Schon vor vier Jahren schon haben Vidar Landa und Marvin Nygaard, Gitarrist und Bassist von KVELERTAK, eine weitere Band namens BEACHHEADS ins Leben gerufen. Dabei bewegen sich auf völlig anderen Pfaden als bei ihrer Hauptband. Anfang Februar ist das Debütalbum „Beachheads“ erschienen und die zwölf Songs haben gleich für euphorisches Rauschen im Blätterwald gesorgt. Und zwar nicht nur in den üblichen Metal-Postillen, die jedes KVELERTAK-Album abfeiern, sondern auch in Tageszeitungen, Alternative- oder Pop-Zeitschriften. Wir erwischen Vidar am Telefon im Proberaum, als er gerade an Demoaufnahmen für ein neues KVELERTAK-Album schraubt.
Vidar, wie seid ihr auf die Idee gekommen, mit BEACHHEADS anzufangen?
Das ist schon ein paar Jahre her. Damals hatten Marvin und ich einige Songideen und haben angefangen, sie uns gegenseitig vorzuspielen. Manchmal auf Tour mit KVELERTAK, manchmal zu Hause. Wir wollten schon ewig lange mal völlig andere Musik machen, hatten aber nie die Zeit gefunden, gemeinsam etwas zu entwickeln. Eine Weile lang lief das Ganze im On/Off-Betrieb, aber nach einer Weile hatten wir dann einige Songs zusammen. Wir dachten, die sind ziemlich gut, deswegen sind wir dann ins Studio gegangen und haben ein paar Demos aufgenommen. Dann haben wir unseren Kumpel Børild gefragt, ob er nicht Lust hätte, die Vocals einzusingen. Das hat er auch gemacht und wir waren ziemlich begeistert. Also haben wir einfach weiter Songs geschrieben. So hat es angefangen.
Wie seid ihr auf den Sound von BEACHHEADS gekommen, wer stand Pate dafür?
Da gibt es einige Bands, die uns begeistern. In den Anfangstagen waren es vor allem THE REPLACEMENTS oder HÜSKER DÜ, aber auch neuere Bands wie NADA SURF. Außerdem bin ich großer Fan des „Pinkerton“-Albums von WEEZER. Wir haben uns immer wieder Songs hin- und hergeschickt, die uns gut gefallen haben, oder haben sie uns auf langen Fahrten im Tourbus vorgespielt. Auf Tour hat man eine Menge Zeit dafür.
Kannst du mir etwas zu den anderen BEACHHEADS-Jungs sagen?
Unser Sänger Børild ist ein alter Freund von uns. In den Anfangstagen von KVELERTAK hat er unseren Merchstand betreut und außerdem in einer Synthpop-Band gesungen. Am Schlagzeug sitzt Espen, der wie wir aus Stavanger kommt und der bei der Metal-Band OVERTHROW trommelt. Und auf dem Album ist dann noch Øystein zu hören, ein Bassist aus Oslo, der die Songs mit uns koproduziert hat und auch hin und wieder Konzerte mit uns spielt.
Als ich das BEACHHEADS-Album zum ersten Mal gehört habe, klang das für mich wie eine Band aus den Staaten oder UK und nicht nach Norwegen. Der zweite Gedanke war: Die wollen anscheinend auch mal Musik für Mädchen machen.
Haha! Leider kommen aber immer noch vor allem alte Männer zu unseren Konzerten. Alte Männer mit großen Plattensammlungen, die auf Powerpop stehen. Die Girls hören offenbar andere Musik. Dieser Plan ist also bis jetzt noch nicht aufgegangen.
Wie ist das Verhältnis zwischen BEACHHEADS und KVELERTAK?
Für Marvin und mich sind BEACHHEADS eine Art Spielwiese, auf der wir uns anders inspirieren lassen und anders an Songs arbeiten. Die anderen von KVELERTAK interessieren sich schon für BEACHHEADS, aber es ist schwer zu sagen, was sie wirklich davon halten. Das ist wie bei Freunden, die mögen sowieso alles, was du machst. Sie kommen zu den Konzerten und unterstützen uns, wo es möglich ist. Und sie sind auch die Ersten, denen wir neue Songs und Demos vorspielen.
Meinst du, es könnte problematisch werden, in beiden Bands zu spielen, wenn BEACHHEADS erfolgreicher werden?
Ich denke, das wird kein Problem. Wir haben mit KVELERTAK gerade erst „Nattesferd“ veröffentlicht und viel zu tun. Wenn wir aber eine Auszeit haben, nehmen wir wieder Songs mit BEACHHEADS auf. Und dann basteln wir immer viel daran, zwischen die KVELERTAK-Termine noch Konzerte von BEACHHEADS zu quetschen. Marvin und ich wollen unbedingt in beiden Bands spielen und wir werden das auch hinkriegen. Und ich glaube, wir brauchen diesen Ausgleich einer zweiten Band auch.
BEACHHEADS sind für euch also eine vollwertige Band und kein Seitenprojekt?
Definitiv. Wir machen das jetzt schon einige Jahre. 2016 haben KVELERTAK ein neues Album veröffentlicht, deshalb hat das natürlich Priorität gerade. Aber es wird auch wieder eine Zeit geben, in der wir uns mehr um BEACHHEADS kümmern können.
Wo ist die Homebase von BEACHHEADS? In Stavanger oder in Oslo?
Eigentlich beides. Wir proben in Stavanger, aber unser Drummer und ich leben in Oslo und Børild und Marvin wohnen noch in Stavanger. Die meisten Shows in Norwegen finden natürlich in Oslo statt, aber man kann schon sagen, dass unser Basis immer noch in Stavanger ist.
Wie sind die Reaktionen auf BEACHHEADS zu Hause in Norwegen?
Wirklich gut. Wir sind sehr schnell im Radio gelandet. Viele Mainstreamsender haben unsere Songs in die Rotation aufgenommen. Aber auch alternative Radiostationen sind dabei. Und es gab durchwegs positive Reviews zum Album von allen Seiten. Wir sind fast ein bisschen überwältigt vom Feedback. Man weiß ja nie, was man erwarten kann, wenn man eine neue Band gründet. Das ist ziemlich cool. Mit KVELERTAK mussten wir ein bisschen länger auf den Erfolg warten, wir haben einige Jahre im Proberaum verbracht, bevor wir das erste Album veröffentlicht und die erste Tour gespielt haben.
Mein favorisierter Track auf dem Album ist „Reverberations“. Worum geht es in dem Song?
Die Texte stammen alle von Børild. Als wir angefangen haben, die Songs für das Album zu schreiben, ist sein Vater gestorben. Dieser Song erzählt von all den Gefühlen, die er in dieser Zeit durchlebt hat. Es geht um seine Familie und wie wichtig es für ihn war, sie in dieser Zeit um sich zu haben. Es ist eine Art Hommage an seinen Vater und seine Familie. Alle Songs auf dem Album sind ziemlich persönlich. „Procession“ zum Beispiel beschreibt die Beerdigung und das, was er darüber denkt. Alles Dinge, bei denen es ihm nicht leichtfällt, darüber zu reden.
Das überrascht mich ehrlich gesagt, denn euer Sound ist ja eher sonnig und fröhlich.
In den Texten gibt es aber auch eine Menge Hoffnung. Natürlich geht es in den Songs um sehr ernste Themen, aber ich finde sie nicht deprimierend oder traurig. Denn sie tragen auch immer einen positiven Aspekt in sich. Auch wenn sie eine Reaktion auf ein echtes Unglück sind. Für mich sind die Texte von Børild eine weitere inhaltliche Schicht zu den melodischen Songs, die für mich ein sehr wichtiger Beitrag ist.
Warum habt ihr euch für englische Texte entschieden und singt nicht auf Norwegisch wie bei KVELERTAK?
Das war Børilds Entscheidung. Er fühlt sich einfach nicht wohl damit, auf Norwegisch zu singen. In Norwegen gibt es einige sehr unterschiedliche Dialekte und Børild meint, sein Dialekt klingt nicht gut genug für unsere Musik. Er hat außerdem schon immer englische Bücher gelesen und englischsprachige Musik gehört. Also war es für völlig natürlich, englische Texte zu schreiben.
Glaubst du, dass der Sound von BEACHHEADS in der Zukunft den von KVELERTAK beeinflussen könnte?
Das wird sich zeigen. BEACHHEADS sind einfach anders – vor allem für mich. Die Songs basieren viel mehr auf Gesangsmelodien. Es beginnt meistens mit einer catchy Hookline, das ist bei KVELERTAK nicht so. Da beginnen die Songs meistens mit einem Riff oder Gitarrenharmonien. Und der Gesang bei KVELERTAK ist mehr wie ein Instrument, das über die Gitarren schreit. Deshalb unterscheidet sich das Songwriting bei den beiden Bands auch fundamental.
Was ist dieses Jahr mit BEACHHEADS geplant?
Wir wollen ein paar Shows in Deutschland und England spielen. Es gibt jede Menge Anfragen. Wir versuchen, ein paar Termine im Frühjahr zu organisieren. Wenn das nicht klappt, dann im Herbst. Wir spielen auf ein paar Festivals, die meisten davon aber in Norwegen bis jetzt.
Und was läuft aktuell bei KVELERTAK?
Wir sind jetzt erst mal für drei Wochen auf Tour. Danach machen wir eine große Stadion-Tour zusammen mit GHOST. Und es wird ein sehr stressiger Festivalsommer. Außerdem laufen die Vorbereitungen für ein neues KVLERTAK-Album. Wir wollten diesmal früher mit dem Songwriting anfangen. Nach den ersten beiden Alben waren wir ewig unterwegs, danach brauchten wir alle erst mal eine Auszeit, weil wir müde waren. Und erst dann haben wir an neuen Songs gearbeitet. Diesen Prozess wollen wir jetzt beschleunigen und alle verfügbaren Auszeiten nutzen.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #131 April/Mai 2017 und Wolfram Hanke
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