Naomi Bedford und Paul Simmonds sind ein Duo, das im Folk- und Country-Roots-Genre zu Hause ist. Sie haben vier hochgelobte Alben veröffentlicht und wurden für einen Radio 2 Folk Award (Best Original Song) nominiert. Auf ihrem prall gefüllten Tourkalender standen bereits das Cambridge Festival, Glastonbury und Celtic Connections.
2019 wurde „Singing It All Back Home (Appalachian Ballads ...)“ vom Guardian zum Album des Monats gekürt. Sie waren damit in der„Folk Show“ von Mark Radcliffe auf BBC Radio 2 in einer Live-Session zu hören. Paul ist außerdem der Hauptsongwriter der legendären Folkrock-Band THE MEN THEY COULDN’T HANG. Seine Lieder wurden in Filmen, Fernsehen, Radio und wissenschaftlichen Dokumentationen verwendet. Naomi ist Co-Autorin und Interpretin von „Funny break“, einem Top-20-Hit von ORBITAL, und trat beispielsweise in der TV-Sendung „Later with Jools Holland“ auf.
Dies ist euer viertes Album als Duo. Hat sich eure Herangehensweise seit dem ersten Album in irgendeiner Weise verändert?
Paul: Wir arbeiten im Wesentlichen mit demselben Ensemble, unser Ansatz ist also ähnlich. Allerdings hat dieses Album viel länger gedauert als sonst. Ich bringe die Dinge gerne schnell zu Papier, manchmal ein bisschen schlampig, während Naomi genauer ist. Das ist eine gute Kombination.
Ich hatte vor kurzem das Vergnügen, euch live in London zu sehen, das Set-up könnte kaum spartanischer sein. Was sind die Vor- und Nachteile eines solch reduzierten Ansatzes – zumindest live – im Vergleich zum Spielen in regulären Bands?
Paul: Es ist einfacher zu proben! Und der Fokus liegt ganz auf dem Song und dem Sänger, also auf dem Wesentlichen. Je mehr Instrumente man hinzufügt, desto mehr nimmt man davon weg. Aber manchmal kann man natürlich mit einem vollen Line-up die Stimmung auf der Bühne steigern, was für die Kommunikation mit dem Publikum förderlich sein kann.
Gibt es besondere Highlights auf dem neuen Album?
Paul: Ich liebe den Harmoniegesang bei „Dark rolling road“ und Naomis Stimme bei „The lapwing’s call“.
Ihr habt den Song „A revolution starts with a song“ für den Dokumentarfilm „On Resistance Street“ beigesteuert und Paul war auf der Londoner Premiere im April beim Q&A Panel dabei. Was für Eindrücke oder Gedanken habt ihr nach dem Anschauen des Films und einem ziemlich langen Tag mit nach Hause genommen?
Paul: Es war ein schönes Kino! Und ich erinnerte mich daran, dass ich das letzte Mal 1981 in diesem Kino war, als ich mir „Apocalypse Now“ ansah. Zwei Reihen vor mir saß Joe Strummer, das schien mir angemessen!
Paul, ich habe irgendwo gelesen, dass du den legendären Auftritt von THE CLASH beim Rock Against Racism im Victoria Park 1978 auf einem Baum sitzend verfolgt hast? Welche Erinnerungen hast du daran?
Paul: Wir haben nur auf THE CLASH gewartet. Die anderen Bands verblassten dagegen völlig – wir wollten an diesem Tag nur sie. Wir fühlten uns wie bei einer Revolution, als würden wir gleich den Winterpalast stürmen ...
Naomi, ich habe auch gelesen, dass du eines der vielen Kinder warst, die in dem PINK FLOYD-Film „The Wall“ mitgespielt haben und auf den riesigen Fleischwolf zu marschiert sind?
Naomi: Ich habe es geliebt – ich war etwa 13, als wir den Film drehten, also war alles sehr aufregend. Ich glaube, ich war zwei Wochen lang am Set. Ich erinnere mich vor allem daran, dass ich die Szenen immer wieder drehen musste. Ich erinnere mich auch daran, dass sie eine Handvoll von uns ausgesucht haben, um den Teil des Lieds „We don’t need no education“ zu singen, und ich war eines der Kinder, die sie ausgewählt haben. Da fühlte ich mich auf jeden Fall ziemlich cool. Am meisten bereue ich jedoch, dass ich keine Fotos am Set gemacht und keine dieser rosa Masken geklaut habe, die wir Kinder alle trugen.
Naomi, du hast den Song „I love you too“ zusammen mit Justin Currie von DEL AMITRI für das neue Album geschrieben, wie mir auffiel. Ich weiß auch, dass ihr schon früher zusammengearbeitet habt, wie kam es dazu?
Naomi: Zwei meiner Lieblingsbands als Teenager waren THE MEN THEY COULDN’T HANG und DEL AMITRI – meine Zimmerwände waren tapeziert mit Postern und Fotos beider Bands, also war es etwas ganz Besonderes für mich, sowohl Paul als auch Justin auf MySpace zu treffen. Justin hat mich dort singen gehört. Er schickte mir eine Nachricht, in der er mir sagte, dass er am Flughafen in L.A. saß und mir zuhörte und dass er meine Stimme liebte. Ich war natürlich ziemlich aufgeregt, aber fragte ihn trotzdem, ob er Lust hätte, etwas mit mir zu singen, was er sofort bejahte, seitdem haben wir einige Duette aufgenommen und auch ein paar Songs zusammen geschrieben. Inzwischen ist er ein lieber, guter Freund und musikalischer Partner in Crime geworden.
Mir ist auch aufgefallen, dass ihr viel Zeit in Indien verbringt und euch dort für den Tierschutz engagiert.
Naomi: Wir haben uns beide vor vielen Jahren in das Land Indien verliebt und versuchen, dorthin zu reisen, wann immer wir können. Ich reserviere mir immer einen Teil der Zeit, die wir dort sind, um mit Tieren zu arbeiten – einfach weil es dort so viele davon gibt –und Paul muss einfach mit. Wenn wir in Südindien sind, helfen wir als Freiwillige in einem Tierheim namens Arc, und wenn wir im Norden sind, verbringe ich die meiste Zeit damit, Straßentiere zu füttern. Ich hasse es einfach, die Streuner leiden zu sehen.
Gibt es Pläne nach Deutschland zu kommen?
Naomi: Paul und THE MEN THEY COULDN’T HANG waren im Laufe der Jahre natürlich viele Male in Deutschland, er könnte sogar einige faszinierende Geschichten über seine Erfahrungen in der DDR erzählen. Doch als BEDFORD & SIMMONDS haben wir noch nie bei euch gespielt, aber wir würden liebend gerne nach Deutschland kommen. Es ist ein bisschen schwierig, da wir unser eigenes Plattenlabel sind, uns außerdem selbst um PR, Management und Booking kümmern und es einfach nicht möglich ist, alles zu organisieren, was wir gerne machen würden. Wenn ihr jedoch irgendwelche Veranstalter oder Veranstaltungsorte in Deutschland kennt, von denen ihr glaubt, dass sie uns gerne auftreten lassen würden, dann schickt sie zu mir ...
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #175 August/September 2024 und Kent Nielsen