Lange hat mich keine Band mehr so umgehauen wie BREATHER RESIST: brachial, wütend und ganz ohne diesen Stumpfsinn, den viele harte Band zu oft mit sich bringen. Was einem da aus den Boxen entgegenschallt, ist eine musikalische Dampfwalze, die man nicht jeden Tag geboten bekommt. Mit fallen da Bands wie COALESCE, JESUS LIZARD oder DEADGUY ein, die gleichermaßen zu Werke gingen, aber das ist ja leider schon eine Weile her, und somit ist die Zeit mehr als reif für eine Band, die mal eben allen zeigt, wie man es besser macht.
REATHER RESIST sind Evan Patterson (Gitarre), Nick Tieneman (Bass), Geoff Patton (Drums) und Steve Sindoni (Gesang). Erstgenannter beantwortete mir nachfolgend einige Fragen. Evan war zuvor bei THE NATIONAL ACROBAT tätig, spielt derzeit außerdem noch Bass bei BLACK CROSS und hat gerade noch zwei weitere Bands und ein Label zusammen mit seinem Bruder Ryan gegründet Dies sollte eigentlich viel Gesprächsstoff geben, da es doch stark danach aussieht, dass wieder mehr in Louisville geht, denn lange Zeit ist es ja doch schon recht ruhig in dem Städtchen geworden, welches Anfang bis Mitte der 90er schon ein Dreh- und Angelpunkt in Sachen US-Hardcore war. Equal Vision und Initial Records sind dort zu Hause, Weg weisende Bands wie ENDPOINT und BY THE GRACE OF GOD kamen aus Louisville. Können wir da jetzt wieder Hoffnung haben?
„Eigentlich gibt es hier nicht so viele Bands. Klar, hat Louisville eine unverwechselbare Geschichte bezüglich Independent-Musik, ohne die es BREATHER RESIST wahrscheinlich nie gegeben hätte. BREATHER RESIST kann man aber dennoch nicht einordnen, und wir versuchen auch, anders als die anderen Bands in Louisville zu sein. Ich kann nur hoffen, dass wir auch ein paar Menschen durch unsere Musik beeinflussen und ihnen das weiterzugeben, was mich auch damals dazu brachte, auf Punkshows zu gehen“, meint Patterson.
„Das wichtigste für mich jedoch ist, niemanden auszugrenzen. Auf einer Punkshow soll sich jeder wohl fühlen, einer der Hauptgründe, warum ich anfing, Musik zu machen und auf Punkshows zu gehen. Ich erfuhr von all den politischen Hintergründen, Sozialismus und viele andere Sachen, und ich fand dadurch einen Weg für mich, abseits von den Rollen, die uns auferlegt werden. Das mag sich blöd anhören, aber so war es. Punk hat mir die Augen geöffnet.“
Mit „Charmer“ erschien nun endlich via Jade Tree das überfällige Debüt-Album des Vierers. Doch innerhalb der noch sehr jungen Bandgeschichte können sie schon auf eine beträchtliche Anzahl von Veröffentlichungen (u.a. auf Deathwish, King of the Monsters, Magic Bullet) zurückblicken.
„Für mich ist der Prozess des Songwritings wie eine Art Kunst zu erschaffen. Wenn du inspiriert bist, dann kannst du kreieren und schreiben. Ein Song bedeutet manchmal mehr als der andere, aber das ist normal, denke ich. Die meisten unserer Songs basieren nur auf einzelnen Teilen, die wir nur immer anders zusammenfügen und niemand merkt es, hehe. Unser Sänger Steve hatte eine schwere Kindheit und das ist einer der Gründe, warum er nach Louisville zog. Wir haben fast alle Songs innerhalb von zwei Jahren geschrieben, denn wir wollten so viel schreiben, wie möglich. Dadurch konnten wir besser werden und wachsen, und die Songs wurden dadurch auch automatisch besser.“
Und genau diese Weiterentwicklung hört man bei „Charmer“ sehr deutlich, die Songs sind strukturierter, durchdachter und weniger zerfahren. Es passt alles zusammen und mit Jade Tree scheint man einen soliden Partner gefunden zu haben, auch wenn BREATHER RESIST musikalisch auf dem ersten Blick nicht so ganz in das Labelschema passen wollen.
„Wir sind wahrscheinlich die härteste Band auf Jade Tree, aber das ist auch schon alles. Viele Jade-Tree-Bands haben eine ähnliche Einstellung zur Musik und zu politischen Aspekten wie wir. Wir mochten Jade Tree schon immer, und ich bin froh, dass wir nun ein Teil davon sind.“
Natürlich halten es auch BREATHER RESIST nicht lange in Louisville aus. Auch sie sind fast das ganze Jahr auf Tour, im Januar/Februar dann auch das erste Mal in Europa, und ich fragte Evan, was er bisher so über Touren in Europa gehört habe.
„Ich habe bisher nur gehört, dass alle Bands in Europa viel besser behandelt werden als hier. Wir wurden hier auf Tour nie schlecht behandelt und ich bin schon sehr auf diese Tour gespannt. Wir versuchen aber, ohne irgendwelche Erwartungen an eine solche Tour heranzugehen.“
Ein weiteres Problem ist, dass BREATHER RESIST musikalisch oft in die falsche Schublade gesteckt werden und leider viel zu oft mit Bands spielen, mit denen sie musikalisch gar nichts anfangen können.
„Mit diesem Problem werden wir die ganze Zeit konfrontiert. Wir können mit diesen ganzen Mosh-Bands, die gerade so angesagt sind, nichts anfangen. Viel lieber spielen wir mit Bands, die musikalisch in die D.C.-Richtung gehen oder Bands, die, wie wir, die Punk- und D.I.Y.-Mentalität unterstützen. Wie schon gesagt, wir fühlen uns keinem speziellen Sound zugehörig und wir möchten auch nicht nur als eine heavy Hardcore-Band gesehen werden. Wir haben kein Problem, mit Mosh-Bands zu spielen, würden aber halt nur gerne mehr mit Bands spielen, die dem Publikum etwas abverlangen und/oder etwas Neues machen. Natürlich ist es immer schön, mit Bands zu spielen, die man selbst musikalisch mag, aber das passiert leider zu wenig.“
Klar, wer möchte das nicht. Aber dass das nicht immer so einfach ist, das weiß auch Evan: „Ich habe schon gute Bands auf schlechten Shows und schlechte Shows mit guten Bands gesehen. Die äußeren Umstände spielen dabei natürlich auch eine große Rolle, z. B. die Tagesform der Bandmitglieder.“
Schaut man sich die Texte an, dann wird einem sehr schnell klar, dass es da nicht um den blauen Himmel und um Ausflüge an den See geht. Das Spektrum ist weit gefächert, basiert aber meist auf persönlichen Erfahrungen von Sänger Steve. Es werden Themen wie der Tod seiner Mutter oder auch simple Sachen wie Eifersucht verarbeitet.
„Aber dennoch sind die meisten Texte sehr einfach gehalten und verständlich, wenn man sich kurz mit ihnen beschäftigt“, so Patterson.
Eine kreative Zelle ist Louisville ja schon immer gewesen: Initial Records tragen seit Mitte der 90er durch qualitativ hochwertige Veröffentlichungen dazu bei. Auch Patterson ist neben seinen Band-Projekten nicht untätig, so arbeitet er weiterhin bei Monkey Drive, einer kleinen Merchandise-Firma und hat kürzlich zusammen mit seinem Bruder Ryan (BLACK CROSS, COLOSEUM) und Craig Sopata Auxiliary Records gegründet, um all den Projekten auch ein würdiges Zuhause bieten zu können und somit auch die komplette kreative Kontrolle über alles zu haben.
„Wir können uns durch Auxiliary Records selbst verwirklichen. Wir können veröffentlichen, was wir wollen und neue Projekte und Bands fördern. Das ist zwar viel Arbeit, macht aber auch viel Spaß, und es ist ein sehr schönes Gefühl, mit Freunden zusammenzuarbeiten und produktiv sein zu können.“
Zum Schluss möchte ich noch wissen, was für BREATHER RESIST 2005 noch geplant ist?
„Wir werden im April zusammen mit MELT BANANA in den Staaten touren, was wir alle kaum erwarten können. Weiterhin werden wir im Sommer ein weiteres Mal für drei Wochen in Europa touren. Sicherlich werden wir auch ein paar neue Songs schreiben und auch aufnehmen. Ja, aber der eigentliche Plan ist, soviel zu touren, wie es nur geht. Das ist erst einmal alles.“
Das hört sich ja alles nach einem viel versprechenden Jahr an.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #58 Februar/März 2005 und Ox
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #56 September/Oktober/November 2004 und Thomas Eberhardt
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #57 November 2004/Januar/Februar 2005 und Joachim Hiller