BLOOD INCANTATION

Foto© by Julian Weigand

Grenzenlos

Nachdem die Band aus Denver, Colorado mit ihrem letzten Ambient-Langspieler „Timewave Zero“ viele Fans überraschten – oder auch schockierten –, kehren BLOOD INCANTATION auf „Absolute Elsewhere“ nun zum Death Metal (mit Ambient-Elementen) zurück. Wir sprechen mit Schlagzeuger Isaac Faulk über die Entstehung.

Wie wichtig war und ist euer Label Century Media für die Entwicklung und für die Freiheit von BLOOD INCANTATION?

Ja, das ist eine gute Frage, denn als wir „Hidden History Of The Human Race“ machten, hatten wir das Album schon aufgenommen und Century Media kam erst nach dem Aufnahmeprozess an Bord. Sie veröffentlichten es international, aber wir waren immer noch auf einem Underground-Label in den USA. Ihre erste Veröffentlichung war „Timewave Zero“, das komplett anders war. Es war also ein guter Test für sie, weil wir ihnen sogar gesagt haben: „Hey, es macht uns nichts aus, das selbst zu veröffentlichen.“ Es war ein Projekt aus Leidenschaft, das haben wir ihnen von Anfang an gesagt. Sie haben sehr gut darauf reagiert. Vor allem Philipp Schulte, der Vice President des Labels, ist einfach ein Fan unserer Musik und glaubt an die Band auf eine Art und Weise, wie es, denke ich, nicht viele Leute tun würden. So haben wir, wenn es um BLOOD INCANTATION ging, einfach immer wieder gesagt: „Hey, das ist es, was wir machen wollen, und das ist es auch, was wir mit oder ohne euch machen werden. Wir würden euch aber gerne an Bord haben.“ Und jedes Mal sagt Philipp: „Natürlich wollen wir dabei sein!“ Wir wussten also von Anfang an, dass es bei „Timewave Zero“ ganz anders laufen würde als das, was man normalerweise von Majorlabels hört, die versuchen, eine Band zu verändern oder Ähnliches. Ich denke, mit BLOOD INCANTATION hatten wir schon einen guten Stand bei unserem Publikum. Es wäre sehr leicht gewesen, einfach etwas wie „Hidden History Pt. 2“ oder so rauszubringen, aber das machte für uns einfach keinen Sinn. Als wir schließlich an unserem nächsten Metal-Album arbeiteten, war es immer noch sehr wichtig, dass es eine neue Richtung und ein weiterer Schritt wird. Century Media war wieder sehr locker, sehr verständnisvoll und unterstützte jede Entscheidung, die wir trafen. Selbst als sie nach Berlin ins Studio kamen, haben sie nie etwas gesagt wie: Ihr solltet dieses oder jenes ändern“ oder „Das muss mehr wie eine Single sein“. Es ging mehr um Unterstützung und darum, es einfach aufzunehmen und zu sagen, „Oh cool, das ist großartig“. Es gab keine Anmerkungen von ihnen, was sehr hilfreich ist.

Es gibt den letzten Song auf „Hidden History ...“, „Awakening from the dream of existence to the multidimensional nature of our reality (Mirror of the soul)“ und den ersten Track von „Starspawn“, der auch über zehn Minuten lang ist, „Vitrification of blood pt. 1“. Das sind schon ziemlich lange Lieder, aber ihr hattet noch nie ein Album, das nur aus zwei Tracks bestand. Wie schwierig war es zwei zwanzigminütige Songs zu schreiben, die nicht wie mehrere vierminütige Lieder erscheinen, die nur durch ein paar Übergänge verbunden sind, sondern sich jeweils wie ein langes Stück anfühlen?
Die Art und Weise, wie wir schreiben, ist sehr linear. Für uns ist es eher so, wenn wir die Stücke geschrieben haben, sagen sie uns, dass sie fertig sind. Ich würde sagen, dass ich der Hauptkomponist des ersten Liedes war, „The stargate“, und Paul und Morris waren die Komponisten des zweiten Liedes, „The message“. Aber im Großen und Ganzen haben wir als Band an den Arrangements und der Komposition gearbeitet, um das Ganze so zusammenzusetzen. Denn wie du schon gesagt hast, ist es für uns sehr wichtig, dass jeder Teil einen Sinn ergibt, dass er in den nächsten übergeht, dass es nicht erzwungen wirkt, dass es sich nicht anfühlt wie Legosteine, die nicht zusammenpassen. Als ich an „The stargate“ gearbeitet habe, war das sehr wichtig und diese Vorstellung war mir sehr klar vor Augen. Tatsächlich war der erste Teil, den ich für das ganze Album geschrieben habe, der letzte Part von „The stargate“, ich glaube das Einzelstück heißt jetzt „Tablet 3“. Dieser Part war wirklich das erste Stück Musik, das für das Album geschrieben wurde, und es entstand während der Corona-Zeit, nachdem ich das „Stormkeep“-Album geschrieben hatte und wir den letzten Schliff an „Timewave Zero“ vorgenommen hatten. So war mein Verstand ganz klar auf das Neue gerichtet ausgerichtet. Ich habe zwei „Tablets“ geschrieben. Sie sind irgendwie umgekehrt entstanden. Dann dachte ich, okay, diese beiden Teile machen zusammen viel Sinn, aber es braucht etwas, um sie zu verbinden. So ist dieser Mittelteil zustande gekommen. Es gab eine andere Version von dem, was Thorsten Quaeschning von TANGERINE DREAM am Ende gespielt hat, die ich nur auf meinen Synthesizern gemacht habe. Er hat hier aber noch einmal sein eigenes Ding damit gemacht. Das Problem war irgendwie, genau diese Stücke zu finden und dann zu sehen, dass es eine durchgehende Linie zwischen ihnen gibt. Zum Beispiel gibt es viele rhythmische Elemente auf der Platte. „The Stargate“ hat dieses ganz bestimmte rhythmische 5/4-Thema, das sich durch den ganzen Song zieht, so dass diese verschiedenen Teile irgendwie zusammenlaufen. Und das war mir sehr wichtig, um das zu unterstreichen. Obwohl wir uns in einem neuen Teil des Songs befinden und es technisch gesehen ein anderes Riff ist, bezieht es sich auf diese Dinge vom Anfang des Songs, so dass wir uns gleichzeitig auf dieser linearen, zyklischen Reise befinden, wo man von Punkt A zu Punkt B kommt und das Gefühl hat, dass es die ganze Zeit einen Sinn ergibt. Es ist, als würde man einen Film sehen oder so. Im Kino sieht man die gleiche Szene auch nicht noch einmal. Bei einem Popsong ist das anders, da hört man den Refrain einmal und dann kommt er wieder. In einem Film oder einem Buch liest man nicht dasselbe Kapitel noch einmal. Für uns macht es also Sinn zu sagen: Oh ja, es gibt diese Themen, die dich zurückbringen, und es gibt Dinge, die dich vorwärts bringen und Sinn ergeben, aber es wird immer eine lineare Erfahrung sein und du wirst beim Hören das Gefühl haben, dass du auf einer Reise bist.