DØDSDØMT

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Horten City Hardcore

Seit den frühen Achtziger Jahren, als viele Bands von dort hier auf Tour kamen und auch eine Menge richtig guter Platten veröffentlichten, fasziniert mich Punk und Hardcore aus Norwegen. Ganz typisch für norwegischen Hardcore ist dieser derbe kehlige Gesang, bei dem man sich bildlich vorstellen kann, wie sich Wikinger früher anhörten, wenn sie brandschatzten und mordeten. DØDSDØMT aus Horten südlich von Oslo gibt es seit fast dreißig Jahren, wenn auch mit Pausen, aber die letztjährige 7“ „Deg Aleine“ zählt für mich zu den besten Hardcore-Punk-Singles seit langer Zeit aus Norwegen. Sänger Ragnar Kosmo stand mir Rede und Antwort.

Ich erinnere mich an die „Løgn“-7“, die 1994, also vor mittlerweile 25 Jahren, veröffentlicht wurde. Kannst du uns ein paar Infos geben, wie es mit DØDSDØMT damals losging?


Die Band begann bereits 1989 als BLODRØD SOL, zu einem Zeitpunkt, als die Punk-und Hardcore-Szene in unserer Heimatstadt Horten florierte. Viele Bands spielten damals Shows bei uns oder probten im Bromsjordet, einem kommunal finanzierten Wohnhaus mit mehreren Proberäumen für Bands. Dieser Ort mit dem Spitznamen „Broms“ war der Brutplatz für die meisten, wenn nicht gar aller Hortener Punkbands und ist ziemlich legendär. Wir wollten den ganzen Spaß mitmachen, also gründeten unser Gitarrist Roar, der Schlagzeuger Fredrik und ich die Band – vor allem als Vorwand, um einen eigenen Proberaum zu bekommen, damit wir feiern und abhängen können. Wir spielten ein paar Jahre lang zu dritt, das mit dem Bassisten klappte nicht so richtig. Die Band bekam etwas mehr Schwung, als 1991 mein Bruder Arne am Bass dazukam. Wir schrieben neue Lieder, dazu folgten Konzerte, so dass wir anfangen mussten, die Dinge ernster zu nehmen. 1992 nahmen wie die „Løgn“-7“ unter dem neuen Namen DØDSDØMT auf, da wir nun „eine echte Band“ waren.

Hat es euch die ganze Zeit gegeben oder habt ihr euch zwischendurch mal getrennt?

Einige Zeit, nachdem die Band 1994 die „Løgn“-7“ veröffentlicht hatte, verließ Roar die Band, also mussten wir einen Ersatzgitarristen suchen. Morten „Teloch“ Iversen schloss sich uns für eine Weile an, aber schließlich starb die Band einen langsamen Tod, als das Interesse nachließ und das Familienleben mit Kindern und so weiter seinen Tribut forderte. Im Jahr 2008 wurden wir jedoch gebeten, auf dem „legendären“ lokalen Punk-Festival Kanalrock in unserer Heimatstadt zu spielen, bei dem Roar einer der ursprünglichen Veranstalter war. Dadurch kam er zurück in die Band, obwohl er fast ein Jahrzehnt nicht mehr gespielt hatte. Leider hatte unser Drummer Fredrik seine Drumsticks lange nicht mehr angefasst und ahnte, dass er der Aufgabe nicht gewachsen war. Und Morten war mit seinen verschiedenen berühmten Black-Metal-Bands wie GORGOROTH, MAYHEM oder NIDINGR beschäftigt. Aber Roar war Feuer und Flamme und brachte Hanki als neuen Drummer mit, den er von anderen lokalen Bands kannte. Nach dem Festival erhielten wir ein tolles Feedback, das uns dazu drängte weiterzumachen. Damals war aber der Zeitpunkt nicht der richtige, also ist die Band damals ein zweites Mal gestorben. Es schien ein Schicksal zu sein, welches zu diesem Zeitpunkt untrennbar mit unserem Bandnamen – „Zum Tode verurteilt“ – verbunden war. 2016 wurden wir erneut für eine Reunion von DØDSDØMT kontaktiert, dieses Mal durch einen lokalen Filmemacher, der eine Dokumentation über Horten und die Punk- und Hardcore-Szene der Achtziger und Neunziger Jahre machen wollte. Er wollte auch ein paar Crowdfunding-Konzerte geben, also mussten wir plötzlich für diese Shows proben. Diesmal musste Arne aus gesundheitlichen Gründen zurücktreten, also half unser guter Freund Tore am Bass aus. Die Fundraising-Shows fanden zwar nie statt, dennoch spielten wir erneut auf dem Kanalrock Festival. Das Feedback war dieses Mal noch besser als 2008 und der Zeitpunkt war für alle Beteiligten anscheinend richtig, also machten wir weiter, fest entschlossen, den Zyklus zu unterbrechen.

Aus Horten, etwas südlich von Oslo gelegen, kamen damals auch andere bekannte Bands wie TVANG oder KORT PROSESS. Was geht bei euch Punk-technisch ab, gibt es noch andere alte oder neue gute Bands?

In der Tat leben wir alle in Horten. Arne, unser ursprünglicher Bassist, spielte dann Gitarre und sang bei TVANG. Und wir kennen die Jungs von KORT PROSESS sehr gut. Alf Almen, ihr Sänger, ist mit Morten/Teloch zu NIDINGR gewechselt, wo Tore der Bassist war, bevor er zu DØDSDØMT kam. Horten ist eine kleine Stadt, mit einer begrenzten Anzahl von Musikern, so dass die meisten von uns auch schon in den Bands und Projekten der anderen gespielt haben. Sei es Punk, Hardcore, Black Metal oder andere Genres. Bemerkenswerte Punkbands von damals wären außerdem HASTVERK, ALLE MOT ALLE, FREDDYS CREW, KLEGG und TROMBONES. Leider gibt es heute nur noch zwei aktive Hardcore-Acts in Horten, da wären die aufstrebende Band HÅRSÅR und wir selbst. Im Underground brauen sich jedoch einige Dinge zusammen, da sich ein Kollektiv gleichgesinnter Menschen namens „Horten City HardCore“ gründet hat. So bin ich hoffnungsvoll, dass es in nicht allzu ferner Zukunft weitere Konzerte in der Stadt geben wird, die die Kids wieder dazu bringen werden, neue Punk- und Hardcore-Bands zu gründen.

Wie würdest du die Hauptthemen eurer Texte beschreiben?

Wir können nicht wirklich sagen, dass unsere Songs besonders politisch motiviert sind. Sie waren in den Anfangsjahren meist angefüllt mit jugendlicher Wut, Angst und einer völligen Verachtung gegenüber dem Establishment ... und Drogen. Heutzutage behandeln unser Texte eher persönliche Erfahrungen, wie Verlust, Familie, Selbstreflexion, Ereignisse in unserer direkten Umgebung oder alltägliche Dinge. Die ungemeine Wut ist immer noch da, wobei sie aber heute in eine andere Richtung kanalisiert wird. Wir sind keine jungen Männer mehr, also haben sich die Prioritäten verschoben.

Letztes Jahr hat eure neue 5-Track-7“ „Deg Aleine“ meine Aufmerksamkeit erregt. Es ist kaum zu fassen, wie unfassbar massiv und brutal der Sound ausgefallen ist. Wo habt ihr eure 7“ aufgenommen und wer war für den Mix verantwortlich?

Die Aufnahme entstanden in unserer Heimatstadt, im ältesten Stadtteil von Horten, mitten in einer Viertel mit über hundert Jahre alten, malerischen kleinen Häusern. Dort liegt das Studio von Robert Hauge, wo wir im Januar 2018 ein Wochenende verbrachten. Die Aufnahme erfolgte live, wobei die Gitarrenspuren anschließend verdoppelt wurden. Nur der Gesang wurde dann separat zum Schluss aufgenommen. Robert hat die Songs gemeinsam mit uns produziert, bevor er sich dann um den Mix und das Mastering kümmerte. Er kennt sich eben mit den Knöpfen aus.

Habt ihr in den letzten Jahren irgendwelche Shows im Ausland gespielt?

Als wir die frisch gepressten Kopien unserer neuen 7“ in den Händen hielten, waren wir sehr stolz und wollten natürlich live spielen. Wir beluden unseren Tourbus, unser „Dødsmobil“, und fuhren nach Oslo, um auf dem Blitz 36th Birthday Bash! zu spielen. Wir hatten bereits Pläne mit Freunden aus Schweden gemacht, also haben wir uns auf den Weg von Oslo nach Schweden begeben, um auf den Stockholmer Rebel Days 08 und in Uppsala zu spielen und unser neues Baby zu promoten. Außerdem waren wir zum Abschluss unserer Tour Headliner auf dem Pøbelrock Festival in Trondheim.

Was können wir von euch in der Zukunft erwarten?

Wir wollen die Band auf das nächste Level bringen, wollen mehr Live-Shows spielen, mehr Kilometer im Van verbringen, viele neue Songs schreiben, mehr Freunde treffen und generell eine gute Zeit haben. Wir haben mit ein paar Leuten aus dem Blitz-Squat abgesprochen, dass wir im Frühjahr dieses Jahres ein Wochenende dort unterkommen können, damit wir neue Songs aufnehmen können. Wir haben bereits sieben neue Songs fertig, also mehr als genug für eine neue 7“. Wenn es die Zeit zulässt, nehmen wir vielleicht sogar den einen oder anderen Song von der alten „Løgn“-7“ neu auf. Und noch einige Coversongs, die wir in unserer Setlist haben. Es ist gut, ein paar Songs fertig herumliegen zu haben. Falls jemand plötzlich ein neues Label gründen will und gute Songs sucht, dann kann er sich bei uns melden. Wir haben letztes Jahr auf Bandcamp eine digitale EP mit drei Tracks veröffentlicht, die „Bromsjordet-Tapes – Det Aller Siste“ heißt. Man könnte zum Beispiel alle Songs auf einer 10“ zusammenfassen, um unser dreißigjähriges Jubiläum zu feiern.