Es gibt sie noch, richtig gute Punkbands. COBRA SKULLS aus Reno, Nevada gehören zu dieser Kategorie. Mit viel Leidenschaft und einer kritischen Attitüde tourt das Trio nahezu pausenlos über den Globus. Dass die Band durch ihr Engagement ein mittlerweile richtig guter Live-Act geworden ist, davon konnten sich alle Besucher der zweiten Europatour im Herbst überzeugen, die im Rahmen der Vorstellung des neuen Albums „American Rubicon“ (Gunner Records) stattfand. Neben Infos zu Tour und Platte kamen im Gespräch mit Sänger und Bassist Devin und Gitarrist Adam auch noch andere interessante Aspekte zum Vorschein.
Vor fast genau einem Jahr saßen wir schon einmal zusammen. Was ist seitdem passiert?
Adam: Ich würde sagen, nichts Wesentliches. Es ist irgendwie so, als wären wir gar nicht weg gewesen, so schnell ist die Zeit seit unserem letzten Besuch vergangen. Damals war Europa ja noch komplett neu für uns. Heute kennen wir schon viele Städte, was mir ein gutes Gefühl gibt.
Devin: Nach der letzten Europatour waren wir noch zwei Monate in den USA unterwegs. Danach nahmen wir dann eine mehrmonatige Auszeit, um im Anschluss ins Studio zu gehen und „American Rubicon“, unser neues Album aufzunehmen ...
Matt Allison war der ausführende Produzent. Viele kennen ihn von Arbeiten mit Bands wie LAWRENCE ARMS oder ALKALINE TRIO. Was macht er anders als andere?
Adam: Der Mann hat echt mit vielen namhaften Bands gearbeitet und gerade die letzten beiden Arbeiten mit LAWRENCE ARMS und THE COPYRIGHTS waren klasse. Auch „American Rubicon“ klingt gut. Er weiß eben, was er kann.
Devin: Stimmt, aber trotzdem: Es war insgesamt schon eine eher komische Erfahrung, mit ihm zu arbeiten. Er legte uns stets nahe, sich Zeit zu lassen für alles, was wir daraufhin auch taten. Am vorletzten Tag hatten wir aber noch nicht mal die Hälfte der Songs des Albums eingespielt und plötzlich meinte er, dass wir uns langsam, aber sicher mal beeilen sollten. Das passte irgendwie nicht zusammen.
Hat er euch reinreden wollen?
Devin: Nein, gar nicht. Er ist nicht so der Produzententyp, sondern eher der, der aufnimmt. Der beste Tip, den er uns gab, war der, die Songs live einzuspielen. So klingen sie insgesamt wirklich nach dem Gesamtwerk einer Band und nicht so zusammengesetzt.
Das Cover von „American Rubicon“ ist ein relativ simples Foto, auf dem du von hinten zu sehen bist, Devin. Woran soll es erinnern?
Devin: Das Einzige, was wir wussten, als wir über das Artwork nachdachten, war, dass wir es so schlicht wie möglich wollten. Trotzdem aber sollte es unser Bandlogo mit dem Schlangenkopf und damit einen gewissen Wiedererkennungswert haben. Mit solchen Vorstellungen im Kopf, ist es echt schwierig, dann etwas Passendes zu finden. Irgendwann hat jemand von uns Bruce Springsteens Album „Born In The USA“ gehört und hielt das Cover in der Hand. Da wussten wir, so ähnlich schlicht, aber aussagekräftig sollte auch unser Cover aussehen.
Meine erste Assoziation war AGAINST ME!s „Eternal Cowboy“.
Adam: Das habe ich bisher noch nicht gehört, aber wenn wir ein Ziel mit dem neuen Album hatten, war es, so wenige Vergleichsmomente wie möglich zu AGAINST ME! herzustellen! Sie waren mit Abstand die meist zitierte Band in allen Magazinen, mit der man uns verglich. An sich ist das ja auch okay, nur wenn es immer und immer wieder dieser Vergleich ist, wird es irgendwann schwierig, davon wegzukommen.
Devin: In einem Review stand über unseren Sound mal „AGAINST ME! trifft DEAD KENNEDYS“, womit ich persönlich nichts anfangen kann, da ich eigentlich gar keine DK höre. So lange es aber gute Bands sind, mit denen du verglichen wirst, ist für mich die Welt in Ordnung.
Ihr seid demnach zufrieden mit dem Album und den Songs.
Devin: Na ja, im Nachhinein gibt es immer etwas, das man anders machen würde, wenn man die Chance dazu hätte. Ich würde einen oder zwei Songs rausschmeißen. Punk-Alben sollten nicht länger als dreißig Minuten sein. Was für ein Anfängerfehler! Die Abfolge der Songs nervt mich mittlerweile auch etwas. Insgesamt kann ich mir „American Rubicon“ aber viel besser und öfter anhören als „Sitting Army“, das erste Album. Die Songs sind einfach abwechslungsreicher und besser strukturiert.
Was ist die Idee hinter dem Titel?
Devin: Die Grundgedanke geht zurück auf die Zeit von Cäsar. Sein Überqueren des Flusses Rubicon löste damals einen Bürgerkrieg aus. „Den Rubicon überschreiten“ ist also ein geflügeltes Wort für etwas, von dem es kein Zurück mehr gibt. Ein schönes Bild, das sich eben auch gut auf die USA übertragen lässt und in das irgendwie die Hälfte der Songs passt. Wir als Einzelne können in großen Bereichen wie Wirtschaft oder Ökologie guten Gewissens eigentlich relativ wenig tun, ohne uns wirklich sicher zu sein, ob unsere Entscheidungen nachhaltig richtig sind oder sie sich nicht doch mit späteren Erkenntnissen als falsch erweisen. Das Ganze verfolgt die konzeptuelle Idee, dass es, egal, wie man sich entscheidet, Folgen hat, die teilweise erhebliche Konsequenzen nach sich ziehen.
In dem Song „Bad apples“ geht es um militante Straight-Edge-Kids. Gab es mal Probleme?
Devin: In unserer Heimatstadt Reno gibt es seit geraumer Zeit immer wieder Übergriffe militanter Straight Edger gegenüber anderen Kids. Das war uns ein Dorn im Auge. Nicht, dass wir SxE an sich als schlecht empfinden, ganz im Gegenteil. Gegen diese sinnlose Gewalt habe ich aber etwas, woraufhin ich diesen Song schrieb, der eben von einigen schwarzen Schafen handelt, die ein Punk-Konzert mit einem Boxring verwechseln. Lustigerweise kommen gerade in den USA immer wieder SxE-Kids zu den Shows und fordern eben diesen Song.
In „One day I’ll never“ erzählst du, dass du aus Geldmangel wieder bei deinen Eltern einziehen musstest. Stimmt das?
Devin: Das ist richtig. Wir waren nach der ersten Europatour eben nicht nur künstlerisch ausgebrannt, so dass dieser Schritt einfach nahe lag. Keine Angst, meine Eltern sind ziemlich cool und wir verstehen uns prächtig, da sie selber Musik machen und uns und unser Leben verstehen. Probleme gab es demnach keine.
Punk bedeutet, klar Stellung zu beziehen. Wofür engagierst du dich?
Devin: Ich habe mal drei Monate für die American Civil Liberties Union gearbeitet, eine Art Verein, der darauf achtet, dass das Recht auf Meinungsfreiheit, eine der Grundlagen der amerikanischen Verfassung, eingehalten wird. Über die ACLU lernte ich eines Tages einen im Irak stationierten GI kennen, der unbedingt von der Armee weg wollte, wenn möglich aber sein Stipendium für die Universität behalten wollte. Jemand meinte, er solle versuchen, unter Alkoholeinfluss bei der Arbeit erwischt zu werden, um unehrenhaft entlassen zu werden, was ihm dann auch gelang und wovon der Song „Honorary discharge under the influence“ handelt. Da es keine Wehrpflicht in den USA gibt, werden eben vornehmlich Kids aus ärmeren Familien mit solchen Angeboten gelockt, um sich als Soldat zu verpflichten.
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