In den 90er Jahren war die junge Krefelder Ska-Band THE BRACES in aller Munde. Plattenvertrag in England bei Unicorn, später bei Pork Pie, große Europatouren, dann überraschend aufgelöst. Nun, im neuen Jahrtausend, hat Sänger und Gitarrist Jockel neue Musiker um sich gesammelt. Bandmittelpunkt ist mittlerweile Köln, und der Sound ruhiger als früher.
Jockel, du als Englischlehrer, gib mal eine Einschätzung der Anglizistik-Fähigkeiten der zahlreichen Englisch singenden, deutschen Ska-Bands.
Hm, Englischlehrer, woher weißt du das? Stimmt fast, aber nicht ganz! Ich habe zwar Englisch studiert, aber arbeite nicht als Lehrer. Bis jetzt jedenfalls nicht. Zu den Englischkenntnissen der anderen Bands kann ich gar nicht soviel sagen, die höre ich mir meistens nur live an. Da achte ich dann nicht besonders auf Texte. In meinen Plattenregalen tummeln sich nicht gerade viele Platten von deutschen Ska-Bands, sondern doch eher die Jamaikaner, Briten und Amerikaner. Bei Leuten wie Dr. Ring-Ding gibt es ja eh nichts zu kritteln. Den Brit-Akzent von ALPHABOY SCHOOLs Karsten find ich super. Ich muss gestehen, was die allerwenigsten wissen: Auch ich bin nicht fehlerfrei. Zum Glück ist unser Basser Geoff aus Manchester und kann meine Texte korrigieren.
Was war der genaue Grund für eure Reunion? Wie kam es dazu?
Da kam einiges zusammen. Ein Erlebnis war ein Urlaub 1998 in Kroatien. Ein Freund hatte eine Gitarre dabei, und im Auto-Tapedeck lief ein paar Mal ein Tape von den BRACES. Das gefiel vor allem den Mädels ziemlich gut. Ab und zu spielte ich dann abends ein paar Lagerfeuer-Versionen der BRACES-Songs. Irgendwie dachte ich, es scheint ja doch was dran zu sein. Aber es war auch klar: Wenn wir das Ding noch mal hochziehen, dann aber mit neuen Songs.
Hast du noch Kontakt zu den Ex-Bandmitgliedern?
Schlagzeuger Daniel ist nach München gezogen und hat die BeNUTS gegründet. Die anderen haben nicht gerade viel mit Ska zu tun: Basser Lars lebt in der Nähe von Krefeld und baut ein Musikschul-Imperium auf. Organist Gregor treffe ich regelmäßig, unter anderem bei Gigs der BRACES, wo er gerne mal als Gast auftaucht. Sein Bruder Seb spielt in Saxofon-Quartetten, gibt Unterricht und hilft bei uns ab und zu aus, wenn Martin mal nicht kann. Also, die Telefonleitungen sind nicht gekappt.
In Köln oder allgemein im Rheinland ist seit einigen Jahren nicht mehr extrem viel los mit Ska-Festivals oder Allnightern, dafür gibt es umso mehr Bands aus Köln und dem Rheinland. Wie erklärst du dir das?
So langsam bessert sich die Lage in Köln, gerade was Konzerte angeht. Das Underground macht wieder jede Menge Ska-Konzerte, neue Clubs wie das ‚Tsunami‘ tauchen auf. Warum es so viele Ska-Bands in Köln gibt, kann ich eigentlich auch nicht erklären. Die BANANA PEEL SLIPPERS, die CALAMITATES, ELEFANTENHAUS, FISHHEADZ ... Aber das hilft uns ungemein, wenn Shows in die Urlaubszeit eines Bassers oder Saxofonisten fallen, da kann man sich gegenseitig helfen.
Eure Songs sind langsamer geworden. Wie waren die Reaktionen eures Publikums darauf?
Ein Teil unseres Publikums ist ja auch älter geworden, die freuen sich darüber, dass wir gemütlicher spielen. Aber klar, bei unseren Konzerten gibt es auch mal Leute, denen es nicht schnell genug sein kann. Die sollten sich dann besser andere Bands anhören. Bei uns stehen die Songs im Mittelpunkt, und ab einer gewissen Geschwindigkeit kann ich die gar nicht mehr richtig singen. Druck haben sollen die Stücke natürlich trotzdem. Eigentlich ist das auch oft nicht eine Frage der Geschwindigkeit, sondern wie entschieden man die Stücke spielt.
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