BRIGHT EYES

Foto

Die Leiden des jungen Conor Oberst – sind vorüber

Wunderknabe, Genie oder einfach nur ganz großes Talent, das wurde schon zu Genüge über Conor Oberst in seiner Zeit als aktiver Musiker geschrieben. Heute, gerade mal 24 Jahre jung, veröffentlicht Oberst mit „I’m Wide Awake, It’s Morning“ und „Digital Ash In A Digital Urn“ gleich zwei neue Alben – Platte Nummer fünf und sechs seiner Band BRIGHT EYES. Und diese beiden sind ähnlich konträr wie seine Wohnorte Omaha und New York City.Von den Strapazen des Promo-Marathons sichtlich mitgenommen, sitzt der fragil wirkende Conor auf einem antik anmutenden Kanapee in seiner 5 Sterne-Suite. Auffallend seine rastlos umherblickenden, markanten, tiefbraunen Augen, sowie der enorme Konsum schwarzen Kaffees während des halbstündigen Interviews. Das vegane Leben, so der dunkelhaarige Amerikaner, wird seit einigen Monaten nicht mehr mit dem einstigen Ernst gelebt. Fisch ja, Milch nein, lacht Conor, und deutet auf die tiefschwarze Brühe in seiner Tasse. Die Erkenntnis des oftmals bitteren Ernst des Lebens und das darüber leidvolle Klagen auf seinen ersten Werken brachte damals seine Kritiker dazu, ihn gemeinhin als junge Heulsuse des Singer/Songwriter-Folk abzutun. Nach seinem letzten Album „Lifted Or The Story Is In The Soil, Keep You Ear To The Ground“ verstummten jedoch diese Stimmen. Mit dem Erscheinen von „I’m Wide Awake, It’s Morning“ und „Digital Ash In A Digital Urn“ dürfte das leidvolle Überthema von Teenage-Angst, mit allem was dazu gehört, endgültig vom Tisch sein.

„Ich versuche heute positiv zu denken“, Oberst dazu, und über die Charakteristik seiner neuen Outputs weiter: „Mit ‚Wide Awake‘ sollte ich die Erwartungen nach ‚Lifted‘ erfüllen, es ist eine Fortführung davon. Zum Großteil besteht die Platte aus mittlerweile schon etwas älteren Folk-Songs, bei denen ich singe und Gitarre spiele. Nach gut einer Woche waren die Aufnahmen an dem Album abgeschlossen. An ‚Digital Ash‘ haben wir über drei Monate gearbeitet und versucht, mehrere technische Mittel zu verwenden. Sich mit Details länger zu beschäftigen ist gut für den Kopf. Für mich ist ‚Digital Ash‘ eine Indie-Platte geworden, die auf Rhythmus beruht und zum Mitnicken einlädt.“

Dabei hat er, wie für sämtliche Bands der Saddle-Creek-Familie Usus, nicht nur einmal mehr auf Produzent Mike Mogis, sondern auch auf einzelne der werten Kollegen von THE FAINT, NOW IT’S OVERHEAD oder AZURE RAY zurückgegriffen. Die stets wechselnden Musiker in BRIGHT EYES sind ja im Grunde schon Tradition. Daneben aber zollt Conor Oberst ausdrücklich seinem New Yorker Buddy Nick Zinner, seines Zeichens Gitarrist der YEAH YEAH YEAHS, jede Menge Tribut für die Mitarbeit an „Digital Ash“:

„Nicky ist ein super Typ und ein wahnsinniger Gitarrist. Ich hoffe, dass er Zeit findet, um mit uns auf Tour zu gehen.“

Conor hat jede Menge berühmte Freunde. Einer von ihnen ist R.E.M.-Sänger Michael Stipe. Der wiederum trägt nicht nur dafür die Verantwortung, dass BRIGHT EYES in diesem Frühjahr der R.E.M.-Support in Australien sein werden, sondern unterstützte auch die Entscheidung, Herrn Oberst im vergangenen Oktober mit Größen wie Bruce Springsteen oder eben R.E.M. selbst auf eine Bühne zu bringen. Warum? Die „Vote For Change“-Tour. Spricht man Conor auf den Ausgang der US-Präsidentschaftswahl an, sein spöttisches Statement fällt kurz und prägnant aus: „Holy fucking shit!“
Wie wahr.