COVER-IKONEN: SPARKS vs ERNTE 77

Foto

Angst In My Pants (Atlantic, 1982) - Noch ein tieferer Tiefpunkt (Astroholz, 2018)

„I tried a handlebar design / My Fu Manchu was real fine / My Ronald Colman made ’em blink / My Pancho Villa made ’em think / But when I trimmed it real small / My Jewish friends would never call“. SPARKS-Keyboarder Ron Mael liebt Schnurrbärte und widmet ihnen auf diesem Album gleich ein ganzes Lied. Ja, dieser eine ist nach wie vor diskussionswürdig. Was angesichts der Film- und Kunststudium-Vergangenheit der Mael-Brüder Ron (key) und Russell (voc) und ihrer doch recht ausgeprägten Tendenz zu groteskem Wahnsinn vielleicht ja tatsächlich als ironisch-provokante Hommage an Charlie Chaplin und Oliver Hardy begann, wurde über mehrere Jahre zu einem zentralen SPARKS-Erkennungsmerkmal und findet sich auch auf diesem Cover wieder.
Im Gegensatz zu Rons stoischer Bühnenperformance inklusive Anzug und leicht irrem Blick kommt er im weißen Hochzeitskleid mit Schleier, dickem Fake-Brillantring, pastellrosafarbenen Kreolen und gelben Plastikblumen fast schüchtern rüber, während Russell in Kettenhemd-ähnlichem silbernen Glitzeranzug selbstbewusst in die Kamera grinst. Dabei waren im Rahmen der Fotosession für das Artwork auch ganz andere Situationen in gleichem Outfit entstanden: Ron schlägt Russell mit dem Blumenstrauß, Russell tritt Ron hinterrücks zwischen die Beine. „Modesty plays“ ist Programm. Geblieben ist ein auch heute noch sehr bizarr anmutendes Cover mit enorm hohem Wiedererkennungswert, das vom damaligen Atlantic-Designer Larry Vigon auf Grundlage eines Konzepts von Ron Mael zusammengestellt wurde.
So hoch, dass ERNTE 77 ein sehr ähnliches Foto (ergänzt um ein Gaffel-Kölsch) für „Noch ein tieferer Tiefpunkt“ nachstellten. Wo da der gemeinsame Nenner ist? Der von Reinhold Mack in Giorgio Moroders Münchener Studios produzierte Synthpop-Sound der SPARKS ist es jedenfalls nicht. „Die haben mit Glamrock angefangen und dann über Disco, New Wave, Synthie-Pop und Eurodance alle möglichen Trends mitgenommen, und ihre schon recht massentauglichen und eingängigen Songs immer mit total bescheuerten Texten verbunden. Aber nicht so schenkelklopfermäßig mit der Tür ins Haus, sondern mehr von der absurden Sorte“, sagt ERNTE 77-Sänger und -Bassist Kalle Mallorca. Humoristische Stream-of-Consciousness-Texte, die manchmal tiefgründiger sind, als sie auf den ersten Blick scheinen also. Kann so stehen bleiben. „They’re gonna find the Queen is a man / But that Philip don’t care / I predict / Lassie will prove that Elvis and her / Had a fleeting affair“ – „Now I’ve got a hobby, I collect frozen pizzas / Check out my pizzas“. Chaos trifft Pop. Schräg. (Mehr SPARKS-Infos? Edgar Wrights Doku „The Sparks Brothers“ anschauen.)