Flo, du hast auf deiner Haut schon einige Tattoos versammelt. Wie bist du auf Volko Merschky und seinen Trash-Polka-Stil gekommen?
Im Grunde genommen hat mich meine damalige Freundin auf Volko aufmerksam gemacht, denn die hatte schon vorher alle Tattoo-Magazine zusammengetragen und mir dann den Stil von Volko gezeigt. Den Stil fand ich sofort großartig und mir war klar, dass ich so etwas auch haben wollte. Zu der damaligen Zeit sah man seine Arbeiten auch noch gar nicht so häufig, während er ja heute von verschiedensten Tätowierern immer wieder nachgemacht wird. Ich war damals so fasziniert, dass ich einfach mal hingefahren bin, ohne überhaupt eine große Vorstellung zu haben, was ich mir eigentlich stechen lassen wollte.
Volko Merschky ist dafür bekannt, dass er sich von seinen Kunden ungern in seine Werke reinreden lässt. Braucht man da mehr Vertrauen, als beim Tätowieren ohnehin erforderlich ist?
Ja, man muss erstens viel Vertrauen haben und zweitens aber auch genug Selbstbewusstsein, um auch seine eigenen Ideen durchsetzen zu können. Es waren bei mir Elemente in dem Motiv drin, die ich definitiv nicht haben wollte, und Volko hat während unserer zwölfstündigen Session dauernd versucht, mir die Motive einzureden. Zum Glück ist es mir aber doch immer gelungen, ihn davon zu überzeugen, es einfach zu lassen.
Du bist ohne wirkliche Idee nach Würzburg gefahren. Auf welches Motiv habt ihr euch letztendlich geeinigt?
Also ich wollte gern einen ganzen Sleeve mit einem Spatz an einem Ende des Arms am Handgelenk und dem Gesicht von Victor Pascow aus „Friedhof der Kuscheltiere“ auf dem Oberarm stechen lassen. Und das einzige, was davon geblieben ist, ist das Gesicht.
War dir vorher schon klar, auf wie viele Stunden Tätowieren du dich bei einem ganzen Sleeve einlässt?
Nein, wie lange das ganze Projekt tatsächlich dauern würde, war mir nicht wirklich bewusst. Grob geschätzt waren es am Ende etwa 24 Stunden reine Tätowierzeit, die wir auf fünf Sessions verteilt hatten. Die ersten beiden waren sechs Stunden lang und dann hatten wir noch ein paar kürzere Sitzungen.
Hat das Endergebnis am Ende deinen Vorstellungen entsprochen?
Ja, mit dem Ergebnis bin ich heute auf jeden Fall sehr glücklich. Wobei meine einzige Vorstellung eben ein süßer, kleiner Spatz mit einem richtig düsterem Hintergrund war. Nur dass der Spatz dann wegfiel und somit der Gegenpol in der Tätowierung fehlt.
Hast du damals schon mitbekommen, dass Volko Merschky so ein angesagter Superstar in der Tattooszene ist?
Nein, das wusste ich am Anfang gar nicht und muss auch sagen, dass die ersten zwölf Stunden sehr anstrengend waren. Da war die Atmosphäre zwischen uns recht frostig und ich dachte, wir würden kein Wort miteinander wechseln. Wir haben dann aber irgendwie bei der dritten Sitzung einen Draht zueinander gefunden, so dass es dann besser ging und wir uns sogar ziemlich gut unterhalten haben.
Kam dir bei den Startschwierigkeiten jemals der Gedanke abzubrechen?
Nein, wir hatten uns dann darauf geeinigt, dass er oben und unten anfängt und die Mitte, in der die kritischen Motive drin waren, erst mal offen lässt. Und nachdem ich ja mit Oben und Unten schon sehr zufrieden war, konnte ich ihn zum Glück im Laufe der Zeit davon überzeugen, die mittleren Parts neu zu gestalten.
Das Motiv hat relativ viele Schriftelemente. Um was handelt es sich da?
Das sind die zweite und dritte Strophe plus der Refrain von „Pet sematary“ von den RAMONES.
Wirst du bei deinen nächsten Projekten wieder dasselbe Studio aufsuchen?
Ich habe ziemlich unterschiedliche Stilvorstellungen von dem, was ich noch gern hätte, und da passt Trash Polka nicht so richtig rein. Außerdem ist der zeitliche Aufwand, jedes Mal nach Würzburg zu fahren, auch sehr groß, so dass das nicht unbedingt sein muss.
Könntest du dir vorstellen, irgendwelche Jugendsündentattoos lasern oder covern zu lassen?
Ich habe genau ein Jugendsündentattoo, das ich mir mit 18 habe stechen lassen, und das sieht heute noch so aus wie damals und das wird auch immer so aussehen. Ich denke, es gibt wenige Motive, über die man nicht irgendwie hinwegkommen kann.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #122 Oktober/November 2015 und Christoph Lampert