BURNING HEADS

Seit 10 Jahren spielen die BURNING HEADS nun ihren griffig kantigen Punkrock, der nicht immer einfach zu schlucken ist und teilweise recht heftig kommt. Klar, daß das Feuer der vier Jungs, nicht nur in Frankreich auf die Punkrockgemeinde übergriff, sondern auch in den Nachbarländern flammende Begeisterung entfachte. Klar auch, daß als Konsequenz auf das neue Album "Be one with the flames", das auf Epitaph erschienen ist, eine größere Europatour angesagt war. Und sonnenklar war, daß ich beim Gig im Kölner Underground nicht fehlen durfte, um mich persönlich davon zu überzeugen, daß die vier Franzosen aus Orléans auch live ein Feuerwerk von Punkrockkrachern zünden würden. Und obwohl nur wenige den Weg ins Kölner Underground fanden, war die Stimmung bestens, um nicht sogar zu sagen "heiß". Gitarrist und Sänger Pierre beantwortete mir nach dem Konzert meine brennenden Fragen.

Wie kam es eigentlich zum Deal mit Epitaph?

Sie riefen bei uns an und fragten, ob wir nicht zwei Alben auf Epitaph veröffentlichen wollen. Wir wollten natürlich sofort, aber wir waren vertraglich noch an PIAS gebunden. Epitaph hat dann PIAS darum gebeten uns gehen zu lassen, was sie dann auch gemacht haben.

Dafür, daß Epitaph ein recht großes Label ist, ist es doch recht ungewöhnlich, daß sie euch gefragt haben und nicht ihr sie. Wie erklärt euch also diesen Erfolg bzw. dieses Interesse an euch?

Ich weiß es auch nicht ganz genau, vielleicht weil wir schon zehn Jahre zusammen spielen, vier LPs aufgenommen haben und sehr viele Konzerte hinter uns gebracht haben. Letztendlich sind Epitaph durch eine gute Freundin namens Delphine auf uns aufmerksam geworden. Sie arbeitete bei Epitaph Europe und hat dort von uns erzählt. So ist es dann zum Kontakt mit Epitaph gekommen. Das war ziemliches Glück, ansonsten hätte es wohl nie ein Burning Heads- Album auf Epitaph gegeben.

Noch dazu, wo ihr aus Frankreich kommt und nicht aus Schweden, wo man wohl prozentual mehr Punkrockbands pro Quadratmeter erwartet.

Wohl auch deswegen, weil Epitaph Europe versuchen möchten innerhalb von fünf Jahren mit fünfzehn europäischen Bands ein eigenständiges Label aufzubauen und nicht mehr nur der europäische Vertrieb vom amerikanischen Mutterlabel zu sein. Übrigens sind wir nur bei Epitaph Europe unter Vertrag, nicht bei dem Mutterlabel. Vielleicht einmal später, nach ein paar Alben mehr, wir lassen das auf uns zukommen.

Euer jetziges Album "Be one with the flames" hat ja einen für euren Stil schon fast perfekten Sound, und auch live hat man euch heute angemerkt, daß ihr perfekt aufeinander eingespielt seid und unabhängig davon, ob es 20 oder 200 Zuschauer sind, trotzdem gut abgeht. Was oder wie wollt ihr euch da noch "verbessern"?

Das mit der Live-Peformance kommt daher, daß wir schon drei Wochen auf Tour sind. Ich glaube, daß egal wie gut oder schlecht eine Band ist, nach drei Wochen, die du jeden Abend auf der Bühne stehst, kannst du mit geschlossenen Augen spielen, jeder Handgriff sitzt. Was die nächsten Alben betrifft, werden wir versuchen uns nicht zu wiederholen. Wir haben uns zu den einfacheren, kürzeren und weniger technischen Songs hin entwickelt. Wir wollen einfach ins Studio rein, zwanzig Stücke aufnehmen, und dann die zwölf oder zehn besten aufs Album bringen.

Einfache, kurze, wenig technische Songs, das hört sich ganz nach Hardcore an. Habt ihr eine Schwäche für Hardcore?

Am Anfang habe ich viel Hardcore gehört, aber ich habe gemerkt, daß mir nicht Hardcore an sich, sondern die Sichtweise und die Lebensart der Hardcoregemeinde gefallen hat. Einige Hardcore-Bands wie MURPHY´S LAW oder SICK OF IT ALL haben es drauf auch emotional gut rüberzukommen. Sie wissen halt, wie man Emotionen und Message verbindet. Dagegen kann nichts mit Bands anfangen, die nur durch Aggressivität und Härte ohne jeglichen Tiefgang auffallen, wie z.B. die RYKER´S. Ich denke, daß du auch ohne aggressiv zu wirken den Leuten zu verstehen geben kannst was Sache ist. Darum höre ich gerne Punkrock und Reggae, weil dort eben viel Messages drin sind.

Reggea ist der zweite große musikalische Einfluß der BURNING HEADS. Paßt ja eigentlich nicht zu HC-Punk.

Nun, ich habe halt früher auch viele englische Sachen wie THE CLASH oder THE JAM gehört. Und in England gibt es einen ziemlich starken Einfluß von schwarzer Musik bzw. Reggae, der die gleichen Probleme und Eindrücke wie im Punkrock behandelt, die aber anders als im Punkrock ausgedrückt werden. THE CLASH haben das aufgenommen, was für mich eine Öffnung der Denkweisen bedeutet; nämlich die gleichen Vorstellungen und Forderung wie im Punkrock in einem anderen Musikstil auszudrücken. Deshalb bin ich auch für alle Musikstile offen und höre auch gerne unterschiedliche Stile, um mich weiterzuentwickeln. Sich nur auf Punkrock zu beschränken wäre langweilig.

Diese Messages sind bei euch ja ziemlich politisch wie z.B. "All is fine" oder "No reply" Ist es euch wichtig politisch zu sein?

Nicht essentiell. Aber es ist schon wichtig zu sagen was los ist, daß wir nicht alles mit uns machen lassen, daß wir schon wissen was abgeht und daß wir keine dummen Marionetten sind. Ich kenne viele Bands, die überhaupt keine politischen Themen behandeln, aber trotzdem politisch wirken. Sie bringen es halt nur anders rüber. Genauso kenne ich viele Leute, die wie Punks denken, aber keineswegs Punkmusik machen. Das sind Leute die Jungle, Reggae oder Pop machen, aber trotzdem Punks sind.

Also ist Punk für dich eine Art von Auseinandersetzung mit der Umwelt und die Reaktion darauf, also zu erkennen, daß nicht alles so toll läuft.

So ist es. Halt nicht alles schlucken, nicht jeden Scheiß kaufen, nicht immer alles so hinnehmen. Aber wie gesagt, solche Leute gibt´s nicht nur im Punkrock, sondern in allen Musikrichtungen. Zum Beispiel in der französischen Techno-Szene gibt es 99% Scheiße und 1% ehemalige Punks, die die ganze Zeit durch das Land ziehen, Gratiskonzerte veranstalten und ihre eigenen Platten pressen, ohne kommerziellen Hintergrund, ohne irgendwelchen Verpflichtungen anderen gegenüber. Das ist Punk, es selbst anzupacken, und ich hoffe, daß die Leute im Punkrock das erkennen.

Diese "Do it yourself"-Philosophie ist doch ein Markenzeichen der BURNING HEADS, bedenkt man eure Anfänge.

Sicher, am Anfang war das unsere einzige Chance, wir mußten unsere erste Single selbst machen, damals war Punkrock in Frankreich nicht gerade angesagt. Dann kam der Hype mit OFFSPRING & Co, was die Sache leichter machte. Und jetzt wird es wieder härter, weil der Hype beendet ist. Aber das ist nicht schlimm, so ist es halt, und wir haben uns eben nicht die einfachste Art zum Leben ausgesucht, aber es ist die Art Leben, die wir gewollt haben.

Also Punkrock als Lebensart und nicht als Business?

Zuerst als Lebensart und dann erst als Business. Und wenn wir von Business sprechen, muß das nicht bedeuten viel Show drumherum, Kohle zocken und so. Ich glaube z.B. nicht, daß THE CLASH sich damals an CBS verkauft haben um Kohle zu machen, sondern vielmehr die Möglichkeiten eines Majors ausgenutzt haben. THE CLASH haben damals ein Album namens "Sandinista!" mit drei Platten in einem Cover herausgebracht, wobei die Plattenfirma grundsätzlich einverstanden war, aber auch wesentlich mehr für dieses Album verlangen wollten. THE CLASH bestanden dennoch darauf, daß es zum Preis einer LP verkauft wird, worauf CBS gesagt haben, das wäre unmöglich. THE CLASH haben dann auf ihre Bezahlung verzichtet unter der Bedingung, daß das Album zum Preis einer LP verkauft wird. Die Plattenfirma verkaufte zig Alben und THE CLASH sahen keinen Pfennig. Für mich geht es nicht ums Geld, ich meine, wenn z.B. beim Konzert die Halle leer steht, werde ich nach der Show nicht vom Veranstalter verlangen, daß er mir mein Geld gibt. Das kannst du nicht verlangen. Wenn dagegen viele Leute kommen und der Veranstalter viel Geld gemacht hat, werde ich mehr Geld verlangen. Das ist in Ordnung.

Also auch kein Interesse an Amerika, wo das große Geld mit Punkrock gemacht werden kann?

Nein. Es gibt dort genug Bands wie die BURNING HEADS und wir haben keine Lust da mitzumischen. Uns ist es wichtiger hier in Europa, also in Deutschland, Italien, Spanien, Portugal, England, Slovenien, Kroatien usw. zu spielen.

Für euch ist es also wichtig in Europa aktiv zu sein, also zuerst einmal in eurem Umfeld einiges zu bewirken bzw. Leute zu erreichen?

Nein, doch, ja schon. Es ist schon wichtig erst einmal hier zu spielen. Erst fegst du vor deiner eigenen Tür, dann erst vor den anderen. Im übrigen ist es zu teuer und zu kompliziert in den USA zu spielen. Wir haben mal in Kanada fünfzehn Tage mit TEN FOOT POLE gespielt, wo jeden Abend zwischen 400 und 1.500 Leuten das Konzert besucht haben, das war schon toll. Man hatte uns damals für viel Geld angeboten beim Formel 1-Grand Prix-Finale in Kanada zu spielen, und einen Monat vor diesem Konzert hat uns dann noch jemand angeboten mit TEN FOOT POLE fünfzehn Konzerte zu spielen, ohne dafür Geld zu bekommen. Wir sagten o.k., warum nicht, und fünfzehn Tage vor dem großen Konzert beim Grand Prix wurde uns für dieses Konzert abgesagt und wir spielten nur die Konzerte mit TEN FOOT POLE. Am Ende waren wir pleite, aber es war echt o.k.

Ihr lebt also von Punkrock?

Ich weiß nicht ob man das so nennt, das mußt du mir sagen. Am Anfang haben wir uns nicht die Frage gestellt ob wir davon Leben können oder nicht. Wir haben einfach zusammen gespielt mit dem Ziel, Spaß zu haben und zu sehen, ob wir ein paar Stücke zusammen spielen können und dann halt ein Konzert zu spielen. Nachdem wir dann unser erstes Konzert gespielt hatten, kamen Leute auf uns zu und fragten, ob wir nicht noch eins nächste Woche machen wollten, und immer so weiter. Das steigerte sich dann, ohne daß wir das irgendwie geplant hätten. Ich glaube, das war unser Glück. So lebe ich seit zehn Jahren, und es ist in Ordnung. Halt heute hier zu spielen und Erfahrungen zu sammeln, Leute kennenzulernen und morgen wieder ganz woanders zu spielen und andere Leute kennenlernen und irgend etwas von den Menschen hier mitzunehmen und etwas von mir hier zulassen. Das ist für mich das wichtigste, mit anderen Leuten zu kommunizieren und einen Eindruck zu hinterlassen.

O.k., zum Abschluß mal ´ne ganz andere Frage. Mit welcher Band würdest du bzw. ihr mal ganz gerne spielen?

Uhh! Mit den MARSHES zum Beispiel. Oder SAMIAM, DESCENDENTS oder ALL. Aber manchmal gibt es echt ganz angenehme Überraschungen wie z.B. bei dieser Tour mit den DAISIES, die wir vorher gar nicht kannten und uns jetzt blendend mit ihnen verstehen. Natürlich kann es auch ganz anders kommen, du denkst das wird super, weil du die Band magst, und dann siehst du diese Bands auf Tour und denkst nur noch oh Gott, wie sind die denn drauf. Das ist ein grundlegender Unterschied zu der amerikanischen Szene, die haben eine ganz andere Art und Weise die Dinge anzugehen als wir in Europa. Daher kann ich mich auch nicht so sehr mit der amerikanischen Szene identifizieren. Da sind die Gemeinsamkeiten sehr klein. Das heißt nicht, daß ich Amerika scheiße finde, ich denke schon, daß es ein paar ganz gute Dinge dort gibt, die ich auch versuche zu übernehmen. Bei uns gibt es genauso viele Dinge die falsch laufen, man muß eben die guten Dinge rausfischen.

Vielen Dank!