Fat Mike hat ein Gespür für großartigen, eingängigen, poppigen Punkrock. Nach TEEN-AGE BOTTLEROCKET hat er sich mit den COPYRIGHTS einen weiteren Pop-Punk-Hochkaräter für sein Label Fat Wreck gesichert. Beide Bands stehen weltweit hoch im Kurs und werden auch von Punkrock-Fans abgefeiert, die normalerweise einen großen Bogen um Pop-Punk machen. Wir erreichten die Band aus Carbondale in Illinois auf ihrer Release-Tour in den USA. Bassist und Sänger Adam Fletcher sowie Drummer Luke McNeill stellten sich gern unseren Fragen zum neuen Album „Alone In A Dome“, das lange überfällig war und von den Fans sehnsüchtig erwartet wurde. Die beiden Gitarristen Brett Hunter und Kevin Rotter vervollständigen nach wie vor die Band.
Ihr habt sieben Jahre gebraucht, um das neue Album rauszubringen. Was waren die Gründe für diese lange Zeit?
Adam: Vor fünf Jahren wurde meine Tochter geboren und wir alle wissen, dass so etwas eine lebensverändernde Erfahrung ist. Da haben wir eine kleine Pause eingelegt, und in der Zwischenzeit haben sich einige weitere Veränderungen für uns eingestellt. Und die Pandemie hat dann alles noch mehr verlangsamt. „Alone In A Dome“ haben wir 2019 eingespielt, das Album hat also schon länger auf die Veröffentlichung gewartet.
Luke: Aber so hat uns Corona noch etwas mehr Zeit gegeben, die Songs zu bearbeiten und noch den einen oder anderen Schnickschnack zu ergänzen.
Euer letztes Album „Report“ hat Fans und Kritiker gleichermaßen begeistert. Ich kann mir vorstellen, dass viele Fans heiß auf den Nachfolger waren. Habt ihr viele Anfragen erhalten, wann endlich das neue Album erscheint?
Adam: Natürlich wurden wir immer wieder gefragt, wann wir neues Material rausbringen. Wir haben als Band aber schon viele Alben veröffentlicht und so haben wir eine ordentliche Sammlung an Songs, auf die wir bei Konzerten zurückgreifen können. So konnten wir in den letzten Jahren bei Shows immer mal wieder Stücke spielen, die wir bisher selten live präsentiert haben. Das hat schon geholfen, ein bisschen Abwechslung zu bieten.
Die Erwartungshaltung war doch bestimmt riesig. Habt ihr beim Schreiben des neuen Albums einen entsprechenden Druck verspürt?
Adam: Wir hatten vor „Alone In A Dome“ schon sieben Alben gemacht, so dass wir nichts überstürzen mussten. Wir haben uns viel Zeit gelassen und versucht, ein tolles Album abzuliefern. Und ich glaube, dass uns das gelungen ist.
Seid ihr überzeugt, dass eure Fans das neue Album genauso lieben werden wie den Vorgänger? Gibt es aus eurer Sicht nennenswerte Unterschiede?
Luke: Ich weiß, dass es für viele Bands üblich ist zu sagen, dass das neue Album das bislang beste ist. Ich habe aber schon das Gefühl, dass unser neuer Longplayer das Album mit der bisher stärksten Songauswahl ist. Die Songs sind etwas düsterer als die Songs von „Report“, zumindest textlich. Ich selbst, aber eigentlich auch die ganze Band, wir haben in den letzten Jahren vieles durchgemacht, was sich auch in den Texten niederschlägt.
Ihr seid schon ein Phänomen. Ihr spielt Pop-Punk. Und viele Punkrock-Fans, die sich normalerweise beim Gedanken an Pop-Punk angewidert wegdrehen, feiern euch ab. Wie ist das zu erklären?
Adam: Lass mich raten. Vielleicht liegt es daran, dass wir einfach so gut sind, haha. Vielleicht lügen sie aber einfach auch nur, weil sie sich nicht trauen zuzugeben, dass sie Pop-Punk mögen.
Ihr wart in den letzten Jahren nach „Report“ nicht untätig. Es gab zum Beispiel eine Zusammenarbeit mit Kepi Ghoulie, aus der eine gemeinsame Split-EP, der Rerelease von „Re-Animation Festival“ und einige Shows resultierten, bei denen ihr Kepi als THE KEPIRIGHTS supportet habt. Das klingt nach einer ganzen Menge Spaß. Wie kam es zu dieser Kooperation und ist es geplant, diese fortzusetzen?
Luke: Wir kennen Kepi schon seit vielen Jahren. Ich habe ihn in den Neunzigern in St. Louis gesehen und war schon immer ein großer Fan der GROOVIE GHOULIES. Wir fühlten uns sehr geehrt, als sich unsere Wege kreuzten und er uns fragte, ob wir nicht etwas zusammen machen sollten. Wir haben vor einigen Jahren mehrere gemeinsame Shows in den USA und in Europa gespielt. Für die nächste Zeit gibt es keine festen Pläne, aber wir alle hoffen, dass wir wieder zusammenarbeiten werden.
„Report“ ist auf Red Scare Industries erschienen, „Alone In A Dome“ ist euer erstes Album auf Fat Wreck. Was bedeutet das für euch, jetzt Teil der Fat Wreck-Familie zu sein? Stimmt es, dass Fat Mike ein großer Fan eurer Band ist und euch unbedingt auf seinem Label haben wollte?
Adam: Wir sind alle mit dem Soundtrack zahlreicher Fat Wreck Chords-Bands aufgewachsen. Eigentlich ist es unglaublich, dass wir jetzt selbst auf dem Label sind. Wir sind schon seit vielen Jahren mit der gesamten Fat Wreck-Familie, mit Bands und Mitarbeitern des Labels, befreundet. Wir sind dort keine Fremden. Ich habe keine Ahnung, was Mike genau über uns denkt. Aber ich nehme schon an, dass er uns mag, sonst hätte er uns vermutlich nicht unter Vertrag genommen.
Was hat es mit dem Albumtitel „Alone In A Dome“ auf sich?
Luke: Es handelt sich um eine Zeile aus dem Opener „Part of the landscape“. Wir nehmen damit Bezug auf den Architekten Buckminster Fuller, der für seine Radarkuppeln bekannt ist. Fuller hat in unserer Heimat in Carbondale selbst in einem Kuppelbau gelebt.
Irgendwie habe ich den Eindruck, dass eure Songtexte und die Musik gegensätzlich sind. Fröhliche, poppige Musik mit einprägsamen Singalongs trifft auf dunkle, melancholische, ja fast schon depressive Texte.
Adam: Ich kann dein Gefühl gut nachvollziehen. Viele Songs auf dem neuen Album haben einprägsame Hooklines und Chöre. Und ja, einige Songthemen und Texte wirken tatsächlich etwas deprimierend. Seit dem „Report“-Album ist bei uns viel passiert, leider auch Leid und Tod. Das sind Themen, die sich durch das gesamte Album ziehen.
Die meisten Songs des neuen Albums sind eher kurz, gerade mal zwei Songs knacken die Drei-Minuten-Grenze. Stimmt ihr der Einschätzung zu, dass jemand, der etwas Wichtiges zu sagen hat, dazu nicht viel Zeit benötigt?
Luke: Auf jeden Fall. Ich bin fest davon überzeugt, dass man einen Refrain nicht immer drei- oder viermal wiederholen muss. Dass viele Fans auch heute noch das „Report“-Album gern hören, hat bestimmt auch damit zu tun, dass die Songs und das Album insgesamt kurz sind und dass es dadurch auch nicht so schnell langweilig wird. Ich hoffe, dass das auf unser neues Album auch zutrifft.
Bei „Stuck in the winter“ und „Before midnight“ gibt es gesprochene Intros. Wer spricht da und weshalb habt ihr diese Intros gewählt?
Adam: Das Intro bei „Stuck in the winter“ ist von Buckminster Fuller. Wie Luke bereits erwähnte, war er ein berühmter Ingenieur, Erfinder und Zukunftsforscher, der auch Professor an der Southern Illinois University war, dem College in unserer Heimatstadt Carbondale. Er ist vor allem für sein Design der geodätischen Kuppel bekannt, die auch im Artwork des Albums auftaucht. „Before midnight“ enthält zu Beginn einen Clip von Archie Bunker aus der alten Sitcom „All in the Family“.
Während der Pandemie waren die Auftrittsmöglichkeiten auf ein Minimum reduziert. Konntet ihr 2020 und 2021 Shows spielen?
Luke: Wir haben 2020 wegen Corona nicht ein einziges Konzert gespielt, aber 2021 haben wir jetzt schon ein paar Auftritte gehabt. Wir planen vorläufig, 2022 wieder längere Tourneen zu machen. Un während wir das Interview führen, sind wir gerade in Chicago, heute Abend spielen wir dort und präsentieren natürlich auch die neuen Songs. Die letzten Tage haben wir bereits Konzerte in Indianapolis und Milwaukee gehabt. Das waren zugegeben noch nicht so viele Möglichkeiten, die Songs live zu spielen, aber das wird sich hoffentlich noch ändern.
Wenn ihr live länger pausiert habt, ist es dann schwierig, wieder loszulegen?
Adam: Es fühlt sich tatsächlich sehr merkwürdig an, aber nach den letzten Shows kommt so langsam das Gefühl von Normalität zurück. Die Pandemie hat dazu geführt, dass Luke und ich seit zwanzig Jahren die längste Zeit ohne ein einziges gemeinsames Konzert hatten.
Gibt es schon Pläne, nach Europa zurückzukehren und dort Shows zu spielen? Die Preise zum Beispiel für die Flüge sind deutlich gestiegen, so dass es schwierig werden könnte, alle Kosten einer Tour zu decken. Wie schätzt ihr die aktuelle Situation ein?
Adam: Wenn alles so kommt, wie wir uns das vorstellen, werden wir hoffentlich nächstes Jahr zum Ende des Sommers nach Europa kommen. Wir erwarten, dass es wieder großartig wird, denn Europa ist immer großartig. Wir lieben es, dort zu spielen. Unabhängig von den Kosten wollen wir auf alle Fälle wieder in Europa touren.
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