THE BRIEFS aus (damals) Seattle waren ab der Jahrtausendwende und ihrem „Hit After Hit“-Album für viele Jahre eine gerade auf deutschen Bühnen gefeierte Liveband. Weitere Platten erschienen auf deutschen Labels, sie waren auf dem Ox-Cover, doch irgendwann wurden sie weniger, verschwanden ... und meldeten sich 2019 mit dem Comeback-Album „Platinum Rats“ und einer Tour zurück. Dann kam die Pandemie, erneute Stille, erfolgt vom Rerelease des 2002er Albums „Off The Charts“ und einer weiteren Tour. Was geht also so bei den BRIEFS?
Ihr habt gerade euer zweites Album „Off The Charts“ 2002 von wiederveröffentlicht. Wer hat die neue Version gemacht ... und was sind da für neue Titel drauf?
Steve Nix: Das war Strange Club Records aus Kalifornien. Sie haben auch vor kurzem den 12“-Rerelease unserer „Singles Only“-Compilation rausgebracht und es ist alles super gelaufen, also haben wir beschlossen, es mit „Off The Charts“ wieder mit ihnen zu versuchen. Ich weiß gar nicht mehr, welche Songs wir der neuen Version hinzugefügt haben ... In der Werbung heißt es „secret new tracks“, also freue ich mich einfach darauf, sie zu hören und mich überraschen zu lassen!
Chris Brief: Wir haben die meisten dieser Songs 2001 in den Tagen rund um 9/11 aufgenommen. Es war super surreal, direkt nach den Terroranschlägen mit T.S.O.L. in den USA auf Tour zu gehen. Es sind einfach jede Menge Geschichten und Erinnerungen mit dieser Platte verbunden. Als wir ihr den letzten Schliff verpasst haben, waren wir gerade in Europa unterwegs. Ich weiß noch, wie ich in einem Van in Camden saß und mir die endgültige Reihenfolge der Songs anhörte. Es sind einige meiner Lieblingssongs auf der Platte. Ich finde, die Neuauflage war längst überfällig.
Lance Romance: Wir waren damals nonstop auf Tour, also brauchten wir neues Material, um etwas zu verkaufen und unsere Touren zu unterstützen, es war außerdem schon zwei Jahre her, seit „Hit After Hit“ veröffentlicht wurde. Wir haben nicht viel nachgedacht, es war unsere Hommage an den Punkrock, mit dem wir aufgewachsen sind. Wir haben unser Bestes getan, um alle Einflüsse einzufangen, egal ob es 80er US-Hardcore oder 1977-Europa-Punk war. Wir haben die Platte einfach rausgehauen und uns bewusst entschieden, auf Tour zu gehen und so viel wie möglich zu spielen. Wir wussten, dass alle Bands, die wir mochten, sich den Arsch aufgerissen haben. Für uns war die Definition von Erfolg, dass wir in der Lage waren, dauerhaft zu touren und Musik zu veröffentlichen. Die ersten paar Jahre der Bandgeschichte sind etwas verschwommen, aber ich weiß, dass wir viel unterwegs waren und wenn wir zu Hause waren, haben wir Musik aufgenommen, also war „Off The Charts“ eine Ansammlung von Songs, die wir im Van, Backstage, bei Soundchecks usw. geschrieben haben. Wir haben auch ein paar Songs aufgenommen, die wir zuvor auf Singles veröffentlicht hatten, etwa „(Looking through) Gary Glitter’s eyes“ und „We Americans“. Ersteres war nicht nur eine Verbeugung vor einer unserer Lieblingsbands, THE ADVERTS, sondern auch ein offensichtlicher Seitenhieb auf die berüchtigten, in Ungnade gefallenen britischen Glam-Rocker. Aktuell hat es wirklich Spaß gemacht hat, meine Parts von den ersten beiden Platten neu zu lernen. Die beiden Alben werden bei den Shows erhältlich sein, wir haben etwa 100 „Off The Charts“ dabei, die du nur bei uns auf den Konzerten bekommen kannst. Und „Hit After Hit“ wird auf Wanda Records veröffentlicht und sowohl bei den Shows als auch per Mailorder erhältlich sein.
Welche Rolle spielt „Off The Charts“ in der Geschichte der Band?
Steve: Wir tourten damals viel durch die USA und fingen gerade an, auch Konzerte in Europa zu spielen. Das war das Produkt, das wir vorstellten. Das waren die Songs, die wir gespielt haben, als die harte Arbeit begann. Als wir versuchten, uns als Band zu beweisen und nicht mehr nur vor zwanzig, sondern vor ein paar hundert Leuten aufzutreten. Wir spielten hauptsächlich die Songs von „Hit After Hit“ und „Off The Charts“ sowie ein paar 7“-Tracks. Wenn man auf die Jahre zurückblickt, in denen wir irgendwo auf dem Fußboden geschlafen haben oder alle zusammen in ein Motelzimmer gepfercht wurden, war das ziemlich hart, aber genau dort ist doch der eigentliche Zauber verborgen, der eine Band erst zu einer Band macht. Ich glaube, mit den beiden ersten Alben haben wir uns in der Szene einen Namen gemacht, bei den nachfolgenden Sachen gab es dann etwas mehr Aufmerksamkeit.
Welche Rolle spielte Europa, insbesondere Deutschland, für euch als Band damals ... und heute?
Steve: Deutschland war in Europa immer unsere Homebase. Warum auch immer, die Deutschen haben einen großartigen Geschmack in Sachen Punkrock und sie strengen sich richtig an, ihn am Leben zu erhalten. In den frühen Zweitausendern hatten wir schnell verstanden, wie es in Deutschland läuft, also war es sinnvoll, auch viele Konzerte hier spielen, und damit haben wir nie aufgehört. Wir hatten mit Mutti außerdem einen großartigen Booker in Berlin, wo wir auch viel Zeit verbracht haben. Ich weiß, dass es sich dort wie überall auf der Welt verändert hat, aber wir fühlen uns richtig zu Hause in Berlin. Chris Brief und unser Manager Falcon sind sogar nach Deutschland gezogen, wegen der schönen Frauen ... Wir stehen drauf.
Lance: Wir hatten ja keine Ahnung, wie viel besser es in Europa ist, besonders in Deutschland. Hier hat man uns mit Respekt behandelt, wir haben besser gegessen als je zuvor. Berlin ist unser zweites Zuhause geworden, obwohl ich einmal wegen der Hitze im Wild at Heart ohnmächtig geworden bin.
Chris: Wir alle mögen Deutschland und Europa sehr. Wie Lance schon sagte, wussten wir nicht wirklich, was uns erwartete. In den Staaten spielten wir damals hauptsächlich in kleinen Sportbars oder bei den Leuten zu Hause im Wohnzimmer. Dann nach Europa zu kommen und richtiges Essen und Wasser zu bekommen, ganz zu schweigen von mehr Bier, als ein Mensch vernünftigerweise trinken sollte, in Punkrock-Clubs und wirklich gut organisierten besetzten Häusern zu spielen und dieses erstaunliche Netzwerk von Fans und Veranstaltern zu treffen, das war toll! Ich muss auch noch mal Muttis Booking erwähnen. Sie haben uns wirklich geholfen und uns in Europa bekannt gemacht! Wenn ich mich nicht irre, hatten wir auch Hilfe durch ein gewisses Zine namens Ox ... Wir haben uns in Deutschland wirklich heimisch gefühlt, wir wollten bleiben. Also bin ich geblieben!
Ich habe gehört, dass ihr wieder an neuen Songs arbeitet ... Wie funktioniert das mit zwei Jungs in Seattle, einem in München und einem in Portugal? Und Kindern?
Steve: Das finden wir gerade heraus!
Chris: Es funktioniert gar nicht, haha! Nein, das war ein Witz. Aber es ist wirklich schwierig und erfordert gute Planung. Aber wir haben es in 13 von den 24 Jahren, die es die Band jetzt gibt, hinbekommen, also schaffen wir das auch weiterhin.
Ein neues Album, das 2024 erscheint, würde Sinn machen ... genau zum 25-jährigen Jubiläum der Band. Ist das der Plan?
Steve: Ja, das wäre sinnvoll und für 2024 könnten noch ein paar supercoole Sachen anstehen. 25 Jahre, ups!
Chris: Tolle Idee! Wir haben bereits darüber gesprochen, bald wieder was aufzunehmen. Da wir alle verstreut auf der Welt leben, braucht es, wie gesagt, etwas Planung. Wir haben noch kein Datum festgelegt, aber es wird passieren.
Ihr spielt diesen Sommer einige Shows in Europa mit den STITCHES. In welcher Besetzung?
Steve: Jedes Mal, wenn wir Shows mit STITCHES spielen können, ist das eine tolle Sache für uns! Wir lieben diese Jungs und haben schon so viel zusammen erlebt, sie sind auch aus denselben Gründen dabei wie wir – außerdem sind sie sehr gut. Auf der kommenden Europatour wird wieder Lance Romance Bass spielen. Bei STITCHES wird es, glaube ich, die klassische Besetzung sein, die sie schon immer hatten, aber plus Jimmy an der Gitarre. Wir freuen uns schon, in Deutschland alte Freunde wiederzusehen und laut Gitarre zu spielen. Wir sind so froh, dass die Pandemie vorbei ist!
Lance: Ja, man munkelt, dass Kicks mich gnädigerweise einspringen lässt. Es ist schon ein paar Jahre her, also tue ich mein Bestes, um wieder in Form zu kommen und mich hoffentlich an alle Songs zu erinnern ... Ehrlich gesagt bin ich ein bisschen aufgeregt, denn wie die meisten Bands wissen, entsteht durch die viele gemeinsam im Van und auf der Bühne verbrachte Zeit eine ganz besondere Bindung, also sind die Jungs so was wie Brüder für mich.
Chris: Wir versuchen schon seit Jahren, eine Europatour mit den STITCHES auf die Beine zu stellen, daher sind wir alle super happy, dass es jetzt endlich klappt! Wir spielen auch wieder ein paar Shows mit T.S.O.L., was ebenfalls großartig ist! Außerdem sind NASTY RUMOURS mit dabei! Das ist ein Package, das du nicht verpassen solltest! Die Rückkehr von Lance Romance! Sperrt eure Omas ein!
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