Cover-Ikonen: TURBONEGRO - Scandinavian Leather (Burning Heart, 2002)

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Woher kenne ich bloß dieses verdammte Albumcover? Gibt es einen Musikjunkie, der sich diese Frage nicht schon irgendwann mal gestellt hat? „Scandinavian Leather“ ist einer dieser Fälle. Nicht weiter verwunderlich, denn TURBONEGRO sind grundsätzlich Freunde kreativer Abwandlungen im Allgemeinen, und von Coverartwork im Speziellen: Bei „Ass Cobra“ ist es „Pet Sounds“ von BEACH BOYS und bei „Stinky Fingers“ – Überraschung! – „Sticky Fingers“ von THE ROLLING STONES, das Vorbild von ,„Vaya Con Satan“ lieferten VENOM mit „Welcome To Hell“.

Also schauen wir erst mal, was da überhaupt genau zu sehen ist. Eine Schlange, die sich selbst in den Schwanz beißt. Kennt man doch. Unter dem Namen Ouroboros (griechisch Schwanzverzehrer) ist das ein in nahezu allen Kulturen der westlichen Welt von der Antike bis in die Neuzeit präsentes Symbol, das unter anderem für die ständige Erneuerung der Natur, Unendlichkeit, den Zusammenhang von Leben und Tod oder Selbstreflexion stehen kann. Die mythologische Aufladung auf die Spitze getrieben, zeigt das „Scandinavian Leather“-Frontcover nicht nur eine Schlange, sondern eine Totenkopfschlange. Wenn man den Albumtitel als Anspielung auf den GERMS-Song „American leather“ versteht, ist das Artwork konsequenterweise eine Abwandlung des „(GI)“-Frontcovers. Darauf verweist auch die Platzierung des Ouroboros in der rechten unteren Ecke. Denkbar, dass die Jungs diese Idee selbst ins Spiel gebracht haben.

Der legendäre Klaus Voormann war jedenfalls sehr erstaunt, überhaupt für die Covergestaltung eines TURBONEGRO-Albums infrage zu kommen. Zunächst skeptisch, konnten die TURBONEGER ihn schließlich mit einigen eigenen Vorschlägen von einer Zusammenarbeit überzeugen. Voormann machte ein paar Skizzen, die Band wählte aus. Zwar wollten TURBONEGRO selbst die Skizze als Artwork verwenden, Voormann bestand aber auf einer Überarbeitung und ritzte seine finale Version in ein Scratchboard. Sisyphusarbeit war eben schon immer sein Ding.

TURBONEGRO und Voormann, das ist schon eine seltsame Konstellation. Während die einen Freunde der großen Show sind, agiert der andere still im Hintergrund: Als Gestalter des legendären „Revolver“-Frontcovers der BEATLES. Als Bassist für B.B. King und Jerry Lee Lewis, auf Lou Reeds „Transformer“ oder George Harrisons „All Things Must Pass“. Als Mitglied der PLASTIC ONO BAND und Produzent des TRIO-Hits „Da Da Da“. Warum also er? Ja, wie das eben so ist mit TURBONEGRO, nicht alles muss unbedingt bis ins letzte Detail Sinn ergeben. Geklaut auf allen Ebenen, überzogen bis zum Anschlag. Viele kleine Verbeugungen vor großen Vorbildern. Hauptsache, es macht Spaß.