Dafür / dagegen: Bands und Social Media

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Vornehme Zurückhaltung oder volle Bedienung? Die einen Bands und Musiker, auch aus dem Punk/Hardcore-Bereich, sind gefühlt ständig online auf Facebook, YouTube und Instagram, liken und posten und kommentieren ständig, andere hingegen sind völlig unsichtbar oder eher in Sachen „werbliche Information“ unterwegs statt (vermeintlich) Privates von sich zu geben. Machen oder lassen?

Dafür


Wer ins Wasser geht, der wird nass. Und wer glaubt, man könne in den „Sozialen“ Medien unterwegs sein und irgendwas sei privat, echt und nicht zumindest teilweise inszeniert, ist naiv und ein bisschen dumm. Und wenn nun Menschen, von denen man nichts anderes erwartet als eine Inszenierung, weil sie das eben beruflich machen – also etwa als Sänger*in einer Band vorne auf der Bühne stehen, sich inszenieren, eine Rolle spielen, diese Figur im Internet weiterführen, mit entsprechenden Posts ihre „Marke“ mit Leben füllen, dann gehört das zum Spiel dazu. Keine*r muss das machen, keine*r muss das lesen oder anschauen, und wenn es dich stört, geh raus – aus dem Konzert, aus dem Profil, aus dem Netz. Diese Inszenierung inklusive (vermeintlich) privater Details ist Teil eines Spiels, es ist so Teil der Band und deren Identität wie deine Lieblingssongs von denen. Du findest Aspekte dieser Inszenierung peinlich? Dann ist eben deine Lieblingsband zum Teil peinlich. Oder eben cooler als du denkst, etwa wenn sich die Frontperson deiner Held*innen durchweg smart und eloquent und treffsicher zu wichtigen gesellschaftlichen Themen äußert. Beobachte, urteile, ziehe Konsequenzen – entsorge alte Lieblingsbands, finde neue, und dabei hilft es ungemein, wenn sich Menschen online „nackig“ machen. Besser ich weiß, dass jemand intolerant gegenüber Intoleranz ist, besser ich weiß, dass jemand zweifelhafte Aufrufe teilt, als dass ich es nicht weiß. Von daher mein Appell an jene, die das beruflich machen: Ja, gib alles! Und mein kleiner Tipp an alle, die solchen Leuten an den Lippen kleben: Bist du sicher, dass wirklich dein Held, deine Heldin hinter den Posts steckt und nicht ein Redaktionsteam des Managements ...? Geh doch einfach mal davon aus – und auch davon, dass solche Leute wirklich „privat“ für dich unsichtbar und/oder unter Pseudonym unterwegs sind ...

Joachim Hiller

Dagegen

Heisst du Justin Bieber? Kim Kardashian? Was? Nicht? Du bist eine Oi!-Band aus Atlanta, eine Punkband aus dem Pott oder ein Garagentrasher aus Winterthur? Dann hör auf, Bilder deiner Kids, deiner Katze und deiner dummen Kindheit auf Social Media zu posten. Das interessiert KEINE SAU! Du bist als Künstler oder Band auf Social Media. Für die Fotos mit deinem schwachsinnigen Mann und deiner uninteressanten Partnerin am Strand hast du, wenn überhaupt, dein privates Profil, welches du nur mit engen Freunden teilst. Beispiel gefällig? Wo Hank von Helvete draufsteht, soll auch Hank von Helvete drin sein, und nicht Scientology-Jesus-Hans Erik Dyvik Husby. Zweiterer interessiert mich trotz anscheinend glücklichem Lebenswandel zurück zum Dämon nicht. Bei Musikern/Künstlern geht’s um die Kunst und allem, was dazu gehört. Also bestimmt nicht um Katzen! Künstler und Bands schlüpfen in Rollen, die besten machen das authentisch, manche sind einfach auch cool ohne Umstellung. Die totale Durchschnittskapelle mit Heinz Fleischkäse als Sänger und Julian Kohlmeise am Drum führen kein spannendes, sondern ein verdammt langweilige Privatleben. Ein cleveres Köpfchen könnte erwidern: „Du kannst die Band XY doch unliken/etc., wenn’s dir nicht passt!“ Falsch, denn Bands und Musiker posten zu 90% wichtiges Zeugs. Darunter fallen Tourdaten, Live-Videos oder neue Releases. Notfalls auch mal was Politisches (Politik ist öffentlich, nicht privat!). Leider fühlte ich mich kürzlich auf Instagram mehrmals dazu gezwungen, Musiker „rauszuschmeissen“, weil sie dermassen tief ins Privatleben blicken ließen. Wegschauen tut niemand, wenn’s richtig übel wird! Da bin ich auch nur ein Mensch. Also lass privat privat sein. Für dich, für mich, für alle! Danke. Das gilt übrigens auch für die erstgenannten OP-Fratzen in diesem Text ... die interessieren mich aber im Gegensatz zu deiner Punk-Band nicht!