COOPER TEMPLE CLAUSE

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Irgendwie doch anders ...

Menschen haben viele schlechte Eigenschaften und vor allem viele Vorurteile, für die sie keine guten Argumente liefern können. In der Musik ist das nicht anders. Die meisten Bands werden erstmal direkt nach ihrem äußeren Erscheinungsbild in eine Kategorie gesteckt, mit anderen verglichen, obwohl man sich weder von der Platte, noch bei einer Show selber ein Urteil gebildet hat. Bei THE COOPER TEMPLE CLAUSE ist das leider nicht anders, dabei ist ihre Musik im Vergleich zu anderen gehypeten Bands ziemlich experimentell. Da sind sechs junge, britische Musiker am Werk, die sich mit ihrer Mischung aus Rock, Indie und elektronischen Einflüssen deutlich von der Masse abheben und ihren eigenen Stil kreiert haben. Während der Tour im September habe ich mich mit Bassisten und Elektromeister Tom Belamy im Kölner Prime Club unterhalten.

Ich lese gerade ein Buch über die Rockrevolution, da ist vom Freegig der ROLLING STONES Ende der 60er im Hydepark die Rede. „Satisfaction“ erklang, damals ein recht politischer Song, mit dem Mick so seine Message rüberbrachte, die Menschen sollten sich gegen die Gesellschaft auflehnen und sich selber was Gutes tun. Was denkst du über die heutige Gesellschaft und wie würdest du so was heute auf der Bühne bewerkstelligen?
Hört sich gut an. Ich habe von dem Konzert gehört, aber noch nie aus dieser Sicht drüber nachgedacht. Also wir kommen ja alle aus Reading, da ist die Gesellschaft sehr zurückgeblieben. Auf dem ersten Album haben wir uns mit dieser Thematik auseinandergesetzt, mit der ganzen Oberflächlichkeit und der Intoleranz der Leute, die ja auch in diesem Business weit verbreitet ist. In Reading wurden wir oft blöd angemacht, wahrscheinlich wegen der Frisuren, aber auch einfach aufgrund der Tatsache, dass wir einfach laute Musik gemacht haben. Das schien schlimm genug zu sein. Als wir zum ersten Mal auf Tour gingen, haben wir in dieser Hinsicht nur positive Erfahrungen gemacht. Sobald man in eine größere Stadt kam, wurde man einfach als Musiker gesehen und akzeptiert. Auf der Bühne? Also ich steh ja mehr im Hintergrund ... Jeder hat natürlich eine politische Ansicht, aber damals haben die Leute ja nur auf einen neuen Knüller gewartet, wonach sie sich richten konnten, vor allem während des Vietnamkriegs. Ich denke, der Wunsch nach solchen extremen Aussagen, wie sie z.B Jimi Hendrix rüberbrachte, ist nicht mehr so vorhanden. Und es wäre auch schwer, sich auf ein Thema zu konzentrieren, weil zur Zeit in der Welt sehr viel schief geht.

Die meisten würden irgendwelche tiefsinnigen Texte wahrscheinlich auch nicht verstehen, weil sie sich mit tausend anderen Dingen beschäftigen. Hättest du lieber damals in den 60ern als Hippie gelebt?


In den 70ern war die Musik vielleicht besser, aber ich würde trotzdem die 60er bevorzugen. Meine Vater schwärmt bis heute von dieser scheinbar so harmonischen Zeit, aber ich bin mir sicher, dass auch damals nicht immer alles super war, deshalb konzentriere ich mich lieber auf die Gegenwart – es gibt viel zu tun. Die Musik der vergangenen Generationen begleitet einen aber immer irgendwie, vor allem mit ihrer Musik im Tourbus.

Zurück zur Gegenwart, erzähl mal von euren Anfängen.

Ich und Ben haben uns dass erste Mal gesehen, da war ich elf Jahre alt und bin noch zur Schule gegangen. Wir haben uns immer häufiger getroffen und zusammen Gitarre gespielt. Nach Ende unserer Schulzeit haben wir die anderen Vier nach und nach kennen gelernt. Wir spielten zwei Jahre zusammen und haben die meiste Zeit der Musik gewidmet bis wir dann zu unserem Label Morning kamen. Wir nahmen das Album auf und machten eine Tour. Alles ging sehr schnell – die Szene in Reading war auch nicht unglaublich groß, deswegen war es recht einfach, Musikinteressierte kennen zu lernen.

Als du damals Ben getroffen hast, hättest du gedacht, dass ihr mal so weit kommen würdet?

Es war der Traum von uns allen, keine Frage, aber wenn man dann einmal hier ist, kann man es kaum fassen. Von einem Land ins andere zu touren ist schon eine tolle Sache. Nicht zu vergleichen mit der Zeit, wo ich noch vor dem Spiegel mit der Gitarre gestanden bin ... Wir haben ja auch nicht viel anderes außer Musik gemacht. Jon, unser Schlagzeuger, hat mal Kinderanimateur gespielt, ich habe in einer Fischbude oder in Supermärkten gearbeitet, um mein Musikequipment zu finanzieren – Musik war immer das wichtigste für uns.

War es nicht schwer, sich auf einen Stil festzulegen? Immerhin seid ihr zu sechst und jeder hat sicher andere musikalische Vorstellungen.


Das dachten wir am Anfang auch, aber es lässt sich alles gut miteinander kombinieren. Jeder steuert seinen Teil bei, es wurde immer rockiger, je mehr Mitglieder in der Band waren. Aber durch die verschiedenen Vorlieben ist z.B. auch viel Elektronik dabei. Wir versuchen immer wieder neue Sachen auszuprobieren und irgendwie passt halt alles zusammen. Die Herausforderung liegt ja gerade darin, keine Monotonie in den Liedern entstehen zu lassen.

Durch eure vielseitige Musik kann man euch nicht annähernd mit den Bands, mit denen man euch gerne vergleicht, auf eine Stufe stellen. Wieso entstehen diese Vergleiche zu anderen britischen Bands und wie geht ihr damit um?

Wie du weißt, wird es immer schwerer, sich gegen Kategorisierungen zu wehren. Klar werden wir in England extrem gehypet, aber das ist da nun mal so. Wir gingen auf Tour und die Leute haben sich etwas absolut anderes vorgestellt. Die Leute sollten einfach mal zu Konzerten gehen und sich selber überzeugen. Die Presse zwingt einen regelrecht, eine Band entweder zu lieben oder zu hassen. Wenn man da einmal drin steckt, ist es nicht leicht, da wieder rauszukommen. Viele Leute sind einfach zu unaufgeschlossen und denken, nur Punk, nur Rock, nur Grunge oder meinetwegen auch nur Country wären toll. In allen musikalischen Bereichen gibt es gute und schlechte Sachen aber man muss erstmal genau hinhören, bevor man sich ein Urteil bildet.

Kommen wir mal zu eurem neuen Album. Ich finde, eure Musik ist im Vergleich zu eurem Debüt wesentlich ausgeprägter, was die Kombination unterschiedlicher Stile angeht und hinterlässt einen anderen Eindruck, ohne dass euer Sound unbedingt differenzierter wäre.

Natürlich haben wir die Musik nicht komplett geändert. Was die Kombination der verschiedenen Instrumente angeht, haben wir uns viel Mühe gegeben – vor allem muss ja alles später auf der Bühne umsetzbar sein. Ich kann aber auch nicht sagen, dass wir uns live völlig anders anhören als auf der Platte. Aber wie gesagt: Die Platte anhören und selbst entscheiden! Unser neues Album ist einfach tiefgründiger, es geht um das Leben miteinander und darum, wie man versuchen muss mit sich selbst klarzukommen, ohne komplett durchzudrehen. Wir werden die nächste Platte auch wieder auf Morning rausbringen. Das ist unser zweites Zuhause. Die Leute bilden ein sehr gutes Team und die Produktion läuft meistens einwandfrei ab.