Den meisten dürfte BastiBasti als Sänger der Metalband CALLEJON ein Begriff sein. Aber eigentlich ist der Düsseldorfer viel mehr: Er dreht Videos, malt Bilder, designt Shirts und bringt nun auch noch seine ersten Solo-Tracks auf dem Markt. Welche Schwierigkeiten das Leben als Künstler mit sich bringt, erfahrt ihr hier.
Bei CALLEJON bist du ja nicht nur der Sänger, sondern machst auch Videos und gestaltest Artworks, du hast dieses Apparel-Ding, du machst viel Kunst und so. Jetzt kommt eine Solo-Platte von dir. Kennt deine Kreativität überhaupt keine Grenzen?
Wenn ich jetzt direkt sagen würde, ein Fass ohne Boden. Es ist tatsächlich so, wenn ich das nicht machen kann, dann fühle ich mich jetzt nicht ausgebrannt, aber ausgebremst. Ich fühle mich einfach schlecht, wenn ich mich nicht künstlerisch in irgendeiner Form betätigen kann. Verwirklichen will ich jetzt nicht sagen. Also eigentlich ist es ja am Ende immer eine Selbstverwirklichung, aber ich muss halt immer was machen. Ich kann nicht ohne. Wenn ich das nicht mache, werde ich wirklich nervös. Deshalb ist es eigentlich quasi für mich so eine Art Pflicht. Vielleicht mache ich sonst was kaputt stattdessen.
Aber wie stehst du allgemein zu dem Begriff des Künstlers oder der Künstlerin? Ist das etwas, womit du dich identifizieren kannst? Metal ist ja manchmal sehr handwerklich, so dass über „Künstler“ und sobald es ein bisschen artsy wird, ein wenig die Nase gerümpft wird.
Ich würde mal sagen, ja, weil es auch für mich ein Sammelbegriff ist. Es kommt ja immer darauf an. Ist Kunst etwas rein Unkommerzielles? An der Stelle ist die Frage, ob etwas kommerziell ist, weil es verkauft wird, wie zum Beispiel ein Bild, oder geht es um die Intention, Kunst zu machen, um sich jetzt quasi zu verwirklichen, egal in welcher Form, sei es durch Musik oder die klassische Kunst an sich oder sonst was. Das kann man ja über die Dichtung oder über Bücher sagen. Das ist ja am Ende immer, für mich ist das sowieso immer das Gleiche. Es ist ein Umsetzen von Gedanken und Gefühlen. In diesem Sinne passt der Begriff Künstler ganz gut. Musiker bin ich eigentlich nicht, denn ich bin kein „Handwerker“. Auch wenn ich ein paar Sachen produziere, das sind alles handwerkliche Tätigkeiten, in denen man sich natürlich auch künstlerisch total ausleben und verwirklichen kann. Aber ich würde sagen, es ist oft etwas Technisches in vielerlei Hinsicht. Technisch ist es immer dann, wenn du einen Ablauf studierst und übst und immer wiederholst. Aber in der Malerei zum Beispiel ist das ja auch so. Da schaust du ja, wie sieht die Natur aus? Wie fällt das Licht? Und du überträgst es dann auf eine Leinwand. Das ist auch immer Übung. Am Ende trainierst du ja eh nur dein Gehirn, bis es verfault, haha! Ich schweife immer ab, aber ich würde sagen, es ist ein Sammelbecken. Echte Künstler, da weiß ich nicht, ob die mich als Künstler betrachten würden, aber egal. Ich sage, ich bin Künstler.
Es ist interessant, dass du das direkt wieder einschränkst, denn aus meiner Perspektive bist du jemand, der sehr umtriebig ist und sich auch in seinen Sachen verwirklicht. Für mich bist du ein Künstler. Also jetzt ohne das mit diesem aufs Podest gestellte, sondern es ist das, was du nun mal machst, was dich ausmachst. Ich habe das schon immer ein bisschen gesehen, seit es mit CALLEJON losging und ich diese Artworks gesehen habe. Aber wenn du sagst, du weißt nicht, wie andere Künstler das einschätzen, dann hört sich das für mich ein bisschen an, als würdest du dich in dieser Kunstwelt nicht wirklich zu Hause fühlen. Ist das so?
Ich muss ganz ehrlich sagen, ich habe einfach auch nicht so viel Ahnung davon. Ich weiß nicht so richtig, was eine Kunstwelt ist. Ich kenne kaum Leute, die in der Kunstszene per se sind. Dazu habe ich ziemlich wenig Kontakt. Nicht weil ich das nicht will oder irgendwas, sondern es ist einfach so. Aber ich empfinde das jetzt nicht als negativ oder positiv. Ich sage einfach, es ist mir relativ egal, haha! Ich glaube, das Wichtigste ist ja nur, dass man von sich aus sagt, ich mache was und ich will was machen, ich muss was machen und ich versuche natürlich, das dann in irgendeiner Form so umzuwandeln, dass ich das auch feilbieten kann. Aber auch hauptsächlich nur deshalb, damit ich das weitermachen kann. Das ist das Witzige. Ich kann ja nur Kunst machen, so wie ich das machen möchte, wenn ich das in irgendeiner Art und Weise in die Auslage stelle.
Dass du es quasi irgendwie monetarisieren kannst.
Genau, das ist der Begriff.
Ich glaube, das ist tatsächlich die Frage, die Künstler seit Erfindung der Kunst umtreibt. Ich glaube, das ging einem Michelangelo und einem Raffael nicht anders, mit Auftragsarbeiten und allem Möglichen. Das ist von jeher das große Dilemma der Kunst. Man ist ja nicht erst dann Künstler, wenn man im Museum hängt. Du verleihst dir Ausdruck, zum einen bei CALLEJON und jetzt hast du ein Soloalbum auf die Beine gestellt, das durchaus noch eine andere musikalische Seite von dir zeigt. Aber trotzdem habe ich das Gefühl, dass das extrem authentisch ist, was du machst. Du bist da als Künstler komplett präsent.
Ich gebe dir recht. Und das hat auch einen Grund. Ich probiere zumindest bei allem, was ich mache, dass ich das immer geil vertreten und rüberbringen kann. Ich breche es runter. Alles muss Bock machen, denn nur dann kann ich es auch tragen. Das ist zum Beispiel auch das Leidwesen von CALLEJON, wo wir es den Fans oftmals etwas schwer gemacht haben. Viele lieben uns dafür, andere finden das auch schwierig, dass wir nie so ganz stetig und gleich geblieben sind, sondern dass es immer sehr viele verschiedene Ansätze, verschiedene Inhalte und so weiter gab. Wenn man in das CALLEJON-Ding reingeht, erkennt man natürlich so eine Art, ja, einen Duktus, Pinselstrich, der sich durch das gesamte Schaffen durchzieht. Klar, es gibt Dinge, die sind jetzt zwanzig Jahre alt, die sind schon ein bisschen anders, aber ich meine, man entwickelt sich ja auch mit den Jahren. Aber die Zielrichtung ist immer gleich geblieben und das gilt für mich bei meinen Solosachen auch. Da gibt es den Unterschied, CALLEJON sind halt einfach eine Metalband. Und zwar mit viel links und rechts, oben und unten, mit Dingen, die wir machen können oder die wir nicht machen. Einfach mit viel Bewegungsfreiheit. Das haben wir uns aber auch erarbeitet. Das gehört auch zum Künstlersein dazu, dass man viel macht und nicht nur reproduziert. Wenn man immer nur reproduziert, dann bockt es irgendwann nicht mehr. Dann gehen die Energie und der Drive flöten.
© by Fuze - Ausgabe #102 Oktober/November 2023 und Dennis Müller
© by Fuze - Ausgabe #102 Oktober/November 2023 und Marcus Buhl