Als willige Befehlsempfänger, die gerne den harten Vollstrecker raushängen lassen – unter dem Motto „Punkrock mit Schlagstock“ – sind DIE BULLEN aus Kiel unterwegs, um sich bei der Zielgruppe anzubiedern. Mit „Einigkeit und Recht und Sicherheit“ ist jetzt ihr zweites Album erschienen, zu dem ich Sänger Andy Schlüter (Vollkontaktbeamter) einige Fragen stellte.
Ihr habt die Band relativ spontan neben euren anderen Bands gegründet. War es überhaupt je geplant, ein zweites Album rauszubringen?
Das war nicht geplant, nein. Aber wir haben einfach nie aufgehört, zu proben und Songs zu schreiben. Und irgendwie ist daraus ein weiteres Album entstanden. Thematisch gab es ja genug Anlässe für neue Lieder. Es gibt bestimmt Leute, die das spackig und unwitzig finden, dass wir das Konzept ein zweites Mal durchziehen, aber sei’s drum. Diese Leute beanstanden wahrscheinlich auch, dass CANNIBAL CORPSE ständig über Eingeweide singen oder MANOWAR über Stahl.
Obwohl das Konzept gleich geblieben ist, sind beide Alben sehr unterschiedlich: Das erste ist eher witzig, das zweite teilweise schon schmerzhaft ernst, das spiegelt sich auch musikalisch wider. Wie ist diese Entwicklung zustande gekommen?
Unser erstes Album erschien 2014, geschrieben haben wir es von Februar bis Juli 2013. Das erscheint mir, angesichts der Veränderungen der letzten Jahre, wie graue Vorzeit. Schon damals wollten wir keine doofen Texte schreiben, aber der Spaß an der Sache stand eindeutig im Vordergrund. Dann kamen die Proteste wegen der Roten Flora, die Gefahrengebiete in Hamburg, die willkürlichen Kontrollen. Gefühlt war es so, dass die Realität unser erstes Album innerhalb eines halben Jahres überholt hatte. Dazu kam der alltägliche Rassismus bei der Polizei, Racial Profiling, rechte Netzwerke in der Polizei. Durch die innen- und außenpolitischen Veränderungen der letzten Jahre wurde immer mehr nach einem vermeintlich starken Staat geschrien. Es gab die neuen Polizeiaufgabengesetze, mehr Überwachung, mehr Willkür. Ey, die Liste ist endlos! Ach ja, G20 gab’s auch noch. Das hat auch bei uns Spuren hinterlassen. Es musste raus. Da war Druck. So wie „Schweineherbst“ von SLIME. Dieses Album ist unser „Schweineherbst“.
In welche Richtung wird sich die Band in Zukunft weiter entwickeln?
Wir werden hoffentlich bald überflüssig sein. Wenn es allerdings so weitergeht wie in den letzten Jahren, dann sollte es mehr Bands wie uns geben. Mehr Bullen-Bands. DIE BULLEN 2! Eine ganz Hundertschaft an Bullen-Bands!
Gibt es Leute, die die Band zu ernst nehmen? Also werdet ihr bisweilen angefeindet?
Kommt vor. Witzig, oder? Dass jemand die Bullen ernst nimmt! Verrückt! Aber im Ernst: Es gibt Leute, die den Gag einfach nicht checken. Das ist dann für uns ein bisschen witzig. Dann wiederum gibt es aber auch Leute, die uns überhaupt für das Band-Konzept anfeinden. Der Vorwurf hierbei ist, dass wir uns anmaßen, aus unserer Position heraus überhaupt diese Form von Kritik zu betreiben. Schließlich sind wir vier Typen, die eigentlich keine Opfer von polizeilicher Repression sind. Das wissen wir, wir sind uns dessen bewusst. Das ist für uns kein Grund, es zu lassen. Ich denke, das Konzept der Band und unser Anliegen ist aber doch recht einfach zu durchschauen. Wen wir eigentlich im Visier haben und über wen wir uns da lustig machen, sollte schnell klar sein. Wer das allerdings unbedingt falsch verstehen will, soll es eben falsch verstehen.
Habt ihr jemals direkte Reaktionen von realen Polizisten gekriegt? Ein Freund von mir kennt mindestens einen, der euer erstes Album ganz gut findet ...
Den würde ich gerne mal kennen lernen. Der hat wohl nicht richtig hingehört. Oder er sollte den Beruf wechseln. Und ja, ich kenne reale Polizisten, die unsere Band kennen. Und ich kenne auch Menschen, die der Polizei unkritisch gegenüberstehen. Da gab es immer schnell Rückschlüsse auf mich privat. Sie beurteilen mich einzig und allein anhand meiner Band. So als könnten die Leute nicht zwischen Funktion und Person unterscheiden. Polizist*innen betonen ja ständig, dass sie auch ganz normale Menschen mit Herz und Gefühlen seien, die es emotional verletzt, wenn man sie kritisiert. Deshalb möchte ich im Gegenzug hier die Gelegenheit nutzen, zu sagen: Ja, auch Zecken sind Menschen. Kapiert? Wie war die Frage noch mal?
Herr Schlüter, Sie pöbeln gern das Publikum an. Gab es dabei schon mal einen Moment, in dem Sie sich selbst überrascht haben oder eine Reaktion kam, mit der Sie nicht gerechnet haben?
Da müssen Sie mich verwechseln. Ich pöbele erst mal niemanden an. Außer vorlaute Schreiberlinge von unbedeutenden Punk-Klatschblättchen vielleicht. Dem Publikum mache ich deutliche Ansagen. Unfreundlich, aber bestimmt. Selbstverständlich gibt es immer eine Unperson im Publikum, die sich gerne durch vorlaute Bemerkungen hervortun möchte. Aufgrund meiner Ausbildung bei diversen Punkbands überrascht mich so etwas nur bedingt. Leider bin ich sehr schlagfertig, von Grund auf souverän und außerdem wahnsinnig arrogant, so dass mich polizeifeindliche Sprüche oder Parolen nicht aus der Ruhe bringen können. Zum Siegen verdammt. Was willst du da machen? Wenn es allerdings ein gelungener Scherz ist, so schmunzele ich gern einmal. Und meine Kollegen auch. Da blitzt der Privatmensch dann doch mal durch. Fängt ein Publikum allerdings an, auf unseren Konzerten die Polizei zu feiern, bin ich schnell angepisst. Die haben dann echt gar nix kapiert. Wir sind nicht gekommen, um gefeiert zu werden. Trottel!
Verführt die Uniform dazu, über die Stränge zu schlagen?
Die Uniform ist ein Ausdruck unserer Überlegenheit. Sie symbolisiert unseren Zusammenhalt, unsere Mannschaftsstärke, unseren gefürchteten Korpsgeist. Tragen wir die Uniform, so sind wir besser, stärker und mächtiger als die stinknormalen Bürger*innen. Uns kann dann keiner was. Die Uniform sagt dir, dass ich mächtiger bin als du. Um die Frage zu beantworten: Ja, natürlich. Macht korrumpiert. Willste mal anziehen? Ist ein heftiges Gefühl.
Was würdet ihr gerne mal gefragt werden und was würdet ihr darauf antworten?
„Würdet ihr mit BODY COUNT spielen?“ „Ja.“
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #113 April/Mai 2014 und Marko Fellmann
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