Don Marco heißt eigentlich Markus Naegele, aber jeder gute Rock’n’Roller hat einen „Nom de guerre“. Einst nahe Frankfurt (musikalisch) sozialisiert, lebt und arbeitet er heute in München, ist Lektor und der Chef bei Heyne Hardcore, einem „Sublabel“ des Verlags-Majorlabels Penguin Random House, betreut beispielsweise John Niven, hat Bücher über SLIME und JOY DIVISION verantwortet. FUCK YEAH waren bis irgendwann vor CORONA seine Band, dann kam DON MARCO & DIE KLEINE FREIHEIT und das Album „Gehst du mit mir unter“. Ein guter Anlass, sich über all das zu unterhalten.
Markus, wie ging das bei dir einst los mit der Popkultur?
Puh, da könnte ich jetzt ein Buch schreiben. Erst mal kam der Pop, die Kultur kam später. Ich fing so mit zehn Jahren an, Popmusik wahrzunehmen. Die Eltern haben mir leider nichts mitgegeben, das musste ich mir schon alles selbst erarbeiten. Es fing so Mitte der Siebziger an mit den BAY CITY ROLLERS und dem, was es so in Ilja Richters „Disco“ gab. Bubblegum-Pop. Melodien. Viel Farbe. Dann BEATLES, KINKS, ELO, QUEEN. Erste Platten kaufen, von Pop/Rocky zu Musikexpress/Sounds, dann weiter zu Spex und Fanzines. Musikalisch über Powerpop zu New Wave, danach erst 1981 Punk entdeckt über einen Schulaustausch in England. Da habe ich mir von meinem Essensgeld in kurzer Zeit Platten von RAMONES, CLASH, SEX PISTOLS, STIFF LITTLE FINGERS, STRANGLERS aber auch ECHO & THE BUNNYMEN oder ADAM AND THE ANTS zugelegt. Kurz davor war ich auf meinem ersten echten Konzert, Frühjahr 1981 in der Frankfurter Festhalle: BRUCE SPRINGSTEEN & THE E-STREET BAND. Das war schon so was wie ein Erweckungserlebnis. Das zweite Konzert sollte dann ausgerechnet von STYX sein, was für eine Ernüchterung, schräge Welten. Damals hatte ich noch kein richtiges Koordinatensystem, man nahm, was man erleben oder hören konnte. Ich habe dann auch noch lange Zeit viele Musikstile durcheinander und nebeneinander gehört, die eigentlich überhaupt nicht zusammengehen. Von AOR-Rock über Heavy Metal bis Hardcore-Punk und New Romantic.
Und ging es da wirklich nur um die Musik oder hast du auch schon in jungen Jahren erfasst oder erahnt, dass etwa Film, Comics, Bücher irgendwie dazugehören?
Die Kultur kam dann über die intensive Beschäftigung mit Popmusik dazu, der Suche nach Quellen, nach Verweisen, den Geschichten dahinter. Ich wurde da durchaus etwas obsessiv, man kann es auch nerdig nennen. In der Schule habe ich mich für vieles nicht wirklich interessiert, aber plötzlich taten sich Welten auf, die mich faszinierten. Und ich tat fast alles, um möglichst viel zu erfahren. Wir wohnten damals etwa zwanzig Kilometer außerhalb von Frankfurt. Da, wo ich wohnte, gab es keinen Plattenladen, keinen Club, bloß drei Fernsehprogramme. Und es war die Zeit vor dem Internet. Meine Eltern schickten mich dann zwar in Frankfurt aufs Gymnasium, aber ich saß den halben Tag im Bus und auf der Schulbank. Von der Großstadt habe ich kaum was mitbekommen. In der Oberstufe änderte sich das dann zusehends. Meine Klassenkameraden waren die Jungs von TANKARD, die damals als Schulband mit ihrem Alcoholic Metal anfingen, so war ich plötzlich ein paar Jahre lang Teil der Heavy-Metal-Szene, ging zu Konzerten von DESTRUCTION oder KREATOR, um dann zu Hause R.E.M. oder HUEY LEWIS & THE NEWS zu hören, schon seltsam.
Und Bücher ...?
Um Literatur habe ich eine ganze Weile einen ziemlich großen Bogen gemacht, weil ich es so grausam fand, in der Schule jeden Text zu Tode zu analysieren, die ganzen Klassiker, das hat mir jeden Spaß genommen. Ich kam dann später über die Beat-Poeten wie Jack Kerouac – „On The Road“ ist bis heute vielleicht das prägendste Buch für mich – und unkonventionelle Literaten wie Hunter S. Thompson doch noch auf den Geschmack. Nick Hornbys frühe Romane waren tatsächlich auch nicht unwichtig, auch wenn sie eher leichte Literatur waren. Danach Bret Easton Ellis oder Rick Moody. Viele Amerikaner. Im Film war Jim Jarmusch wichtig, überhaupt Autorenfilmer. Später Tarantino, der wiederum großer Fan von Sergio Leone ist, dessen Filme ich liebe. Auch hier war ich Fan der Amerikaner, diese ganze New-Hollywood-Riege – Scorsese, De Palma, Coppola, Spielberg.
Heute bist du Lektor und der Chef bei Heyne Hardcore, einem „Sublabel“ des Verlags-Majorlabels Penguin Random House, betreust beispielsweise John Niven, hast Bücher über SLIME und JOY DIVISION verantwortet. Wie wird man das, was macht man da?
Lektor bin ich durch mehrere glückliche Zufälle geworden, das wurde mir tatsächlich aus ziemlich heiterem Himmel über mehrere komplizierte Verwicklungen angetragen. Ich wollte eigentlich ins Musikgeschäft, wollte A&R-Manager werden, also Bands entdecken und managen, hatte bei einer großen Plattenfirma eine kaufmännische Ausbildung gemacht, parallel bereits angefangen, für Zeitungen über Musik zu schreiben, habe ein paar eher halbgare Anläufe mit eigener Musik unternommen. Nach der Ausbildung gab es aber keinen freien Job in der gewünschten Position, ich hätte als Vertreter in den gerade entstandenen neuen Bundesländern im Osten anfangen können. Das war nichts für mich. Also jobbte ich so rum, schrieb weiter und vermehrt über Musik, veranstaltete erste Konzerte, managete auch mal ein paar Bands, gründete das superstar-Fanzine, machte mit einem Freund ein kleines Label namens Peace 95 und versuchte, mit wenig Geld eine Art Bohème-Leben zu führen, mehr schlecht als recht, vor allem damals in Techno-Town Frankfurt. Zwischenzeitlich studierte ich noch Wirtschaftswissenschaft mit Schwerpunkt Marketing, auch hier mit Zielrichtung Musikgeschäft. Es folgten zig Bewerbungsgespräche bei Plattenfirmen, aber ich hatte zu dem Zeitpunkt bereits ziemlich dezidierte, geschmäcklerische Meinungen, die mit dem angesagten kommerziellen Mainstream schlicht nicht zusammengingen. So kam es nie zu einer Anstellung.
Und dann kam ein Anruf aus München?
Ja, vom Heyne Verlag. Ob ich vielleicht Interesse hätte, Buchlektor zu werden, sie bräuchten jemanden für den Bereich Pop und Movie-Tie-Ins. Das war 1998. Ich hatte gerade ein Kind in die Welt gesetzt, kein wirklich sicheres Einkommen, war aber ganz gut vernetzt und umtriebig. Und dachte, wenn ich ein Fanzine hinkriege, dann könnte das mit dem Bücherverlegen nicht so viel anders sein. Erst hatte ich aber große Vorbehalte. Zu dem Zeitpunkt war ich wirklich im Underground verankert, der Mainstream war der Feind, und jetzt klopfte ein solcher Mainstream-Verlag an. Aber die finanzielle Not und auch sonst nicht so viele tolle Perspektiven sorgten dafür, dass ich mir dachte: Probieren kann ich es ja mal. Ich schummelte mich dann durch das Vorstellungsgespräch und war plötzlich Buchlektor. Ich habe das nicht gelernt, auch nicht Germanistik studiert. Aber ich war umtriebig, neugierig und gut vernetzt. Außerdem hatte ich schon einiges vorzuweisen, was ich selbst auf die Beine gestellt hatte. Das haben sonst nur wenige Lektoren. Und ehrlich gesagt kann so ein wenig Ahnung von Marketing und dem Markt auch nicht schaden bei dem Job.
In gewisser Weise hast du eine Leidenschaft – Hobby wäre der falsche Ausdruck – zum Beruf gemacht. Ist, war das eine gute Entscheidung?
Vermutlich kann ich mich schon glücklich schätzen, mich beruflich mit dem zu beschäftigen, was mich auch inhaltlich interessiert. Wobei ich die ersten Jahre ganz normal für Heyne Taschenbuch gearbeitet habe und dort auch Thriller, Liebesromane und sogar „Star Wars“-Bücher oder Mangas betreut habe, also keineswegs nur meine großen Leidenschaften. Aber das war eine gute Schule. Vor inzwischen 16 Jahren habe ich dann das Label Heyne Hardcore gegründet, um das ich mich seit einiger Zeit ausschließlich kümmere. Und das tatsächlich inhaltlich ziemlich gut das abbildet, was mich literarisch interessiert: Musik, Underground-Literatur, ungewöhnliche Sachbücher, Noir-Krimis, Erotik. Da ich in der Tat eine ziemliche Leidenschaft für mein Programm und unsere Bücher habe und man in so einem großen Verlagshaus auch regelmäßig Kompromisse machen muss, kommt es aber natürlich schon auch vor, dass ich gegen die Wand laufe und mir wünschte, einen egalen Nine-to.five-Job zu haben und nach Feierabend einfach abschalten zu können. Das geht bei mir nicht. Dass ich meine wirklich große Passion, die Musik, neben dem Job erst als Konsument – ohne Rezensionsdruck – wieder frei genießen konnte und seit einigen Jahren auch zunehmend professionell als Sänger, Komponist und Gitarrist auslebe, das ist ein großes Glück und eine sehr gute Entscheidung.
Wie sieht es mit eigener schreiberischer Betätigung aus? Oder wird man bei professioneller Beschäftigung mit dem schriftstellerischen Werk anderer demütig und merkt, was andere besser können?
Demut ist immer gut. Hin und wieder schreibe ich mal einen Text über Musik oder Ähnliches, wenn mich jemand fragt. Vor einigen Jahren habe ich auch tatsächlich einen Roman angefangen, als ich einige Wochen wegen eines Unfalls ans Bett gefesselt war. Dann wurde ich aber fast zu schnell wieder gesund und begann, ernsthafter an neuen Songs zu arbeiten. Daraus wurde dann FUCK YEAH. Das Problem ist, dass man für einen Roman einen langen Atem und Geduld benötigt, dazu ausgiebig Fantasie und Ideen. Der Anfang und die Grundidee ist bei vielen Autoren oft gut und geht einfach von der Hand, aber wie geht es dann weiter? Das ist eine Gabe, über die einfach nur wenige verfügen. Und ich bin ein eher ungeduldiger, zappeliger Mensch, der schnell weiterkommen will, meine Aufmerksamkeitsspanne ist begrenzt, ich bin immer schon beim nächsten Projekt. Bei Songs hat man schnell Erfolgserlebnisse, meistens stehen meine Songs im Großen und Ganzen innerhalb kürzester Zeit. Ein Roman dauert Monate, wenn nicht Jahre. Aber irgendwann schreibe ich weiter, so siebzig, achtzig Seiten habe ich bereits irgendwo auf der Festplatte. Vielleicht kommt ja eines Tages wieder eine Auszeit, gern dann ohne Unfall.
Sprechen wir über Musik. Du betreibst aktuell nebenberuflich DON MARCO & DIE KLEINE FREIHEIT. Wann und wie wurde und wird Markus Naegele zu Don Marco, was unterscheidet die beiden Charaktere ... ist es gar wie bei John Niven oder Irvine Welsh und deren Figuren, wo man auch mal Autobiografisches durchblitzen sieht?
Für das neue Projekt und den Wechsel von der englischen in die deutsche Sprache wollte ich einen Cut. Eine Art Neustart, nicht einfach so weitermachen. Neue Leute, neues Umfeld. Mich auch in gewisser Weise freimachen und eine Art Kunstfigur schaffen, was vielleicht komisch klingt, weil die Texte jetzt größtenteils viel persönlicher und intimer sind und nun auch viel mehr diskutiert werden. Man wird natürlich auch viel angreifbarer und sensibler, wenn man in einer Sprache singt, die jeder versteht und wahrnimmt. Bei FUCK YEAH wurde nie größer über die Texte gesprochen, obwohl ich mir da auch schon Mühe gegeben habe, aber ehrlich gesagt wurde das hierzulande bloß als irgendein Singsang wahrgenommen. Das fand ich auf Dauer unbefriedigend, gerade für jemanden, der mit Texten eigentlich Tag und Nacht zu tun hat. Generell sind alle meine Texte immer auch autobiografisch, das kommt ja aus mir raus, auch wenn ich oft lange Zeit nicht weiß, wo manche Zeile herkommt und was sie bedeutet. Das ist eine Mischung aus Zufall, Intuition, Inspiration, ich lasse mich da sehr gerne treiben. Manches ergibt schnell Sinn, wird konkret, anderes bleibt vage, ist schwer fassbar. Das mag ich ganz gern, wenn es etwas kryptisch bleibt. Auf Don Marco kam ich, weil das mein alter DJ-Name aus Frankfurter Zeiten ist. Außerdem fand ich Markus Naegele nicht wirklich sexy als Name für das neue Projekt, ein bisschen Glam sollte das schon haben. Deshalb unter anderem auch der Nudie-Suit. Mir ist dieser ganze Indierock-Bereich sowieso meist viel zu schluffig, zu unstylish, dadurch auch so männlich und irgendwann langweilig. Ein weiterer Grund für den anderen Namen war, mein Leben als Verlagsmensch stärker von dem als Musiker zu trennen, das sind zwei Baustellen, was gar nicht so einfach zu organisieren ist.
Wie ging das mit dir und dem Musikmachen los, was waren im Laufe der Jahre die Stationen?
Im Schnelldurchlauf: Klavier als Kind. Erfolglos abgebrochen. Erste E-Gitarre 1981. Erfolglos abgebrochen. Mitte der Achtziger zweiter Anlauf Akustikgitarre, später E-Gitarre. Zarte Pflänzchen. Vierspurgerät. Naiv-dilettantische LoFi-Versuche. Erfolglos. Ende der Achtziger erste Bandversuche. Erfolglos. Anfang der Neunziger Grunge-Alternative-Rock-Band THE HAPPY HUNTING GROUND. Demos, Konzerte, fast Plattenvertrag. Aufgelöst. Diverse fehlgeschlagene Folgeprojekte. Lange Pause. 2010 Neuanfang. Mehrere fehlgeschlagene Bandprojekte. 2015 Gründung von FUCK YEAH. Plötzlich passt alles. Direkt Konzerte, Aufnahmen, EP, zwei Alben.
Von FUCK YEAH kam zuletzt 2018 das Album „Funny Farm“. Und dann ... aus die Maus, enter Don Marco?
Bei FUCK YEAH lief es mit dem ersten Album 2016 aus dem Stand direkt super, das Album wurde breit wahrgenommen, wir haben viel gespielt. Es gab massig Presse, viel Energie, wir hatten ein richtiges Gang-Feeling. Beim zweiten Album sah erst alles gut aus, wir waren plötzlich bei einer großen Booking-Agentur, wollten auf Tour gehen. Dann ist der Drummer ausgestiegen, ein neuer kam dazu, der dann keine Zeit mehr hatte, ein ständiges hin und her, eine kleine Tour wurde gebucht, in den falschen Läden, der Vorverkauf funktionierte nicht, Shows wurden abgesagt. Es gab keine Open-Air-Termine. Frust kam auf, die Proben wurden sparsamer. Na ja, wie Bands eben sind. Es machte keinen rechten Spaß mehr, wir fingen an, mehr zu diskutieren als zu musizieren
Also hast du den Stecker gezogen und ein neues Projekt gestartet?
ja, erst ganz alleine zu Hause mit der Westerngitarre und einem kleinen Aufnahmegerät. Ich musste auch erst mal schauen, ob das mit deutschen Texten irgendwie funktioniert, ist eben ganz anders. Alleine der Gesang. Das kann man nicht so wie im Englischen wegsingen; harmonisch und rhythmisch sind die Sprachen ganz unterschiedlich. Es hat eine Weile gedauert, bis ich da für mich einen Weg gefunden habe, der sich gut anfühlte, mit dem ich mich arrangieren konnte, bei dem ich mich auch nicht verstellen muss. Das war bei früheren Versuchen ewig das Problem, mal versuchte ich Peter Hein von FEHLFARBEN zu imitieren oder diesen oder jenen. Und wenn man da keine eigene Identität findet, dann bleibt man ein zweitklassiger Cover-Clown. Irgendwann fing ich mit so ganz simplen LoFi-Achtspur-Aufnahmen an. Die habe ich mir eine Weile angehört, bis ich überzeugt war, dass die Songs was haben. Mit Philip Bradatsch, selbst großartiger Singer/Songwriter, habe ich dann im Duo ein wenig musiziert, erste kleine Auftritte. Und dann habe ich einfach für mehrere Tage ein Studio gebucht und befreundete Musiker angehauen, ob sie Lust hätten, mit mir aufzunehmen. Und so kam eine lustige, wilde Truppe von Leuten auf dem Land bei Erding zusammen, die sich großteils nicht kannten. Ich hatte vorab die Demos rumgeschickt, wir bauten auf und fingen an. Und es klappte umgehend. Keine langen Diskussionen, keine ewigen Proben. Spontanität. Spielfreude. Spaß am Musikmachen. Dinge ausprobieren.
Das Debüt „Gehst du mit mir unter“ nahm schon 2019 seinen Lauf, dann kam Corona ... Wie oft hast du deine Mitmusiker:innen in den letzten zwölf Monaten „in echt“ gesehen?
Durch die räumliche Distanz und dann Corona war das letzte Jahr schon echt seltsam. Die Basisaufnahmen wurden ja bereits im Spätsommer 2019 gemacht, dann gab es einige weitere Studiotermine für zusätzliche Overdubs, Chöre, Gesänge, bevor es im Mai 2020 nach dem ersten Lockdown an den finalen Mix ging. Jeder schickte per Mail seine Anmerkungen, und ich habe das dann mit dem Engineer abgeschlossen. Zu den Musikern: Aus Berlin kam Kristof Hahn, der unter anderem bei der amerikanischen Noise-Band SWANS Lap-Steel-Gitarre spielt. Der hat aber auch schon mit Alex Chilton, Chris Spedding oder Nikki Sudden Musik gemacht, alles Leute, die ich sehr schätze. Und wie er Lap Steel spielt, ist einfach unfassbar. Außerdem ein Spitzentyp. Ebenfalls aus Berlin dabei ist Tim Jürgens, den man als Bassist von SUPERPUNK und DIE LIGA DER GEWÖHNLICHEN GENTLEMEN kennt. Tim ist schon lange ein guter Freund von mir, wir haben auch schon bei diversen Büchern zusammen gearbeitet, er ist Redakteur bei 11 Freunde. Und er ist musikalisch total breit aufgestellt und geschmackssicher, von Garage-Rock bis Disco, von Country bis Powerpop. Außerdem ist er irre zielgerichtet, organisiert und hat Ahnung von Arrangements. Von FUCK YEAH kamen Kevin Ippisch, Gitarre, und Nick Muttermilch, Drums, beide sehr viel jünger. Kevin ist ein absoluter Gitarrenwizzard, der immer interessante Sounds und Ideen hat. Nick studiert in London Schlagzeug, der wird es sicher noch weit bringen. Für den war das die erste Albumproduktion, entsprechend war er voller Eifer dabei. Philip Bradatsch konnte bei der ersten Studiosession nicht dabei sein, spielte dann aber bei vielen Songs eine weitere Gitarre. Dass er aktuell einer der besten deutschen Gitarristen ist, der Nels Cline, Neil Young oder J Mascis das Wasser reichen kann, sollte sich herumgesprochen haben. Und wie Tim Jürgens ist er auch ein hervorragender Harmoniesänger. Das Piano und sonstige Instrumente bediente Studio-Engineer Bonifaz Prexl, der eigentlich alles spielen kann, was man ihm sagt. Bei einigen Songs kam dann auch noch Stefan Kolbeck an der Trompete dazu. Musikalisch sind alle in ihren eigenen Welten zu Hause, echte Freaks, die angenehmerweise Musik ohne Scheuklappen hören und machen. Deshalb konnte ich auch so viele verschiedene Richtungen und Ideen verwirklichen, es ging immer um die Musik, den Sound, nie darum, ob das jetzt dieses oder jenes Genre ist oder ob es wie der oder der klingt.
Das Cover des Albums ... hat sicher eine Geschichte: Mann, Hut, Katze, rote Jacke, US-Pick-up ... erzähl!
Ja, das Cover habe ich mir von einem meiner Idole – Leon Russell – abgeschaut, ein legendärer und inzwischen verstorbener amerikanischer Freigeist, Pianist, Sänger, Produzent, Songwriter, der mit fast allen Größen des Showgeschäfts gearbeitet hat. In Deutschland ist er eher nicht so bekannt. Auf seinem 1978er Album „Americana“ sitzt er mit langen Haaren und Cowboyhut in einem verbeulten Oldtimer, ein Hündchen auf dem Schoß. Ein völlig skurriles, großartiges Cover. Noch dazu für ein Album, das merkwürdig zwischen Soul, Country, Pop und Bluegrass changiert. Das fand ich immer faszinierend. Und da ich mir vor einigen Jahren in den USA auch einen Stetson gekauft habe – den habe ich mir mit Einwilligung des Krimiautors James Lee Burke in Lolo bei Missoula, Montana zugelegt – und eben auch so lange Zotteln wie Russell hatte, kam ich auf die Idee, das Cover nachzustellen. Den Ford-Pick-up habe ich bei uns in München aufgetan, da kam der Kontakt über eine Bekannte des Drummers von Philip Bradatsch. Statt des Hundes wollte ich eine Katze, wir haben vier Katzen zu Hause. Katzen kann man sich aber nicht auf den Schoß setzen, deshalb musste unsere Porzellankatze Model stehen. Das Foto hat übrigens Tibor Bozi gemacht, einer der besten Fotografen in Deutschland, auch ein guter Freund, der zudem das Video zur ersten Single „Nervös“ produziert hat.
2022 – ihr geht auf Tour und alle anderen auch?
Das will ich doch schwer hoffen. 2021 würde ich auch gern schon Konzerte spielen. Ich hoffe, es gibt dann noch genügend Clubs und Locations. Oder es machen neue auf. Manche Läden sollen bereits bis 2023 ausgebucht sein, weil so ein Stau entstanden ist. Aber wir werden spielen, notfalls stellen wir uns auf die Straße. Das zweite Album ist schon fast fertig, uns wird man also nicht so schnell los.
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