Das Bibelzitat „Die Speisung der 5.000“, dazu eine Schwarzweiß-Collage – „Mehr Punk-Klischee geht ja wohl kaum“, mag man beim ersten Blick auf das „Feeding Of The Five Thousand“-Frontcover denken. Doch genaueres Hinschauen lohnt: Tatsächlich ist hier jeder kleinste Strich mit Gouache von Hand gemalt, ein echtes Kunstwerk. Das dürfte der Kunsthochschulkarriere von CRASS-Drummer und -Mastermind Penny Rimbaud geschuldet sein, aus der auch die Zusammenarbeit mit Dave King und das von King geschaffene markante CRASS-Logo erwachsen sind. Damit steht das von Rimbauds Partnerin und CRASS-Stammdesignerin Gee Vaucher geschaffene detailverliebte und surreale Artwork in einem relativen Widerspruch zu der schnörkellos-rotzig bis aggressiven Attitüde und den unmissverständlichen Botschaften, die CRASS in musikalischer und textlicher Hinsicht ausmachen.
Einige der pazifistisch-anarchistischen und religionsfeindlichen Aussagen (die dazu geführt haben, dass das irische Plattenpresswerk die Platte nicht in der ursprünglich vorgesehenen Form produzieren wollte) transportiert allerdings auch das Artwork: Wer die Erstauflage besitzt, kann das Sleeve komplett zum Poster auffalten, auf dem eine abgerissene Hand in Stacheldraht zu sehen ist. Untertitel: „Your country needs you“, ein Slogan, mit dem das britische Heer im Ersten Weltkrieg um Freiwillige warb. Aber auch auf dem Frontcover selbst finden sich etliche Kriegsanspielungen. Dass CRASS die Friedensbewegung und die britische Kampagne für nukleare Entwaffnung CND unterstützen, untermauern Tracks wie „They’ve got a bomb“ oder „Fight war, not wars“.
Was textlich heute oft ein wenig zu offensichtlich rüberkommt, war 1978 ein absoluter Tabubruch. Erst in der zweiten Auflage von 1984 konnte der auf der Erstauflage noch durch „The sound of free speech“ (zwei Minuten absolute Stille) ersetzte antichristliche Spoken-Word-Track „Asylum“ – „I vomit for you, Jesu. Christi-Christus / Puke upon your papal throne / Wrapped you are in the bloody shroud of churlish suicide / Wrapped I am in the bloody cloud of hellish genocide“ – an der vorgesehenen Stelle zu Beginn des Albums eingefügt werden.
Nebenbei scheute man sich auch nicht davor, mit „Punk is dead“ das eigene Publikum gezielt zu provozieren.
Obwohl CRASS sich selbst mit systematischem Sprayen des Bandlogos an die Wände des Londoner Untergrunds massiv bewarben, vertraten sie grundsätzlich einen anarchistisch-konsumkritischen Kurs, der auch dazu führte, dass sie der zweiten, über das eigene Label Crass Records vertriebenen Auflage des Albums einen schwarzen Rand mit dem Stencil-Schriftzug „ANARCHY AND PEACE CRASS – FEEDING OF THE 5000 – THE SECOND SITTING – PAY NO MORE THEN £2.00“ hinzufügten, um einen Höchstpreis zu garantieren. (Fast) Konsequent ideologisch.