Mit „Global Panic!“ erschien vor ein paar Monaten das Debütalbum von Ex-HELLACOPTERS-Mann Anders „Boba“ Lindström und Sulo von den DIAMOND DOGS. Zwischen Reggae, Dub und einem typisch skandinavischem Rock’n’Roll-Appeal pendeln sich die Songs ein. Meiner anfänglichen Skepsis zum Trotz – Begriffe wie „Sommerplatte mit Ska-Einsprengseln“ schreckten mich zunächst eher ab – gefiel mir „Global Panic!“ mit der Zeit immer besser. Das liegt vor allem am starken THE CLASH-Einfluss. Lieder wie der Titeltrack „Global panic!“ erinnern stark an „Sandinista!“. Boba beantwortete meine Fragen zum Ende der HELLACOPTERS, sprach über den Neuanfang mit Blick in die eigene musikalische Vergangenheit und erzählte, warum THE CLASH auf einmal wieder so wichtig für ihn wurden.
Boba, zu allererst muss ich dir die unvermeidbare Frage in Sachen HELLACOPTERS stellen. Ich konnte eines eurer Abschiedskonzerte in Stockholm miterleben. Was für Dinge gingen dir durch den Kopf, als am 26. Oktober 2008 der finale Vorhang gefallen war? Erleichterung, Wehmut oder Freude, demnächst etwas ganz Neues zu beginnen?
In gewisser Weise war es bestimmt Erleichterung, endlich die letzte Show gespielt zu haben, nachdem wir uns fast jede Nacht von so vielen unterschiedlichen Menschen überall in Europa verabschiedet hatten. Ganz klar waren wir aber auch sehr wehmütig und fast melancholisch. THE HELLACOPTERS waren ein so wichtiger Bestandteil unseres Lebens über mehr als zehn Jahre hin gewesen. Die Trennung ist uns alles andere als leicht gefallen. Auf der anderen Seite waren wir aber auch froh darüber, am nächsten Morgen aufwachen zu können mit dem guten Gefühl, endlich ein neues Kapitel in unserem Leben aufzuschlagen.
Die BITTER TWINS sind so etwas wie eine Entdeckungsreise in eure musikalische Vergangenheit, zumindest liest man das vielerorts. Sind die BITTER TWINS in erster Linie eine Band, die ihren Idolen Tribut zollen will, oder steckt da noch mehr dahinter?
Sulo und ich hatten schon lange darüber gesprochen, einmal ein Album zu machen, das sich von unserem bisherigen musikalischen Schaffen unterscheiden würde. Als wir uns kennen lernten, damals in den 80er Jahren, waren wir in erster Linie von Bands wie THE CLASH, STRANGLERS, THE JAM und Elvis Costello oder Graham Parker beeinflusst. Unser Ziel mit den BITTER TWINS war ganz einfach, zurück in der Zeit zu gehen und diese Einflüsse noch mal aufzugreifen. Schließlich haben uns diese Bands nachhaltig für unser ganzes Leben geprägt.
Man hört ganz deutlich, dass euch vor allem THE CLASH beeinflusst haben. Wann und wieso wurdest du zum CLASH-Fan?
THE CLASH waren eine großartige Band. Ich höre CLASH nun schon seit meinem elften Lebensjahr. „London Calling“ ist meiner Meinung nach eines der Top-Five-Alben aller Zeiten. Ich werde älter und älter, aber „London Calling“ wird einfach nie langweilig.
Wo wir gerade über THE CLASH sprechen: Welches Album war wichtiger für die BITTER TWINS während der Arbeit an „Global Panic!“: „London Calling“ oder „Sandinista!“?
„Global Panic!“ ist im Endeffekt viel näher dran an „Sandinista!“, als wir ursprünglich gedacht hätten. Das hat unter anderem mit unserem Produzenten Jörgen „Jugglo“ Wall zu tun. Musikalisch, finde ich, kann man unser Album aber durchaus irgendwo dazwischen einordnen.
Was hältst du von den CLASH-Nachfolgeprojekten? Joe Strummers Solowerke, Mick Jones’ BIG AUDIO DYNAMITE oder Paul Simonons kurzlebige Band HAVANA 3AM?
BIG AUDIO DYNAMITE fand ich immer sehr gut. Ich hatte das Vergnügen, mit Joe Strummer auf Tour zu gehen. Das war vor Jahren, als wir mit den HELLACOPTERS in Australien beim Big Day Out spielten. Das war auf jeden Fall einer dieser ganz besonderen Momente im Leben, eine Tour, die ich nie vergessen werde.
Wie kam es zu der Zusammenarbeit von dir und Sulo von den DIAMOND DOGS? War das sofort Liebe auf den ersten Blick, was eure musikalischen Vorlieben betrifft?
Ja, das kann man schon so sagen. Wir kennen uns ja schon seit unserer Kindheit. Musik war immer unser gemeinsames Interesse und das verbindet uns auch nach wie vor.
Auf „Global Panic!“ finden sich interessante Gäste. Neben Nicke von den HELLACOPTERS hat unter anderem auch Brian Robertson von THIN LIZZY mitgewirkt. Eure Idee dahinter soll angeblich eine Art musikalisches Treffen der Generationen gewesen sein.
Einige der Gastmusiker waren anfangs gar nicht geplant. Der eine oder andere ist einfach im Studio aufgetaucht und dann für ein oder zwei Songs geblieben. Neben Nicke Andersson und Brian Robertson haben auch Anders Herestam von den WEEPING WILLOWS, Stefan Björk von den DIAMOND DOGS und Mattias Bärjed von THE SOUNDTRACK OF OUR LIVES mitgewirkt. Ein paar Gastmusiker hat unser Produzent angerufen, während wir überhaupt nicht da waren. Nachdem Brian Robertson von THIN LIZZY sein Gitarrensolo fertig im Studio eingespielt hatte, dachten wir, es wäre eine interessante Idee, Nick Andersson den zweiten Teil danach spielen zu lassen, ja, damit hatten wir so eine Art Treffen der Generationen im Sinn. Ich finde, dass das auch richtig gut geworden ist.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #87 Dezember 2009/Januar 2010 und Robert Buchmann
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