Dass Berlin schon immer das gewisse Mehr an Rock'n'Roll zu bieten hatte, muss an dieser Stelle nicht extra erwähnt werden. Mit CHURCH OF CONFIDENCE, um Mastermind und Wild at Heart-Betreiber Uli, gibt es zudem ein langjähriges Aushängeschild, wenn es um eingängigen, mit Attitüde gespielten und tief im Blues und Rock'n'Roll verwurzelten Punkrock geht. Seit mittlerweile vier Longplayern, einigen Singles und unzähligen Konzerten behauptet sich die Band im Haifischbecken der kurzlebigen und sich in ständiger Veränderung befindenden Musiklandschaft. Dass einem da nicht immer der Erfolg zukommt, der einem aufgrund mehr als überzeugender Veröffentlichungen zustehen würde, und dass Leben eben ständige Veränderung bedeutet, scheint Uli, den kreativen Kopf der Band, aber nicht zu entmutigen, weiterhin an die Kraft des Rock'n'Roll zu glauben, vor allem durch unterschiedliche Aktivitäten rund um die Liebe zur Musik präsent zu bleiben und sich dadurch bewusst von den unzähligen Plagiaten abzuheben. Welche Aktivitäten hier gemeint sind, wie es aktuell um CHURCH OF CONFIDENCE steht und was Uli darüber hinaus beschäftigt, dazu schickte ich im hochsommerlichen April dieses Jahres ein paar Fragen durchs Kabel.
Wie man bereits über eure Homepage erfahren konnte, habt ihr ja mal wieder ein neues Bandmitglied. Was gibt es denn darüber hinaus Neues bei euch? Darf man auf neue Aufnahmen hoffen und in welcher Art werden sich diese von den bisherigen unterscheiden?
Nächste Woche starten wir mit den Aufnahmen zum neuen Album. Da ich das in meinem eigenen Studio mache, kann sich das aber durchaus etwas hinziehen. Sprich: wir müssen uns nicht unter Druck setzen, nur weil im Hintergrund die Studiouhr tickt. Was dabei rauskommt, kann man vorher nie so genau sagen, da lasse ich mich selbst überraschen.
Aufgrund der vielen Besetzungswechsel in eurer bisherigen Bandgeschichte ist es teilweise schwierig, euch physisch als Band wahrzunehmen. Inwiefern bekommt ihr das zu spüren, gibt es manchmal den Wunsch nach einer konstanten Besetzung?
Es bleibt mir ja gar nichts anderes übrig, als den Status Quo zu akzeptieren. Fakt ist einfach: Je älter die Band wird, desto schwieriger wird es, mit festen Mitgliedern zu arbeiten, da jeder so viele andere Verpflichtungen hat wie Business, Familie oder andere Bands. Ich versuche momentan sowohl mit zwei Drummern als auch mit zwei Bassisten zu arbeiten, um so viele Termine wie möglich wahrnehmen zu können. Da ich bei Church sowieso vom Songwriting bis zur Produktion alles selber mache, ist das auch gar kein Problem. Physisch wird die Band mehr oder weniger über meine Person wahrgenommen. Eigentlich ist das schon der Running Gag, dass wir jedes Mal mit einer anderen Besetzung auftauchen. Krönung war letzten Sommer auf dem Wasted-Festival in Blackpool. Mein eigentlicher Drummer hatte sich überbucht, daraufhin haben wir unterwegs einfach in Düsseldorf Vom von den Hosen in den Bus eingeladen und der hat dann ungeprobt den Gig getrommelt. Noch mal ein herzliches Dankeschön an dieser Stelle für den selbstlosen Einsatz.
Mit jeder bisherigen Veröffentlichung habt ihr meiner Meinung nach euren Sound weiter nach vorn gebracht. Euer bisheriges Werk präsentiert sich sehr homogen und zeichnet sich durch nahezu zeitlos gute Songs aus. Trotzdem hat man bei euch das Gefühl, dass es euch nicht vergönnt sei, dafür auch den verdienten Erfolg einzufahren. Wie nimmst du das wahr?
Ich glaube, da sind wir nicht die Einzigen, denen das passiert. Ich sitze da mit dem Wild at Heart ja sozusagen an der Quelle. Ich sehe so viele gute Bands am Erfolg vorbeischrammen, während der laue Aufguss davon dann die Lorbeeren einheimst. Das war leider schon immer so. Das kann man so akzeptieren oder sich darüber aufregen, was aber zwangsläufig nur zu einem Magengeschwür führt. Über dieses Thema gibt es von "Bad luck" bis "Born to lose" ja auch recht schöne Songs, die einen hier trösten können. Ich zähle mich da zweifellos mit zur Riege der ewigen musikalischen Verlierer.
Du bist ja über deine Band hinaus in verschiedenen Bereichen der Szenelandschaft tätig. So kennt man dich vor allem als Betreiber des Wild at Heart. Darüber hinaus hast du die Finger an den Reglern, wenn es um das Abmischen verschiedener Aufnahmen geht. Auch ein kultiges Ladengeschäft, wo es möglich ist, sich mit den irrwitzigsten R'n'R-Accessoires auszustatten, hast du mit aus der Taufe gehoben. Wie ist das allgemeine Feedback? Da gibt es doch sicher so einige Neider?
Ein allgemeines Feedback gibt es da nicht. Die Leute, die so was selber versuchen oder versucht haben, bringen einem schon den genügenden Respekt vor dieser Arbeit entgegen. Leider gibt es aber auch gerade in der so genannten "Szene" sehr viel Neid und man muss immer sehr genau abwägen, was man so von sich gibt, sonst wird man sehr schnell als arrogantes Arschloch hingestellt. Das ist eben eine Gratwanderung, da es sich nicht um einen anonymen Job handelt, sondern man sozusagen in der "Öffentlichkeit" steht. Das schönste Kompliment - und das kriegen wir sehr oft zu hören! - ist, wenn Bands sagen, dass im Wild at Heart zu spielen für sie dasselbe ist, wie nach Hause zu kommen. Letztendlich ist man ja ein privater Kulturschaffender, aber dafür gibt's leider keine Zuschüsse.
Eine kleine Frage zu Berlin. Über die Jahre hinweg hat sich sicher so einiges verändert, Look, Viertel und Läden/Clubs sind mal trendy und dann mal wieder nicht, Bands kommen und gehen. Was aber ist deiner Meinung nach auch noch in Jahren relevant? Vor allem was rechtfertigt den Ruf von Berlin als Rock-City?
Diese so genannten Berlin-Trends spielen sich zum Glück fernab von unserem verlassenen Kreuzberg ab. Menschen dieser Gattung verirren sich auch kaum zu uns. In unserem Laden ist alles echt und keine aufgesetzte Studenten-Rock'n'Roll-Attitüde. Das ist dem allgemeinen Pseudo-Rocker dann doch zu obskur. Wir waren vor irgendwelchen Trends da und werden auch nach irgendwelchen Trends da sein. Immerhin mache ich jetzt schon seit 30 Jahren Punkrock, da schert man sich nicht mehr so sehr darum, da man gewisse Dinge schon zum dritten oder vierten Mal sieht oder hört!
MySpace und Co., digitale Medien und Techniken verdrängen immer mehr die altgedienten Möglichkeiten Musik zu hören und überhaupt erst zu machen. Bedeutet die rasante Entwicklung für dich einen schleichenden Tod der Musikkultur im Allgemeinen, wo siehst du prägnante Vorteile? Wie wirken sich die genannten Dinge auf euch als Band aus?
Musik wird es immer geben. In welcher Form sie nun vermarktet wird, ist egal. Fakt ist, dass heutzutage Musik leichter verfügbar ist als früher und daher natürlich an ideellem Wert verloren hat. Die technische Entwicklung ist nicht rückgängig zu machen oder gar aufzuhalten und sich darüber aufzuregen klingt immer so ein bisschen nach verbittertem Rentner, da möchte ich mich nicht daran beteiligen. Da ich mich schon vor langem aus der ganzen Nummer ausgeklinkt habe und wirklich alles im D.I.Y.-Verfahren abwickle, von der Produktion meiner Platten über die Veröffentlichung auf dem eigenen Label bis zum Vertrieb über unabhängige Mailorders tangiert mich das alles nicht wirklich. MySpace ist in erster Linie mal ein praktisches Forum, um als neue Band schnell eine Internet-Plattform zu haben.
Wie sieht es aus, wenn du nach Hause kommst? Gibt es da das Verlangen nach Ruhe und Abschalten, einem guten Buch oder leckerem Essen, du bist ja, wie eben schon erwähnt, auch über das Musikmachen hinaus stets in irgendeiner Form mit der Szene verwoben?
Klar, wenn man sieben Tage die Woche Musik um die Ohren hat, legt man zu Hause kaum eine CD ein. Da ist ganz klar die Glotze an, um abzuschalten. Natürlich habe ich auch noch andere Interessen, wie zum Beispiel an meiner 64er Bonneville zu schrauben - und sie zu fahren. Und wenn man sonst schon keinen Urlaub hat, ist es natürlich eine großartige Entspannung, wenn man mit der Band rauskommt, um Konzerte zu spielen.
Wo und auf welche Art entstehen im Allgemeinen eure Songs?
Meistens stolpere ich beim Gitarreklimpern über ein Riff, das mir gefällt, und versuche dann, einen Song daraus zu basteln. Dann wird in der Probe ausprobiert, ob es rockt, und vielleicht auch schon mal vorab aufgenommen. Ganz am Schluss kommt der Text und dann ist es immer ratsam, die neuen Sachen schon eine Weile live gespielt zu haben, bevor man sie richtig aufnimmt, da die meisten Nummern dadurch noch etwas reifen.
Inwiefern bist du an aktuellen Bands und Veröffentlichungen interessiert?
Da bin ich musikalisch auf einem komplett anderen Film. Für Viva, MTV und Co. bin ich definitiv zu alt. Da höre ich mir lieber handfesten Biker-Rock an.
Du bist ja wie schon gesagt über viele Jahre in der Musiklandschaft unterwegs. Welche Kraft zieht dich immer wieder raus auf die Bretter, die die Welt bedeuten? Gibt es dieses eine besondere Erlebnis, an das man sich immer wieder klammert?
Na ja, mit 43 Jahren ist es wohl zu spät für eine Umkehr ins bürgerliche Leben. Damit findet man sich irgendwann ab. Man hat ja nicht umsonst diesen Lebensstil gewählt. Sicherheiten gibt's da nur wenig oder gar nicht. Und warum ich immer noch rausgehe und Tourneen spiele, liegt wohl am Spaß, den man dabei hat. Wie schon erwähnt, ist das eine Art Urlaub für mich. Andere legen sich halt gerne an den Strand und lesen ein Buch.
Welche bandbezogenen Ziele gibt es? Welche Wünsche würdest du dir mit deiner Band in Zukunft noch gerne erfüllen?
Mein musikalisches Ziel ist, eine Scheibe abzuliefern, die für meine Begriffe hundertprozentig stimmig ist und zwar vom Songwriting bis zur Produktion. Solange mir das nicht gelingt, werde ich wohl weitermachen müssen. Was mich sehr freut, ist, dass es immer noch Fans gibt, die sich Bands anschauen, die mehr oder weniger außer Konkurrenz neben all dem Hype existieren. Hierfür möchte ich mich bedanken.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #74 Oktober/November 2007 und Lars Weigelt