BLOOD FOR BLOOD

Foto

Fuck Fred Durst!

BLOOD FOR BLOOD aus Boston zählen wohl zu den populärsten noch existierenden Hardcore-Bands. Mit ihrem nihilistischen Sound traten sie 1995 in die Fußstapfen ihrer großen Vorbilder SHEER TERROR und übernahmen 1998 nach deren Auflösung die Spitze des „Negative Hardcore“. Lange Zeit war es um die Bostoner Jungs ruhig gewesen, was auch den vielen Nebenprojekten ihres Masterminds Rob Lind wie RAMALLAH, SINNERS AND SAINTS und seinem privaten Absturz zuzuschreiben ist. Nun sind sie back on the map, wie man in Boston sagt, und ich nutzte die Gelegenheit, ihrem Frontmann Eric „Buddha“ Medina und dem Bassisten Ian McFarland ein paar brisante Antworten zu entlocken.

Wie haben BLOOD FOR BLOOD wieder zusammengefunden?

Buddha: Wir haben die Band niemals aufgelöst, wir haben nur keine Shows mehr gespielt. Dafür gab es ganz verschiedene, persönliche Gründe. Ich bin Vater geworden und Ian hatte beruflich viel um die Ohren. Dann kamen aber irgendwie immer mehr Leute auf uns zu und wollten, dass wir unbedingt wieder Konzerte spielen. Wir versuchten, Rob zurück in die Band zu bekommen, aber das hat sich als sehr schwierig erwiesen. Wir fanden dann aber doch irgendwie zusammen, so dass wir Ende 2011 sogar ein neues Album veröffentlichen werden.

Wie sieht das aktuelle BFB-Line-up aus?

Buddha: Neben mir als Sänger sind das Ian McFarland am Bass und Neil an den Drums, den wir schon eine Weile dabeihaben, neu dazugekommen ist Craig Silverman, der bei ONLY LIVING WITNESS spielt, einer anderen Band aus Boston, und außerdem zum aktuellen Line-up von SLAPSHOT gehört. Außerdem wäre da noch Billy Graziadei von BIOHAZARD an der Gitarre, der den Part von Rob eingenommen hat.

Warum ist Rob nicht mit auf der Tour?

Buddha: Das hat eine Menge persönlicher Gründe. Er ist gerade dabei, sein Leben wieder auf die Reihe zu bekommen. Das braucht allerdings etwas Zeit und ist nur in kleinen Schritten zu bewältigen. Er schaut sich die Videos von unseren Shows an und meint immer, dass er sich so sehr wünscht, wieder dabei zu sein. Die Voraussetzung dafür, dass wir wieder zusammen auf der Bühne stehen, ist, dass er sich körperlich wieder voll und ganz regeneriert hat.

Er hat angekündigt, dass er so viel Material geschrieben hätte, dass das für all seine Projekte ausreichend wäre. Stimmt das?

Buddha: Ich weiß nicht genau, ob es für alle Projekte reicht, denn das wäre echt eine Menge an Material, das da bereitstehen müsste. Es wäre für mich eine Überraschung, wenn er alle Projekte ausfüllen könnte. Er hat auf jeden Fall Material für BFB, mit dem man arbeiten kann.

Was können wir von den neuen BFB-Sachen erwarten?

Buddha: Prinzipiell muss man sagen, dass es ein neuer Abschnitt für die Band ist. Wir haben uns hingesetzt und überlegt, welche Musik uns nach vorn bringt, und genau das wollten wir machen. Das ist der richtige Weg. Ganz egal, was wir machen, es wird immer der BFB-Sound sein. Ihr könnt schwer angepisste, böse und sehr aggressive Songs erwarten. Alle unsere Alben waren zwar unterschiedlich, aber es war immer unser typischer BFB-Sound.

Ich habe euch auf eurer ersten Europatour 1998 mit den BRUISERS gesehen. Mittlerweile seid ihr von der ehemals kleinen Vorband zu einer der Großen in der Hardcore-Szene aufgestiegen. Was hat sich seitdem für euch geändert?

Buddha: Ja, das war unsere erste Tour. Zum einen bin ich älter geworden und etwas reifer. Damals habe ich mir über wenige Dinge Gedanken gemacht und habe auch einen Scheiß darauf gegeben. Ich war davor noch niemals in Europa und bekam dann die Chance, dort zu touren. Es war wundervoll und ich war wirklich gespannt, was mich dort erwartet. Mir war egal, wo ich dort spiele. Hauptsache, ich spiele überhaupt dort. Ich befasste mich mit der europäischen Szene und habe mir einige großartige Bands angesehen. Ich traf eine Menge Leute auf unseren Konzerten, die sehr heiß auf unsere Musik waren. Es war echt cool. Die Zeit schreitet voran und Dinge ändern sich. Neue Kids kommen dazu und daraus ergeben sich natürlich einige Veränderungen. Das letzte Mal haben wir vor sieben Jahren in Europa gespielt. Man sieht viele neue Gesichter, aber auch einige alte. Für BFB hat sich nicht wirklich viel geändert.

Ist es die gleiche Szene wie früher?

Ian: Es ist viel Zeit vergangen und sogar bei uns in Boston gibt es mittlerweile Unterschiede. Letztens haben wir in der Nähe von Boston vor 3.000 Menschen gespielt. Holy shit, das war nicht zu glauben. Tausende von Kids stehen vor der Bühne und heben ihre Arme in die Luft. So was habe ich in Boston noch nie erlebt.

Denkst du, dass die Kids von dem gleichen Gefühl getragen werden wie ihr damals?

Ian: Absolut! Für Schmerz und Armut gibt es keine Grenzen.

Buddha: Obwohl die Szene in der heutigen Zeit komplett anders ist. Wir hörten damals Tapes und Schallplatten, heute wird sich der ganze Scheiß aus dem Internet besorgt. Man bekommt einfach alles vor die Füße geschmissen und man muss nicht mehr selbst darauf stoßen. Die Kids können es nicht mit dem vergleichen, was wir hatten, es hat sich einfach geändert. Die Situation existiert so nicht mehr.

Ihr werdet immer wieder in Zusammenhang mit SHEER TERROR gebracht. Ist es aus eurer Sicht negativ oder erfüllt es euch mit Stolz?

Buddha: Sie haben definitiv einen riesigen Einfluss auf uns gehabt. Wenn du eine Band gründest, dann versuchst du immer, die Bands zu imitieren, die dich umgehauen haben. Für uns waren es damals SHEER TERROR, BIOHAZARD und SICK OF IT ALL. Anfangs hatten sie schon starken Einfluss auf uns, aber wenn man das mit unserer heutigen Musik vergleicht, bestehen schon große Unterschiede. Wir haben uns einfach weiterentwickelt in den letzten 15 Jahren und sind einen anderen Weg gegangen.

Ian: Jeder wird von irgendjemand anderem beeinflusst und Musik verwertet sich immer wieder selbst. Grundsätzlich wird man nichts Neues erfinden. Wenn man uns mit SHEER TERROR vergleicht, ist es ein riesiges Kompliment, denn wir alle lieben diese Band und das kann man auf unseren ersten Platten auch hören

Was steckt hinter dem Song „Ain’t like you“? Wollt ihr euch von jemand Bestimmten abgrenzen?

Buddha: Es geht um die ganze Gesellschaft, in der wir leben und der wir den Rücken zugekehrt haben. Das ist so eine persönliche Geschichte und die beinhaltet auch, wo und wie wir aufgewachsen sind, oder zum Beispiel Klassenkameraden, die wir verarscht haben und so weiter. Es ist weniger für die Hardcore-Szene geschrieben, sondern handelt eher von unseren persönlichen Erlebnissen.

Wie ist die heutige Situation in der Bostoner Hardcore-Szene?

Buddha: Wir können nicht in Boston spielen, weil einfach die Gewalt auf den Shows zu heftig geworden ist. Die Clubs haben echt Angst davor, uns auftreten lassen. Es gibt keinen Veranstalter, der eine Show mit uns bucht.

Ian: Als wir das letzte Mal in Boston gespielt haben, bekam ich eine Nachricht von einem Freund, der Barkeeper in der Location ist, wo wir spielten, und meinte: „Das ist ja voll witzig, Jungs, bevor ihr überhaupt hier seid, kamen erst einmal 25 Polizisten in den Club. Die Security ist in höchster Alarmbereitschaft, die Rettungswagen stehen direkt vor dem Laden und neben der Eingangstür haben sie Krankentragen bereitgestellt.“ Als wir dann spielten, waren überall Polizisten im Publikum. Sie hatten alle so eine verdammte Angst vor der Gewalt. Das war schon 1995 so, als ich noch nicht bei BFB spielte und „nur“ ein Fan war. Ich war auf jeder BFB-Show und es waren meist so um die 50 bis 70 Leute anwesend, nicht mehr. Als BFB auf die Bühne kamen, bewegten sich die ganzen Leute erst einmal mehrere Schritte nach hinten. Es war nicht so wie bei anderen Bands, wenn sie anfangen zu spielen, dass alle Menschen von draußen reinkommen und nach vorne zur Bühne stürmen. Ich erinnere mich noch genau, wie sich dann bei dem Breakdown von dem Song „Chaos“ die Typen vor der Bühne in die Fresse schlugen. Das Gleiche passierte, als ich in der Band war und wir in einem Club namens „Rat“ spielten. Das ist das CBGB’s von Boston. Von der Bühne aus betrachtet war es schon die Hölle. Ich schätze, dass es so eine Art Mundpropaganda gibt, dass auf BFB-Shows solche Sachen passieren und auch die Leute wegen solcher Gewalttätigkeiten zu den Konzerten kommen. Einmal ist eine Straßenschlacht während unserer Show ausgebrochen. Rob und ich haben seinen Verstärker aus dem Club getragen, als die Schlägerei ihren Höhepunkt erreichte und sich mehrere hundert Leute prügelten. Wir rannten mit Robs Verstärker die Treppe runter und er rutschte dabei in einer Blutlache aus.

Buddha: Das ist schon viele Jahre her und die Zeiten haben sich geändert, aber dennoch haften solche Geschichten an der Band. Es ist wie eine Art Stigma.

Was ist aus der legendären Boston Crew geworden?

Ian: Die Boston Crew wird immer älter, haha. Die Leute von SLAPSHOT und so weiter trifft man schon noch ab und zu auf Konzerten, dadurch dass unser Bassist ja auch für sie spielt. Einige von denen haben echt coole Jobs bekommen. Sie sind Schriftsteller oder arbeiten in Ministerien, sind also doch ein bodenständiger Teil der Gesellschaft geworden. Wir sind da ein bisschen anders – wir machen einfach nur unser Ding.

Auf einem eurer Shirts kann man lesen „Fuck Fred Durst“. Was für ein Problem habt ihr mit diesem Herrn und seiner Band?

Ian: Wir haben mit dieser Band absolut nichts zu tun und wir wollen mit ihnen auch nichts zu tun haben. Allem, was LIMP BIZKIT repräsentieren, stehen wir konträr gegenüber. Das Problem ist, dass sie den Kids, die nicht wissen, was echter Punkrock ist, weil sie noch zu jung sind, eine falsche Wirklichkeit vorgaukeln. Es ist ein riesengroßer Schwindel. Fuck them!

Seid ihr Fred Durst schon einmal persönlich begegnet?

Buddha: Na ja, ein Freund von uns hat ihn mal umgehauen. Er hat als Security gearbeitet und er meinte zu Fred Durst, dass er ein paar Sachen nicht darf. Daraufhin meinte Herr Durst: „Ey, du weißt wohl nicht, wer ich bin?!“ Na ja, dann hat das eine Wort das andere ergeben und Fred Durst bekam eine harte Rechte verpasst.