FIRST STEP

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Losgehen!

Wenn mich in den letzten zwei Jahren eine Band wirklich berührt hat, dann waren das THE FIRST STEP aus North Carolina. Großartiger Youth Crew Hardcore, der einen nicht still sitzen lässt, bei dem man ständig mitsingen muss, mit einer positiven Botschaft und verdammt noch mal genialen Texten.

Zu schade, dass die Band sich vor kurzem auflöste, nach nur einer 7" und einem Demo. Besonders traurig daran ist, dass für dieses Jahr eine Europa-Tour und eine LP geplant war. Lest selber, was Stephen St. Germain, Sänger der mehr als sympathischen und hierzulande leider fast unbekannten Band zu sagen hatte.

Was war der Hauptgrund, THE FIRST STEP zu gründen? Glaubst du, dass es heute, wo fast jede Band entweder Metal, Emo oder angepissten NYC spielt, zu wenige gute Posi-Core Bands gibt? Welche Rolle spielen THE FIRST STEP deiner Meinung nach in dieser Situation?

Wir haben alle schon lange Zeit Bands oder Zines gemacht und Shows gebucht. Wir alle lieben Hardcore und glauben an die Musik, die Texte und die Ideen von einem mitfühlendem Leben, an die wir durch unsere Teilnahme an der Szene herangeführt wurden. Aaro, Izzy und ich waren vorher schon in Bands, und obwohl diese uns Spaß gemacht und viel gebracht haben, hatten wir das Bedürfnis ‚die‘ Hardcore-Band zu gründen, eine, die alles, was wir an Hardcore lieben, beinhaltet und über die Dinge singt, die uns am meisten bedeuten. Viele unserer Bekannten und Freunde, sowie die Szene insgesamt, fühlten sich eher zu der negativen, harten Seite des Hardcore hingezogen, und wir konnten uns damit einfach nicht identifizieren. Viele Leute denken, dass wir diese Bands und Leute hassten und deswegen versuchten, etwas anderes zu machen, aber das entspricht absolut nicht der Wahrheit. Es war also kein reaktionäres Ding, einfach nur ein natürlicher Schritt für uns. Ich habe immer gedacht, dass es sehr schwer wäre, etwas Positives zu machen, während alle das Gegenteil tun. Ich denke, man muss nur das machen, was für einen selbst natürlich ist, wenn man nicht auf die Schnauze fallen will.

Denkst du, dass Posi-Core jemals wieder „groß“ wird, mit Bands wie euch und FACE THE ENEMY an der Spitze?

Ich hoffe, dass ‚positiver‘ Hardcore wieder groß wird, denn es ist offensichtlich die Art Hardcore, die ich wirklich liebe, aber es gibt eine Menge Sachen, die dagegen sprechen. Zum einen sind eine Menge Leute im Hardcore nicht ehrlich, nicht im Sinne von Stehlen oder Lügen, sondern eher in dem Sinne, dass sie nicht sagen, was wirklich in ihrem Herz vorgeht, oder eine Band machen, die zu dem steht, was sie wirklich sind. Ich denke, der Grund, warum Hardcore in den 80ern so groß geworden ist, ist der, dass die meisten Bands ehrlich waren und Hardcore so spielten, wie sie es wollten, und sich nicht von Szene-Trends beeinflussen ließen. Das hat vielleicht etwas damit zu tun, dass es damals noch ein ganz neues Ding war. Aber selbst wenn es nie wieder groß wird, wird es immer eine Menge Kids geben, die auf positive, ehrliche Werte vertrauen, also wird dieses Element nie ganz aus der Szene verschwinden.

Wie seid ihr zu Livewire gekommen? Seid ihr zufrieden mit dem Label?


Livewire ist ein großartiges Label für uns. Ich denke, Ed hat uns eine Menge dabei geholfen, als Band zu wachsen und wir haben wohl das Gleiche für sein Label getan. Ich denke, dass Ed nicht nur eine großartige Person mit Werten und Glauben ist, die sehr an unsere erinnern, sondern er ist auch ein sehr hingebungsvolles und motiviertes Hardcore-Kid. Außerdem glaubt er wirklich an uns als Band, was uns sehr wichtig war. Wir hätten auch zu anderen Labels, die unsere Sachen mögen, gehen können, aber es war von Anfang an klar, dass da eine richtige Verbindung zwischen uns und Livewire bestand. Wir sind mit ihnen in Kontakt gekommen, als wir gerade unser Demo raus hatten. Tim von HANDS TIED hat eines unserer Demos auf einer Show von uns, ENSIGN und RUNNING LIKE THIEVES in New Jersey bekommen und war sehr davon begeistert. Ed lebte damals am Strand in Kalifornien, und Tim, der lange Zeit mit ihm befreundet war, rief ihn an, um ihm zu sagen, dass er uns antesten solle. Ed hat unser Demo sehr gefallen, also sind wir zusammen auf die Idee gekommen, unser Demo als 7“ für unsere Tour in Kalifornien zu veröffentlichen. Wir haben einen Haufen Platten auf dieser Tour verkauft und hatten einige der besten Erlebnisse, die wir als Band je hatten, auf dieser Tour. Alles war so neu und begeisternd. Wir haben mit einigen großartigen Bands gespielt und sind zum Strand gegangen, haben großartiges Veggi-Essen gehabt, haben bei Revelation Records rumgehangen und einen Trip durch LBC gemacht, der beste Trip aller Zeiten!

Wie ist die Tour mit DAMAGE CONTROL gelaufen? Wie hat sie das Publikum aufgenommen? Oft scheint es so, als würden US-Kids nur auf US-Bands stehen.

Die Tour mit DAMAGE CONTROL war wahrscheinlich die zweitbeste Sache, die wir je mit THE FIRST STEP gemacht haben. Wir alle liebten DAMAGE CONTROL, hatten aber noch keinen von ihnen getroffen, außer als wir Daniel vorgestellt wurden, als er zum Posi Numbers Fest hier war. Wir wussten also nicht, was uns erwartete. Was wir herausgefunden haben, war, dass DAMAGE CONTROL momentan nicht nur die beste Hardcore-Band sind, sondern auch eine großartige Gruppe von Individuen. Sie sind einfach so positive und nette Menschen, dass es wie eine Brise frischer Luft war. Die Band hat alles: Hardcore mit Eiern, ehrliche Texte und ehrliche, echte Menschen hinter dem Ganzen. Auf der Tour haben sie eigentlich immer gute Reaktionen geerntet. Die Kids schienen insgesamt sehr beeindruckt von ihnen, aber den meisten waren sie nicht bekannt, also sind die Kids nicht viel abgegangen. Aber, so weit ich es sehen konnte, schienen die Leute sehr offen ihnen als Band gegenüber zu sein, wenn nicht, konnten sie es zumindest sehr gut verstecken! Es gibt eine Menge Leute in den USA, die europäischen Bands keine faire Chance geben. Ich denke, das ist eine sehr engstirnige und ignorante Einstellung, weil eine Menge guter Bands aus Europa kommen. Es gibt eine Menge Kids, die den Bands eine Chance geben, und ich hoffe, dass es so bleibt.

Inwiefern unterscheidet es sich im Vergleich zu anderen Bands bei THE FIRST STEP zu spielen? Es scheint so, als würden THE FIRST STEP von einigen Leuten ziemlich gehypet. Habt ihr immer gute Reaktionen auf Shows und denkst du, dass es etwas damit zu tun hat, dass ihr eine der wenigen Bands seid, die diese Art von Musik spielt?

Da ist etwas sehr spezielles, wenn wir auf die Bühne gehen. Ich weiß nicht, wie andere Bands das machen, aber wir versuchen einfach, uns sehr auf unsere Motivation und persönlichen Band-Ziele zu konzentrieren, sehr damit verbunden zu sein, wovon unsere Texte handeln, und wenn wir in dieser Lage sind, gehen wir live einfach nur noch ab! Abseits der Bühne versuchen wir so sehr wir es können, anderen Leuten gegenüber offen zu sein. Eine Menge Bands hängen nicht mit den Kids rum, wenn sie in einer anderen Stadt sind. Wir versuchen ständig, neue Leute zu treffen und kennen zu lernen. Nicht, um unsere Band populärer zu machen, sondern weil es eine der besten Sachen im Leben ist, neue Freunde zu finden – ein Gesicht auf einer Show zu einem Langzeit-Freund zu machen. Unsere Shows sind mit der Zeit immer besser geworden. Eine der Sachen, die mich bei THE FIRST STEP begeistert und stolz macht, ist, dass ein Kern von Leuten richtig an uns als Band und als Menschen glaubt und so sind sie uns die ganze Zeit treu geblieben, und dieser Enthusiasmus ist auf andere Leute übergesprungen. Wir haben wirklich versucht, jede Form von Hype um uns zu vermeiden, denn wir sind immer noch die, die wir immer waren und wir versuchen nicht, etwas größeres und besseres als Hardcore zu machen. Wir lieben es einfach, eine Straight Edge-Vegetarier-Hardcore-Band zu sein. Wir sind bescheidene Menschen, und sehen uns nicht als etwas Besseres als die Leute im Publikum an – wir stehen alle auf einer Ebene.

Die Texte scheinen für euch sehr wichtig zu sein, mir gefallen sie sehr, da sie so eine positive Note haben, und selbst ein Song wie „The higher taste“ klingt nicht wie eine Menge anderer Vegetarier Songs der letzten Jahre.

Ich bzw. wir denken, dass es wichtig ist, darüber nachzudenken, wie du wirklich über ein bestimmtes Thema denkst, und dass dann mit den besten Worten, die du finden kannst, auszudrücken. Wenn du das machst, erreichst du ein sehr ehrliches Level, dass du niemals erreichen würdest, wenn du dich zu einem Thema zwingst. Ich denke, die Leute fühlen das, wenn sie Texte hören, die jemand wirklich so meint. Wir wollten immer, dass unsere Texte positiv und simpel sind, nichts, was schwer zu verstehen und komplex ist, so dass jeder – Hardcore-Kids oder unsere Eltern – verstehen kann, was wir versuchen zu machen. Für THE FIRST STEP waren die Texte das Wichtigste, denn wenn du heute, 2003, schnellen Hardcore spielen willst, ist da sehr wenig, was textlich noch nicht angesprochen wurde. Also ist das Risiko sehr hoch, dass es statisch und langweilig wird. Wir sind dafür kritisiert worden, dass wir uns nicht entwickeln würden und einfach nur unsere Philosophie wiederkäuen würden. Unsere Antwort darauf ist: ihr habt Recht, wir spielen Musik, die schon zuvor gespielt worden ist, aber wir waren bei unseren Texten immer progressiv. Für uns waren die Ideale, mit denen die Band operierte und über die sie sang, viel wichtiger.

Warum zur Hölle habt ihr euch eigentlich aufgelöst?

Das war eine verdammt schwere Entscheidung. Wir hatten Pläne für eine LP und hatten schon großartige Songs dafür geschrieben, Pläne für eine Europa-Tour und viele Ost- und Westküsten Shows, aber irgendwas stimmte nicht in der Band, und weil wir daran glaubten, wofür die Band stand, konnten wir nicht weitermachen, wenn es sich nicht richtig anfühlt. Es hat sich eine Menge mit THE FIRST STEP im Laufe der Zeit verändert, nicht wie bei den meisten Bands, die übermutig werden, ihren Look oder ihre Texte verändern. Aber unsere Umgebung, die wir stark beeinflusst haben, veränderte sich. Während eine Menge Kids an uns glaubten und mehr und mehr zu unseren Shows kamen, gab es eine kleine Gruppe von Leuten, die uns den Rücken zukehrten. Das waren Leute, an die wir glaubten, denen wir so sehr wir konnten halfen, die auf unseren Platten Back Up-Vocals sangen, und uns dann einfach fallen ließen. Das war sehr hart für uns, denn es fühlte sich an, als ob wir eine Menge Boden unter unseren Füssen verloren. Das war aber nicht der Hauptgrund, es hat die Situation nur nicht besser gemacht. Es ist schwer, den Moment heraus zu kristallisieren, aber es hat viel mit dem Fokus der Band, den ich bereits erwähnte, zu tun. Ohne ihn fühlten wir uns, als ob wir nur noch eine andere Band wären, etwas Mittelmäßiges, und das wollten wir niemals tun. Also entschlossen wir, dass es Zeit war, aufzuhören. Ich weiß nicht, warum es passiert ist, aber nichts kann für immer halten, es war wohl einfach unsere Zeit, zu gehen.