Auch wenn ENGINE DOWN uns jetzt das erste Album via Lookout Records präsentieren, so ist diese Band dem Anfängerstatus doch schon längst entwachsen. Und weit mehr. Das Quartett um Sänger und Gitarrist Keeley Davis aus Virginia ist als Haupteinfluss so mancher Band anzusehen. Seit 1996 ist das Quartett nun schon musikalisch aktiv, einige Nebenprojekte wären DENALI, ZETAMALE und GREGOR SAMSA. Doch anno 2005 wollen es ENGINE DOWN nun endgültig wissen: Die Nebenprojekte wurden allesamt auf Eis gelegt, mit Lookout wurde ein größeres Label gefunden, und der vierte, titellose Longplayer scheint nun auch über den Indiestatus hinaus Gefallen finden zu können. Ich sprach mit Sänger und Gitarrist Davis Keeley über die Band, die nun – auch hierzulande – weitaus bekannter werden könnte.
Alle Mitglieder von ENGINE DOWN haben schon vor der Gründung 1996 in anderen Bands wie etwa SLEEPY TIME TRIO, BUGHUMMER und THE WEAK LINK BREAKS gespielt. Was als schlichtes Nebenprojekt begann, wurde im Laufe der Jahre weitaus eigenständiger und einflussreicher, als zuerst gedacht.
„Wir haben alle dieselbe Schule besucht und waren schon sehr lange Zeit befreundet. Als wir dann auch anfingen, zusammen Musik zu machen, haben wir gemerkt, dass die Chemie innerhalb der Band nicht besser sein könnte, und so haben wir beschlossen, mit ENGINE DOWN ein neues Kapitel zu eröffnen und mit der musikalischen Vergangenheit abzuschließen. Niemand von uns hatte eine konkrete Vorstellung, in welche musikalische Richtung das gehen würde, aber ich denke, dass uns das richtige Gefühl geleitet hat. Und auch heute wächst die Band von Tag zu Tag und das Schönste ist, dass dem Ganzen keine Grenzen gesetzt sind. Musik hat uns allen immer unglaublich viel bedeutet und wir versuchen nun, unser Bestes dazu beizutragen“. So Keeley über die Anfangstage.
ENGINE DOWN haben mit ihren bisherigen drei Alben stets Mut zur Veränderung bewiesen. Kein Album ähnelte dem anderen und auch hinsichtlich der Instrumentierung kann man dieser Band alles andere als Einfältigkeit vorwerfen. Der sich am New Yorker Indierock orientierende Sound wurde durch den Einsatz von Klavier, Cello und Vibraphon noch weitaus vielschichtiger gestaltet. Die Band hat sich und ihren Sound mit den bisherigen Alben „Under The Pretense Of Present Tense“, „To Bury Within The Sound“ und „Demure“ stets neu zu definieren gewusst.
Das aktuelle vierte Album ist ein weiterer Höhepunkt der Bandkarriere, der das Quartett jedoch diesmal auch in höhere Popularitätsgefilde führen könnte.
„Wir hatten das Gefühl, bei Lovitt Records an eine magische Grenze gestoßen zu sein“, erklärt Davis. „Das Limit schien erreicht zu sein. Lookout Records haben einen weitaus besseren Vertrieb, der es den Leuten einfacher machen wird, an unsere neue Platte zu kommen. Das Label hat eine Geschichte aufzuweisen, einen sehr gute Ruf und könnte ‚Engine Down‘ den entscheidenden Push versetzen, den es nötig hat. Es ist unsere vierte Platte und wir hatten diesmal das Gefühl, die Musik vollständig ‚im Griff‘ zu haben. Dieses Album steht für den Sound, den wir schon immer verkörpern wollten, ist also in jeder Hinsicht repräsentativ. Diese Platte hat unser aller Engagement. Wir konzentrieren uns im Moment nur auf ENGINE DOWN. Mit dieser Band wollen wir weiter kommen als bisher, denn sie bedeutet alles für uns. All unsere Nebenprojekte haben wir dafür auch gecancelt.“
„Engine Down“ macht einmal mehr deutlich, dass die Band Hardcore und „Emo“ schon längst entwachsen ist. In den Staaten genoss man schon nach dem ersten Album im Jahre 2000 einen hervorragenden Ruf, und mit der Zeit wurden ENGINE DOWN eine immer wichtigere und vor allem einflussreichere Band, die mit einem Stil aufwartet, den man weder mit dem von anderen Bands vergleichen, noch mit wenigen Worten erklären kann.
„Das hört sich für mich erstaunlich gut an“, sagt Keeley.
„Ich bekomme das selbst eigentlich gar nicht so mit, dass wir einen so großen Einfluss auf andere Bands haben, denn ich finde, dass unser Stil sehr schwer zu kopieren ist. Unser Sound ändert sich ja auch ständig und ist auf jeder Platte anders. Ich könnte das aber durchaus verstehen, denn auch wir wurden von anderen Bands inspiriert, und warum sollte nicht auch von uns eine Faszination ausgehen? Wir hören uns Bands an, die wir mögen, und haben dabei das Gefühl in der Magengegend, uns dieser Musik mit Herz und Seele verschreiben zu müssen. Diese Grundmotivation steckt bestimmt auch andere Leute an. Das jedenfalls hoffe ich.“
Die Einzigartigkeit einer Band wie ENGINE DOWN birgt aber sicher auch Nachteile, die zuerst nicht als solche gesehen werden, aber dem Erfolg einer Band durchaus im Weg stehen können. Davis scheint das nicht fremd zu sein: „Du hast Recht. Diese Einzigartige haben wir uns stets bewahren können. Gerade das macht es aber auch nicht gerade leichter, eine größere Menschenmenge mit der Musik anzusprechen. Wir gehen mit Bands völlig anderer Stilrichtungen auf Tour. Natürlich hört sich unsere Musik nicht so an wie die von GOOD CHARLOTTE. Wir könnten zwar mit ihnen touren, aber ich könnte niemandem versprechen, dass jeder GOOD CHARLOTTE-Fan auch unsere Musik mag. Das ist unmöglich. Uns haben auch eher Bands beeinflusst, die eben nicht Musik für die Massen gemacht haben, sondern alle für sich gesehen einzigartig sind, etwa HOOVER, BARKMARKET und BLONDE REDHEAD. Alle Mitglieder von ENGINE DOWN hören zwar die gleiche Richtung Musik, aber jeder hat da seine speziellen Vorlieben. Wenn einer von uns mit einer Idee in den Proberaum kommt, dann ist es eigentlich vollkommen klar, dass wir als Band diese Idee weiterentwickeln. Ein fertiger Song von uns hört sich also niemals so an wie das Grundgerüst. Und genau das ist es, was mich selbst bei ENGINE DOWN so fasziniert und warum es mir so viel Spaß macht, in dieser Band zu spielen. ENGINE DOWN ist für uns alle definitiv der beste Weg, uns als Menschen verständlich zu machen.“
Man muss sich „Engine Down“ schon mehrere Male anhören, um die Tiefgründigkeit und das Potenzial dieser Platte zu begreifen, am eigenen Leib zu erfahren. Auf die Frage, ob das ein Ziel von ENGINE DOWN sei, Songs zu schreiben, die eben noch nicht direkt beim ersten Hören funktionieren, meint Davis: „Das gilt eigentlich für jede Platte der Band. Ich selbst war nie ein Freund von Musik, die nicht das Verlangen weckt, sie wieder und immer wieder zu hören. Ich kann sehr gut verstehen, warum du das zum Beispiel bei uns so empfindest. Wir schreiben Musik und achten dabei noch auf Details. Eine Idee wird bei uns immer zu mehr. Ein Song entwickelt sich erst mit der Zeit. Das gilt auch für das Schreiben von Musik. Wir arbeiten hart daran, Musik mit Tiefgang und Atmosphäre zu schaffen. Wir sind definitiv keine Pop-Band. Ich will, dass unsere Musik zeitlos ist und man unsere Platten immer mal wieder aus dem Regal zieht, ohne sich je daran satt zu hören.“
Und eines noch möchte Davis unbedingt gesagt wissen: „Es ist in diesen Tagen ungeheuer schwer, sich als Band durchzusetzen, allein schon aufgrund der Masse an Bands, die es gibt. Ich bin schon ein wenig enttäuscht über die Leute, die Musik nur halbherzig machen oder nur deswegen, um eben ‚in einer Band‘ zu sein. In einer Band zu spielen, ist nicht annähernd so glorreich, wie viele zu denken scheinen. Musik ist so unglaublich kostbar und ich wünschte, dass jeder das erkennen würde. Oh Gott. Höre ich mich jetzt schon wie ein alter, eingestaubter Lehrmeister an? Jetzt schon? Nein, oder?“
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