Dass die klassischen A5-Fanzines leider immer mehr vom Aussterben bedroht sind, ist wahrlich keine sensationelle Neuigkeit. Doch auch bezüglich Punkrock-relevanter E-Zines war schon mal mehr los und täglich aktuell gehaltene Seiten sind mittlerweile wohl eher Ausnahme, denn Regel. Eine dieser Ausnahmen ist Biotechpunk. Sebastian, der Kopf dahinter und bereits seit einigen Jahren einer der Aktivsten seiner Zunft, beantwortet uns im Folgenden ein paar Fragen.
Gab es zu Beginn auch mal Überlegungen, das Ganze klassisch als A5er rauszubringen oder stand für dich von Anfang an fest, dass Biotechpunk ein E-Zine wird? Was hat es überhaupt mit diesem Namen auf sich?
Derartige Überlegungen standen sogar mehrmals im Raum, wurden jedoch immer wieder verworfen. Biotechpunk ist ein Kunstwort, das mir einfach so in den Sinn kam. Eine Zusammensetzung aus Biotechnologie und Punk, quasi ein Cyborg. Und wenn ich heute so drüber nachdenke, dann wird der Anstoß wohl vom SEPULTURA-Song „Biotech is Godzilla“ gekommen sein.
Welche Vor- und Nachteile siehst du in E-Zines gegenüber der Papiervariante und wie zufrieden bist du mit der Resonanz?
Die Vorteile sind, dass News und Beiträge schneller und einfacher veröffentlicht werden können. Das kann dann aber auch ein Nachteil sein. Viele Seiten ähneln sich und veröffentlichen einfach nur Pressemitteilungen. Das mache ich eher selten, meist nur wenn es sich um Tourdaten handelt. Online werden Meldungen mitgenommen, aber es wird sich vielleicht nicht weiter mit dem Zine auseinandergesetzt. Eine Papiervariante stellt eine längerfristige Leserbindung dar, denke ich. Stichwort Resonanz: Die könnte sicher besser sein. Wenn die Statistik nicht lügt, dann war sie sogar mal deutlich besser. Vieles hat sich wohl auf Facebook verlagert. Ich glaube, dass die Leute derzeit eher dort ihren Stream nach Neuigkeiten durchforsten, statt wie vor ein paar Jahren den Feed-Reader, in dem man Lieblingsblogs und Websites zusammenstellen konnte.
Ein kurzer Blick auf deine Seite verrät schnell, dass Punk und Metal bei dir eine große Rolle spielen, du aber gern und oft auch über den Tellerrand schaust. Wo zieht Biotechpunk seine Grenzen?
Die gibt es im politischen Bereich ganz klar ab der Grauzone. Den Rest sortiere ich mittlerweile aber auch danach aus, ob mir was gefällt. Ich habe nicht die Zeit, über alles zu schreiben, daher fliegen Dinge, die mich langweilen, oft raus. Was die Musik angeht, so muss sie mich einfach ansprechen, das Genre ist da egal. Sie muss Kraft haben und irgendwie lebendig sein und rocken. Das kann Black Metal sein, Punk, Grindcore oder auch mal HipHop.
Zum fünfjährigen Jubiläum gab es einen Tape-Sampler und zuletzt stand immer mal wieder die Überlegung im Raum, neben dem Fanzine unter gleichem Namen noch ein D.I.Y.-Label zu gründen. Ist das noch aktuell?
Ich bin so was schon ein paar Mal im Ansatz angegangen. Es ging schon mit einem MC-Sampler los, bevor es das Zine gab. Dann kam ein mp3-Sampler mit dem Versuch eines Labels namens Monophonia, wo dann später auch der Sampler „Auf zum Tanztee. Fünf Jahre Biotechpunk“ erschien. Leider gibt es labeltechnisch aber noch nichts Neues. Es gab mal eine Band, die ich machen wollte, die ist aber kurzfristig abgesprungen, weil sie bei einem „richtigen“ Label untergekommen sind. Aber die Pläne sind nicht vergessen und ich bin guter Dinge, dass noch mal etwas draus wird.
Du hattest letztens einen Aufruf gestartet, dass du Verstärkung suchst. Was würde potenzielle Mitstreiter denn im Biotechpunk-Team erwarten beziehungsweise was erwartest du von ihnen?
Ich suche im Grunde immer nach Mitstreitern. Es gibt derzeit nur ein recht kleines Team. Ich selbst habe nicht mehr die Zeit, um täglich etwas zu schreiben, zudem würde ich gerne mehr Themenbereiche abdecken. Ich kann nicht über alles gleichermaßen gut berichten. Konzertberichte etwa sind überhaupt nicht mein Ding, aber eigentlich würde ich so was gern mit reinnehmen. Wer also mitmachen möchte und sich vorstellen kann, regelmäßig etwas zu schreiben, sollte sich einfach mal melden. Was wird erwartet? Lust und Laune, Spaß am Schreiben. Das ist sogar wichtiger als irgendwelche musikalischen Kenntnisse. Ich habe da auch keine Ahnung. Es muss mir einfach gefallen. Das ist alles.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #123 Dezember 2015/Januar 2016 und Florian Feldmann