Den meisten Lesern wird Skinhead Rob am ehesten durch die TRANSPLANTS bekannt sein. Die Supergroup, zu der außerdem noch Travis Barker (BLINK-182) und Tim Armstrong (RANCID) zählen, steht für musikalische Experimente zwischen Pop, Punk und ausgeprägtem Posertum. Wer aber hätte gedacht, dass in Skinhead Rob auch das Herz eines engagierten Crustpunks schlägt? Was es damit und seiner D-Beat-Band DEATH MARCH auf sich hat, lest ihr im Folgenden.
Wie kam es zur Gründung von DEATH MARCH? Gibt es da eine spannende Geschichte?
Ach, wir sind einfach eine Band und haben uns vor ein paar Jahren gegründet. Ich kann nicht mit einer spektakulären Story dienen. Unser Line-up besteht momentan aus Martin am Bass, Jimmy und Freddy von SOCIETYS PARASITES an den Drums respektive Gitarre/Gesang und ich übernehme als Sänger die Lead-Vocals. Wir geben Konzerte, wo und wann immer wir können. Am besten in Läden ohne große Bühne, Absperrungen oder Security. Es kommen nicht gerade viele Leute zu unseren Gigs, aber das macht uns nichts aus.
Ihr spielt eine Mischung aus klassischem D-Beat und Raw Punk. Gerade von schwedischen Bands seid ihr offensichtlich sehr beeinflusst.
Wir hören alle sehr viel D-Beat, Raw Punk, Crust etc. Daher hat es sich nur natürlich angefühlt, auch selbst musikalisch in diese Richtung zu gehen. Habe ich gerade „natürlich“ gesagt? Haha, was bin ich für ein Idiot! Aber okay, gerade aus Schweden kommen so viele unglaublich gute Bands. Ein paar, die uns sehr beeinflusst haben, wären DISFEAR, ANTI-CIMEX, TOTALITÄR, MARTYRDÖD, CRUDE SS und auch WOLFPACK/WOLFBRIGADE. Aber es gibt so viele Bands aus so unterschiedlichen Ländern, die ich genauso liebe: CONFLICT, DISCHARGE, ICONS OF FILTH, BLITZ, OI POLLOI, EARTH CRISIS, RATOS DE PORÃO ... Es sind so viele, ich glaube, das reicht erst mal!
Du bist als Sänger/Rapper der TRANSPLANTS bekannt geworden. Deine Texte haben sich, wie ich finde, sehr verändert. Die ersten beiden TRANSPLANTS-Alben drehen sich vor allem um Party und das „Representen“ der eigenen Crew. Die dritte Platte hingegen ist viel politischer und bei DEATH MARCH scheinen die Texte durch und durch politisch zu sein.
Ja, das stimmt. Ich muss dazu sagen, dass ich nie übertrieben stolz auf beziehungsweise glücklich mit den ersten zwei TRANSPLANTS-Alben war. Besonders, wenn es um meine Texte geht. Ich denke heute, dass ich verantwortungsvoller mit dem, was ich damals sagte, hätte sein sollen.
Korrigiere mich, wenn ich falsch liege, aber soweit ich weiß, leben alle DEATH MARCH-Mitglieder in Echo Park/L.A. Nicht gerade der Malibu-Teil der Stadt, oder?
Freddy und Jimmy leben beide in Echo Park. Martin in South Central und ich wohne momentan mit meiner Freundin südlich von Hollywood. Ich habe aber schon fast überall in Los Angeles gewohnt. Auch in Echo Park, zudem in Skid Row, Hollywood, South Central, Silver Lake, San Pedro, Long Beach, The Valley ... Es stimmt, einige Stadtteile sind wirklich besser als andere. Man muss sich an die jeweiligen Umstände anpassen können. L. A. ist einfach unsere Heimat.
„Kelly Thomas“ heißt ein sehr aufwühlender Song von euch, den ihr zu Ehren eines der zahllosen Opfer der immer weiter zunehmenden Polizeigewalt geschrieben habt. In jüngster Vergangenheit haben sich in den USA wieder viele Unruhen und „Riots“ ereignet. Wie bewertest du die Situation?
Die Polizei hat schon immer ihre „Macht“ missbraucht und wird das auch weiterhin tun. Das ist nichts, was nur hier in den USA passiert. Diese Scheiße passiert auf der ganzen Welt, obwohl es hier bei uns im Vergleich schon ziemlich übel ist. Ich habe keinerlei Respekt vor der Polizei. Nicht im Geringsten. Das beruht auf Gegenseitigkeit. Fuck them. Zu Kelly Thomas: Diese ganze Geschichte ist so abgefuckt. Kelly war ein Obdachloser aus Fullerton, Kalifornien. Er war als paranoider Schizophrener diagnostiziert. Einmal hielt er sich auf den Parkflächen der Slidebar auf. Dieses Restaurant gehört diesem Stück Scheiße namens Jeremy Popoff von dieser schrecklichen Band namens LIT. Seine Angestellten hatte Popoff angewiesen, sofort die Cops zu rufen, sollte sich Kelly in der Gegend aufhalten. Und genau das haben sie dann gemacht, als sie Kelly auf dem Parkplatz gesehen haben. Sie haben die Bullen gerufen und ihnen erzählt, Kelly würde parkende Autos aufbrechen und noch anderen Blödsinn. Gar nichts hatte er gemacht. Die Bullen kamen also bei der Slidebar an und haben die Scheiße aus dem wehrlosen Kelly rausgeprügelt, während er darum bettelte, dass sie ihn leben lassen. Er entschuldigte sich für Dinge, die er nicht getan hat, und die Cops schlugen weiter auf ihn ein. Es ist alles auf Video dokumentiert: Man kann Kelly nach seinem Vater schreien hören, als die Bullen ihn misshandeln. Kelly Thomas ist kurz nach dem Überfall der Cops im Krankenhaus gestorben. Die schuldigen Polizisten wurden nicht zur Verantwortung gezogen, genauso wurden die Angestellten der Slidebar nicht belangt, obwohl sie nachweislich gelogen haben. Fuck the Slidebar! Fuck the Police!
Zusammen mit Tim Armstrong bist du gerade dabei, eine neue Band zu gründen, unterstützt durch Mitglieder von NAUSEA. Bei der Besetzung dürfen wir uns wohl wieder auf härtere Songs freuen, oder?
Genau! Die neue Band wird ZERSTÖREN heißen, bestehend aus John John Jesse, Roy Mayorga, Vic Venom – alle drei von NAUSEA –, Tim Armstrong und mir. Ich freue mich schon darauf, Songs mit den Typen zu schreiben und ins Studio zu gehen. Ich kann es kaum erwarten!
Mit DEATH MARCH habt ihr ja gerade erst euren ersten Longplayer „A Different War“ veröffentlicht. Was dürfen wir von euch in Zukunft erwarten? Wie sieht es mit einer Tour in Europa aus?
Stimmt, „A Different War“ ist unser erstes Album. Wir haben es im Alleingang herausgebracht. Die Cover wurden von uns per Hand gesiebdruckt. Die beiliegenden Texthefte haben wir selbst ausgeschnitten und zusammengefügt, jedes Poster wurde von uns selbst gefaltet und so weiter. In Zukunft werden einige Split-Veröffentlichungen von und mit uns erscheinen. Den Anfang machen BRICKTOP und DRUGLORDS OF THE AVENUES, mit denen wir jeweils eine Split-Platte machen werden. Mit den legendären BROKEN BONES haben wir auch über einen gemeinsamen Release gesprochen. Hoffentlich geht da eines Tages auch was. Eventuell nehmen wir auch ein zweites Album auf. Zum Touren: Das machen wir nicht wirklich. Wir spielen eigentlich nur Gigs in Kalifornien. Aber wer weiß, vielleicht können wir eines Tages auch mal nach Europa kommen.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #120 Juni/Juli 2015 und Henning v. Bassi