DAN SCARY heißt eigentlich Daniel Url, lebt mit seiner Familie in Wolfsburg und arbeitet da in einem allseits bekannten Automobilwerk. Kennen gelernt habe ich ihn via Facebook, ihn mittlerweile aber auch persönlich getroffen, und ihn als Menschen erlebt, dem seine Musik vielleicht nicht alles im Leben, aber auf jeden Fall sehr viel bedeutet, der daran schraubt und feilt, bis er das Beste herausgeholt hat. Auch wenn ich selbst weniger düstere Klänge bevorzuge, fand ich rasch Gefallen an Daniels einprägsamen, elektronisch unterstützten Songs und seiner tiefen, unverwechselbaren Stimme.
Daniel, kennen deine Kinder deine Songs?
Meine drei Kids – 6, 13 und 16 – sind mit meinen Songs sehr vertraut. Der Älteste hat die CDs und ein T-Shirt, die Kleinste kann sogar einige Songs mitsingen.
Und, was sagen sie zur dunklen Seite ihres Vaters?
Meine „dunkle“ Seite stört die drei eher weniger. Zu Hause lasse ich das Negative auch kaum raushängen. Da bin ich dann doch mehr der entspannte, aber nicht spießige Familienvater. Ich weiß, das mag jetzt vielleicht etwas schizophren klingen.
Deine Songs, deine Texte sind ja recht düster. Warum ist das so? Ist das Teil deiner Persönlichkeit, Werkzeug zur Verarbeitung negativer Aspekte deines Lebens?
DAN SCARY entstand während meiner Krebserkrankung 2013. Da habe ich anfangs meine Ängste und innere Zerrissenheit verarbeitet. Es war auch eine Art persönliche Therapie für mich, um damit klarzukommen.
Deine Songs heißen „Totes Herz“, „Hungrig im Grab“ oder „Land der 1000 Leichen“. Um was geht’s?
„Totes Herz“ und „Hungrig im Grab“ sind Texte tief aus meinem Inneren, wirre Gedanken, die aber eine Aussage treffen. Diese Texte kann aber auch jeder Einzelne für sich selbst interpretieren. „Land der 1000 Leichen“ hingegen ist die typisch zynische Sozialkritik.
Da schwingt doch auch Kapital-, Konsumkritik mit. Wie verträgt sich das mit deinem Brotjob?
Mein Job ist ein notwendiges Übel. Wenn du Familie hast, ist das nicht mehr so einfach mit dieser Totalverweigerung. Aber mein Job bietet mir auch immer wieder Futter für neue Texte. Man trifft auf sehr viele unterschiedliche Charaktere von Menschen und ist nah am Geschehen der Gesellschaft.
Du bezeichnest deine Musik ja als Dark-Punk. Fühlst du dich im Punk verwurzelt oder hast du einen Gothic-Background?
Mein Background ist und bleibt der Punk. Aber Punk ist für mich auch ein Blick über den Tellerrand. Darum auch mein außergewöhnlicher Sound. In meiner Frühphase als Punk, so mit 14, 15 Jahren, hatte ich einen Gruftie als Kumpel und wir tauschten gegenseitig Mixtapes aus. So lernte ich Gothic kennen und lieben, was ich jetzt in meine Art von Punk einfließen lassen kann.
Siehst du dich als Solokünstler oder ist DAN SCARY ein Bandprojekt? Wie entstehen deine Songs? Wie setzt du sie live um?
DAN SCARY ist und bleibt ein Soloding. Ich fühle mich wohl, so wie es ist. Organisatorisch und entscheidungstechnisch ist alles einfacher. Die Songs entstehen spontan aus Ereignissen und Gefühlen heraus und sind Momentaufnahmen, die pur umgesetzt werden. Die Drums und Elektrospuren schieße ich live per Gitarrenlooper ab, dazu spiele ich dann Gitarre und singe. Punkunüblich und teils argwöhnisch beäugt, trifft es in der Gothic-Szene allerdings auf hohes Interesse.
Wir beide sind uns ja auf einer Lesung in Wolfsburg, wo du auch gespielt hast, erstmalig begegnet. Machst du solche Auftritte im Rahmen von Literaturveranstaltungen noch? Beziehungsweise hast du selbst Ambitionen in Richtung Literatur?
Klar, die reinen Akustiksachen mache ich immer noch gern in solch einem Rahmen. Und ja, in Sachen Literatur versuche ich mich tatsächlich auch gerade etwas. Es geht in Richtung düsterer Kurzgeschichten, basierend auf meinen Songtexten.
Gerade hast du Teil 2 deiner Trilogie „Als ich aufhörte zu schweigen“ rausgebracht. Was hat’s damit auf sich? Wann kommt Teil 3?
Ich liebe Trilogien irgendwie und der rote Faden von „Als ich aufhörte zu schweigen“ zieht sich durch alle meine Songs, weil ich da kein Blatt vor den Mund nehme. Außerdem heißt Fortsetzung, dass da immer wieder noch was kommt. Der abschließende dritte Teil kommt im Frühjahr 2015. Nach der Trilogie ist aber nicht Schluss. Es geht immer weiter.
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