Roll verstehen.
Was bedeutet es für euch, Teil dieser Band zu sein?
Jonas: Playing in THE FRIDAY NIGHT PREACHERS means everything for us. Es ist sehr schwer Leute zu finden, die dieselbe Musik mögen und bei denen die Chemie dann auch noch so stimmt, wie bei uns. Wir stammen alle vom Land und vier andere Jungs zu finden, die auch auf diese Oldschool-Rockmusik stehen, war einfach großartig.
Euer Debütalbum "Bringing Back The Prodigal Sound" klingt sehr roh, ungeschönt und direkt. Wie habt ihr aufgenommen?
Fredric: Das Album wurde in den Strawberry-Studios in Schweden aufgenommen. Ich arbeite dort als Techniker und Produzent. Das Studio gehört Kenneth Fors, einem Sammler von alten Musikinstrumenten. Im Studio herrscht dieses Gefühl von direktem Oldschool-Sound mit einer natürlichen Wärme. Wir haben alle Instrumente in den größten Raum gepackt und einfach die Aufnahmetaste gedrückt und fünf bis zehn Takes von jedem Song gemacht. Einige der Soli wurden nachträglich eingespielt, aber im Wesentlichen wurde das Album live aufgenommen. Der Klang ist daher eine gute Mischung aus Livespiel und alter Aufnahmetechnik.
Welche Rolle haben dabei die alten Instrumente gespielt?
Fredric: All diese alten, klassischen Instrumente zu haben, hat sehr geholfen. Der Klang der alten Verstärker und Gitarren aus den 60ern war so von Anfang an "richtig", auch die Drums hörten sich direkt großartig an. Wir klingen sehr "retro" und mögen diesen zeitlosen, warmen Sound, kombiniert mit der Energie, die wir erzeugen, wenn wir zusammen im Studio sind.
Eure Musik hat mich stellenweise an die ROLLING STONES in den späten 60ern erinnert. Sind sie ein Einfluss für euch?
Fredric: Wir haben alle viel ROLLING STONES gehört, und wenn ich wählen müsste, finde ich, das beste Album ist "Beggars Banquet". Bezogen darauf, ob die ROLLING STONES uns beeinflusst haben, muss ich sagen, das haben sie und wir alle mögen ihre frühen Sachen, mit denen sie oder Bands wie AC/DC damals den ganzen Rock'n'Roll-Sound geprägt haben. Jonas hat diese rohe Stimme, die gut zu unseren Liedern passt, und er gibt immer alles, wenn wir auftreten. Ich denke, man kann schon eine große Ähnlichkeit mit Mr Mick Jagger feststellen, aber Jonas und wir als Band versuchen nicht, den Klang der Stones zu kopieren, sondern wir nehmen diesen Sound und erschaffen damit etwas Neues und Einzigartiges.
Diese Parallelen im Gesang sind mir auch aufgefallen. Jonas, was muss man machen, um so eine rohe, starke Stimme zu bekommen?
Jonas: Mit 14 habe ich angefangen GUNS N' ROSES zu hören und die Kraft von Axls Stimme hat mich einfach umgehauen. His voice was like a knife, a speeding train on the way to hell. Als ich mich mehr und mehr mit Musik beschäftigt habe, stieß ich auf Sänger wie Nick Cave, Tom Waits oder Howlin' Wolf. Die haben mich geprägt und ich habe letztlich meine eigene Stimme gefunden. Für mich ist es am wichtigsten, alles zu geben, sich einfach zu öffnen und es laufen lassen, in welcher Form auch immer. Meistens funktioniert das.
Und was bedeutet Rock'n'Roll für euch?
Fredric: Rock'n'Roll ist in vielerlei Hinsicht unser Lebensgefühl. Wir haben ihn gehört und gelebt, seit wir klein waren. Das Gefühl, auf einer Bühne in einem kleinen Club zu stehen, mit Menschen, die Musik lieben und unsere Art von Rock'n'Roll mögen, Bier trinken und lachen - das sind die besten Momente im Leben! Für uns geht es bei Rock'n'Roll genau um das, mit Drogen oder solchen Dingen hat das nichts zu tun. Es ist der Moment der Freiheit, den du erfährst, wenn du auf einem Konzert bist und Live-Musik erlebst.
Ganz getreu der Rock'n'Roll-Tradition spielen in vielen eurer Lieder Mädchen eine nicht unwichtige Rolle. Waren Mädels der Grund für euch, mit der Musik anzufangen?
Fredric: Ganz am Anfang waren Mädels sicher ein Grund, aber als wir die FRIDAY NIGHT PREACHERS gegründet haben, schon nicht mehr. Mit der Band geht es eher darum, kleine Geschichten aus dem Leben zu erzählen und wir möchten, dass die Leute ein bisschen von sich selbst in den Texten und der Musik wiedererkennen können. Da Beziehungen einen großen Teil des Lebens ausmachen, ist es einfach, darüber zu singen, da viele Leute diese Situationen und Gefühle nachvollziehen können. Außerdem können Mädchen deinen Kopf ganz schön durcheinander bringen und da kann es manchmal helfen, einen Song darüber zu schreiben.
Tätowierungen sind ein anderer fester Bestandteil des Rock'n'Roll. Jonas, du hast ein sehr auffälliges Tattoo auf der Brust, das man auch auf dem Cover des Albums sehen kann. Was ist die Geschichte dahinter?
Jonas: Da war ich 18 und wollte dem Rock'n'Roll meinen Respekt erweisen. Also beschloss ich, "Rock'n'Roll heart" über mein eigenes Herz zu schreiben. Gesagt, getan. Ich ging zum Tattoo-Shop und war höllisch nervös - der Typ arbeitete mehrere Stunden daran. Als ich dann nach Hause kam, ist mir aufgefallen, dass er das Wort "Herz" falsch buchstabiert hatte. Da stand "haert"! Wütend ging ich zurück und er versprach, es zu ändern. Ein bisschen verbesserte er es, aber es sah immer noch ziemlich scheiße aus, daher sollte ich noch einen weiteren Termin bekommen. Das nächste Mal, als ich hingehen wollte, war der Laden geschlossen. Ich fand heraus, dass der Typ bei einem Autounfall gestorben war und seitdem habe ich nicht mehr versucht, etwas daran zu ändern. Ich betrachte ich es nun als mein persönliches Voodoo-Amulett.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #80 Oktober/November 2008 und Bastian Küllenberg